Verteidigungspolitik und Ukraine-Krieg: Das denkt Deutschland
Seit dem groß angelegten russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 beschäftigt sich die deutsche Bevölkerung wieder stärker mit verteidigungspolitischen Fragen. Diverse Umfragen zeigen: Es gibt einen breiten Konsens in diesem Land.
Ukraine-Unterstützung
Noch vor dem Scheitern der Ampel-Koalition und dem Beginn des Wahlkampfs war die militärische Unterstützung der Ukraine hoch umstritten. Zuletzt kreiste die Diskussion dabei um die Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers. Der „besonnene“ Kurs von Olaf Scholz fand mehrheitlich Zustimmung. Laut ARD-Deutschlandtrend (November 2024) waren 61 Prozent gegen die Lieferung, 27 Prozent waren dafür.
Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Deutschen die militärische Unterstützung mehrheitlich unterstützen. Laut dem ZMSBw-Meinungsbild 2024 sind 49 Prozent dafür, nur rund ein Viertel der Befragten ist dagegen. Eine Umfrage der Körber-Stiftung (The Berlin Pulse 2023/2024) kommt zum ähnlichen Ergebnis. Demnach befürworten sogar 66 Prozent die deutsche Unterstützung. Besonders positiv wird die Ausbildung in Deutschland gesehen. 62 Prozent heißen das laut ZMSBw gut.
Wehrpflicht
Auch um die Einführung einer neuen Wehrpflicht oder eines verpflichtenden Gesellschaftsjahrs gibt es zwischen den Parteien Streit. Die Bevölkerung hat eine klare Meinung: 60 Prozent wünschen sich eine allgemeine Wehrpflicht, 32 lehnen sie ab, 8 Prozent sind unentschlossen, wie eine YouGov-Umfrage im Auftrag der Welt am Sonntag im Juni 2024 herausfand.

Persönliche Verteidigungsbereitschaft
Die Bereitschaft, bei der militärischen Verteidigung mitzuwirken, ist hingegen weniger stark. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL kam im Februar 2024 zu dem Ergebnis, dass dazu nur 39 Prozent (wahrscheinlich) bereit wären und 61 Prozent (wahrscheinlich) nicht. Das ZMSBw ermittelten in seiner oben genannten Studie zu einem ähnlichen Befund. Lediglich 42 Prozent der unter 50-Jährigen würden kämpfen, wenn unser Land angegriffen würde. Allerdings unterscheiden sich die Zahlen stark nach Geschlecht: 61 Prozent der Männer unter 50 würden Deutschland verteidigen, aber nur 21 Prozent der Frauen. Innerhalb der Geschlechter spielt das Alter keine Rolle. Die Verteidigungsbereitschaft ist bei den 16- bis 29-jährigen Männern mit 60 Prozent fast genauso hoch wie bei den 30- bis 49-Jährigen (63 Prozent). Bei den Frauen sind es altersbandübergreifend 21 Prozent.
Zivile Verteidigung
Während die militärische Verteidigung mehrheitlich „Männersache“ ist, sieht es bei der zivilen Verteidigung besser aus. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) sind 71 Prozent der Deutschen grundsätzlich bereit, bei der Zivilverteidigung mitzumachen. 22 Prozent wollen das nicht. Unter jungen Menschen (16 bis 29 Jahre) ist die Bereitschaft am größten (80 Prozent) und bei den über 60-Jährigen am geringsten (59 Prozent). Hier gibt es also eine breite gesellschaftliche Bereitschaft. Regelmäßig an Übungen zur Zivilverteidigung teilnehmen, würde eine Mehrheit der Männer (60 Prozent) und immerhin 49 Prozent der Frauen.
Höhere Verteidigungsausgaben
Übergreifend sehen die Menschen in Deutschland den Bedarf an zusätzlichen Ausnahmen, wie aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hervorgeht. 87 Prozent wünschen sich zusätzliche Investitionen in das Schul- und Bildungssystem, 67 beziehungsweise 65 Prozent befürworten weitere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur beziehungsweise das Gesundheitssystem, mehr Geld für die Innere Sicherheit und Verteidigung wünschen sich 63 beziehungsweise 57 Prozent. Mehr Geld für den Klimaschutz beziehungsweise die sozialen Sicherungssysteme will nur eine Minderheit (40 beziehungsweise 39 Prozent).

Die Zustimmung zu höheren Verteidigungsausgaben ist bei Anhängern der FDP am größten (85 Prozent) gefolgt von der Union (67 Prozent). AfD, Grüne und SPD liegen nahezu gleich auf (63 beziehungsweise 62 und 59 Prozent). Nur unter BSW-Anhängern gibt es keine Mehrheit für höhere Verteidigungsausgaben (21 Prozent dafür).
Um die zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren, befürwortet eine eindeutige Mehrheit (59 Prozent) Einsparungen an anderer Stelle. Zusätzliche Schulden befürworten nur 21 Prozent, höhere Steuern und Abgaben wollen noch weniger Menschen in Deutschland (13 Prozent). Bei jungen Menschen ist die Zustimmung zu Einsparungen am größten, wie die nachstehende Grafik zeigt.
Erst im Konfliktfall, wenn Einsparungen nicht möglich sind, um die zusätzlichen Ausgaben zu schultern, befürwortet eine Mehrheit (56 Prozent) neue Schulden. Auf die Investition verzichten wollen dann nur 38 Prozent.
Die vollständige Abschaffung der Schuldenbremse will jedoch nur eine kleine Minderheit (9 Prozent). Eine knappe Mehrheit (46 Prozent) kann sich aber eine punktuelle Anpassung vorstellen, wonach Schulden für Investitionen erlaubt sein sollten. Die Schuldenbremse unverändert beibehalten wollen heute 42 Prozent.