Die Vorkommnisse in Pfullendorf standen am Anfang der Geschichte (Foto: dpa/picture alliance)

Die Vorkommnisse in Pfullendorf standen am Anfang der Geschichte (Foto: dpa/picture alliance)

27.04.2017
jm

Weder verharmlosen noch übertreiben: Einfach mal den Ball flach halten!

Drei Geschichten aus Berlin, gefunden bei einer kurzen Recherche: Ein 28-jähriger Polizeibeamter soll heimlich Fotos von Kolleginnen gemacht und sie dann im Internet auf eine Pornoseite gestellt haben – Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen „Verstößen gegen das Kunsturheberrecht und Beleidigung auf sexueller Grundlage.“ Kurz davor: Ein Polizeischüler gerät in die Schlagzeilen, als seine Mitwirkung an einem Pornofilmchen mit dem Titel „Pimmel Bingo 8“ bekannt wird. Und keine zwei Jahre davor sorgt ein schräges Video der 23. Einsatzhundertschaft für Empörung – es zeigt neben der „Versteigerung von Autonomen“ unter anderem Polizisten in Strapsen und Beamte, denen der Vorgesetzte kräftig in den Schritt greift.

Drei Geschichten, nicht wirklich vergleichbar, jede auf ihre Art nicht in Ordnung, aber eines haben sie gemeinsam: Sie sagen nichts aus über die rund 24.000 Menschen, die bei der Berliner Polizei arbeiten, sie sagen nichts über die Polizei als Ganzes. Das ist ganz offensichtlich allen bewusst, den Medien und auch der Politik. Folglich gibt es keine Talkshows zum Thema, keine Fernsehbilder von betroffen dreinschauenden Korrespondenten vor Berliner Polizeiabschnitten, niemand schreibt von „immer neuen Sex-Skandalen“. Es gibt keine Psychologen, die von „Persönlichkeitswandlungen“ fabulieren, die durch die Ausbildung hervorgerufen werden, und vermutlich rufen auch keine Redakteurinnen von ZDF-Frauenmagazinen beim Sprecher der Polizeigewerkschaft an, um Kontakt zu den „Opfern“ des Pornodrehs zu bekommen.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, das wäre bei der Bundeswehr passiert. Das ganz große Besteck käme zum Einsatz: Information des Verteidigungsausschusses, Durchstechereien an die Medien, schreiende Schlagzeilen, Bauernopfer in der Struktur, neue Sonderbeauftragte, Workshops im BMVg .

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Hier soll nichts verharmlost werden. Jeder Übergriff ist einer zu viel. Jeder Vorfall muss gründlich und sachlich untersucht werden. Und wenn er belegt ist, muss er auch Konsequenzen haben. Ganz egal, ob bei der Berliner Polizei, bei der Bundeswehr in Pfullendorf oder bei einer x-beliebigen Institution im Lande. Bei der Bundeswehr passiert das übrigens ganz konsequent, das zumindest ist eine Erkenntnis aus Pfullendorf. Nur das andere, das Skandalisieren und Verallgemeinern, das passiert eben leider auch.

Und weil das alles so ist, titelt dann beispielsweise die „FAZ“, normalerweise Inbegriff vornehmer Zurückhaltung, „Neuer Skandal bei den Gebirgsjägern“, weil sich ein Obergefreiter gemobbt und belästigt fühlt. Auch hier gilt selbstverständlich: Das sollte nicht vorkommen, muss geahndet werden, lässt sich aber sicher nirgendwo hundertprozentig ausschließen. Zum Skandal würde es allerdings erst dann, wenn der Umgang damit fragwürdig wäre. Und solange man da nicht alle Umstände kennt, wäre es sicher sinnvoll, den Ball etwas flacher zu halten.

Sonst kann es einem gehen, wie den Medien im Falle des Kölner SEK 3. Dort hatte sich ein Anwärter über Aufnahmerituale und in der Folge über Mobbing beklagt. Politik und Medien drehten hoch, die Rede war von menschenverachtenden Ritualen, Alkoholexzessen, Demütigungen und Quälereien. Ermittlungsverfahren gegen zehn Elitepolizisten wurden eingeleitet – am Ende löste der Polizeipräsident das Spezialeinsatzkommando auf. Halt, nein, das war ja noch gar nicht das Ende: Das war nämlich der Bericht eines Sonderermittlers. Und der kam zu dem Ergebnis, es gebe „keine Anzeichen von demütigenden oder menschenverachtenden Ritualen. Auch gibt es keine Hinweise von zweifelhaften Wertevorstellungen der SEK-Beamten“. In der Folge musste die Polizeiführung zurückrudern, etliche Beamte wurden rehabilitiert.

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