Was bleibt am Ende von Annegret Kramp-Karrenbauer?
Annegret Kramp-Karrenbauer amtierte nur rund zweieinhalb Jahre als Bundesministerin der Verteidigung – aber ihre Amtszeit war verdichtet mit Ereignissen, die die Bundeswehr gefordert haben wie selten zuvor. Allem voran half die Bundeswehr dem überforderten zivilen Gesundheitssystem bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und glich in der Fluthilfe die fehlenden oder unzureichenden Katastrophenschutzstrukturen aus.
Das Image der Bundeswehr haben diese Einsätze – fernab des eigentlichen Auftrags – befördert, der Ministerin selbst nutzten sie weniger. Öffentlichkeit und Bundeswehr und sogar die eigene Partei blieben der Saarländerin gegenüber eher distanziert. Verantwortlich dafür war auch die manches Mal fehlende Berechenbarkeit der vielbeschäftigten Ministerin, die bis Anfang 2021 gleichzeitig den CDU-Parteivorsitz innehatte. Schon die Entscheidung, Mitte 2019 das Ministerium zu übernehmen, war überraschend – hatte sie doch zuvor als Parteivorsitzende der CDU mehrfach von einer „bewussten Entscheidung, nicht ins Kabinett zu wechseln, gesprochen.
Kritik an überraschendem Vorschlag
Bereits wenige Monate nach Amtsantritt als Ministerin überraschte sie mit dem Vorschlag, im umkämpften Nordsyrien eine Schutzzone einzurichten. Auf eine vorherige Ressortabsprache hatte sie verzichtet – was ihr prompt auf die Füße fiel, es hagelte Kritik. Große Rätsel gab zuletzt auch ihr Timing bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers auf. Hätte sie wirklich tiefgreifende Änderungen auf den Weg bringen wollen, so ätzten Kritiker, dann hätte sie die Pläne zu Beginn ihrer Amtszeit angehen sollen – und nicht kurz vor Ablauf. Ihr Verhältnis zur eigenen Fraktion war spätestens zu diesem Zeitpunkt zerrüttet. Einmal zu oft hatte die Ministerin die eigenen Leute nicht rechtzeitig ins Boot geholt. Das Soldatenvorschriftenänderungsgesetz, das sie noch vor Ende der Legislatur durch den Bundestag bringen wollte, fand auch deswegen nicht mehr die nötige Unterstützung. Hauptstadtpresse, Fraktion und Teile des Ministeriums machten für das ungelenke Vorgehen maßgeblich ihren jahrelangen Vertrauten und Berater verantwortlich, den sie zum Chef des Leitungsstabs im Ministerium befördert hatte.
Damit machte sich AKK den heißen Stuhl, als der der Posten des Verteidigungsministers unter Politikern gilt, ohne Not selbst noch ein wenig ungemütlicher. Ohnehin hatte sie die Führung der Bundeswehr in einer schwierigen Lage übernommen. Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen hatte die Brücken zwischen sich und der Truppe mit einem überzogenen Generalverdacht („Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem…“) niedergebrannt, Kramp-Karrenbauer traf eine misstrauische Grundstimmung in der Bundeswehr an.
Richtige Themen gesetzt
In ihrer ersten Regierungserklärung setzte AKK aber die richtigen Themen: Sie bekräftigte das Zwei-Prozent-Ziel der NATO, sprach sich für die Fortsetzung der Trendwenden Personal und Material und der Stärkung der Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber aus. Auch ihr Umgang mit Verdachtsfällen aus dem Bereich des Extremismus – der im Vergleich zu den pressewirksamen Säuberungsaktionen ihrer Vorgängerin eher mit Augenmaß ausfiel – wurde in der Truppe mit Wohlwollen registriert. Zudem kann sich Kramp-Karrenbauer auf die Fahnen schreiben, die Bundeswehr in der Gesellschaft wieder sichtbar gemacht zu haben: Seit Anfang 2020 dürfen Soldaten in Uniform kostenlos Bahn fahren. War die Uniform in der Öffentlichkeit vorher fast schon ein Exot, ist sie nun wieder allgegenwärtig. Auch wenn es selbstverständlich Reibungspunkte gegeben hat: Der DBwV blickt auch wegen der erfolgreichen Umsetzung dieser langjährigen Verbandsforderung (neben zahlreichen weiteren) zufrieden auf die Zusammenarbeit zurück.
Politik den Rücken gekehrt
Vielleicht wäre Annegret Kramp-Karrenbauer tatsächlich gerne Verteidigungsministerin geblieben, wie sie im Wahlkampf durchblicken ließ – trotz der mit den geplanten Umstrukturierungen anstehenden Herkulesaufgaben. Nach dem Wechsel der CDU auf die Oppositionsbank des Bundestages hat die 59-Jährige entschieden, der Politik den Rücken zuzukehren. Damit wird sie auch die wichtige Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes, für die sie mit ihrer vielbeachteten Bilanzierungsveranstaltung im vergangenen September einen würdigen Auftakt geliefert hat, nur noch fernab des Berliner Politikbetriebs verfolgen können. Auch wenn ihre Nachfolgerin Christine Lambrecht einen anderen Stil und andere Ansätze und Überzeugungen mit in den Bendlerblock bringt, so ist eines sicher: Genau wie Kramp-Karrenbauer trifft Lambrecht zu Beginn ihrer Amtszeit auf eine skeptische Truppe – die verstanden und überzeugt werden will.