Vernetzter Ansatz als Königsweg der Sicherheitspolitik
Königsbronn. Bewaffnete Konflikte, wohin das Auge blickt: Der Aufstand der Separatisten in der Ostukraine, der Vormarsch der IS-Terrormilizen, die Gewalt der Kriegsherren in Afrika. Wie solche Krisen besser in den Griff zu bekommen sind und welche Kräfte dafür gebündelt werden müssen, diskutierten jetzt die Teilnehmer der vierten Königsbronner Gespräche. Die vom Bildungswerk des BundeswehrVerbandes, vom Reservistenverband und von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik ausgerichtete Veranstaltung stellte den vernetzten Ansatz der Sicherheitspolitik in den Mittelpunkt.
In der historischen Hammerschmiede fanden sich dafür rund 400 Vertreter aus Politik, Militär, Medien und Wissenschaft ein, dazu auch interessierte Bürger und Schüler der örtlichen Schulen. Den BundeswehrVerband vertrat neben weiteren Bundes- und auch Landesvorstandsmitgliedern der Stellvertreter des Bundesvorsitzenden, Hauptmann Andreas Steinmetz, der im Verband u.a. für Einsätze zuständig ist.
Wie immer waren Rednerpult und Podium prominent besetzt. Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, sieht trotz der weltweiten Konflikte die globale Gesellschaft auf einem guten Weg. Ob es um Hunger gehe oder die Mütter- und Kindersterblichkeit: Überall seien Fortschritte zu sehen. „Das hat was mit Prävention zu tun: Hunger, Not und Elend zu verhindern.“ Militärische Ansätze würden nicht weiterhelfen. „Investitionen in Entwicklung sind die beste Krisenprävention.“ Allerdings brauche Entwicklung auch ein Mindestmaß an Sicherheit. Deswegen müsse die Aufbauarbeit bisweilen militärisch flankiert werden.
Man brauche für Szenarien wie die Ebola-Epidemie eine humanitäre zivile Einsatztruppe, die „Weißhelme“, sagte Müller. Deutschland solle hier eine Vorreiterrolle haben. Diese Truppe solle hochflexibel und schnell einsetzbar sein – etwa innerhalb von drei Tagen.
DBwV-Vize Steinmetz sagte, dass sich aus dem Grundgesetz ein klarer Auftrag ableiten lasse. Die Förderung des Friedens und der Menschenrechte in der Welt sei eine Aufgabe aller Bürger, nicht nur der Uniformträger. Frieden und Freiheit würden als Begriffe leichtfertig verwendet – weil man sich daran als Selbstverständlichkeit gewöhnt habe. Dabei reiche der Blick in die Ukraine, um zu sehen, wie verletzlich dieser Zustand sei.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, betonte, dass natürlich nicht jede Krise eine militärische Lösung verlange. Es gebe zudem keinen Gegensatz zwischen ziviler Konfliktprävention und militärischem Eingreifen als letztem Mittel. Als eine der Hauptursachen für die Entstehung von bewaffneten Konflikten machte der oberste Soldat der Bundeswehr die „schlechte Regierungsführung“ aus.
Wolfgang Ischinger, der Organisator der renommierten Münchner Sicherheitskonferenz, sagte, es sei eine Fehleinschätzung, dass Europa inzwischen Krisen allein bewältigen könne. Auch die zunächst erfolgreiche Initiative der Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten zur Ukraine könne über die Bedeutung der Nato und der USA als strategische Partner nicht hinwegtäuschen.
In einer Podiumsrunde diskutierten Experten aus Militär und Wissenschaft sowie Politiker wie der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, und der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, darüber, wie der vernetzte Ansatz umzusetzen sei. Hier liege der Hase im Pfeffer, waren sich die Fachleute einig.
Ziele und Absichten und auch die Mittel, die dafür aufgewendet werden können, seien oft nicht klar, sagte etwa der Abgeordnete Tobias Lindner von den Grünen. Auch Königshaus legte mit dem Beispiel des Zuständigkeitsgerangels um die Weißbuch-Erstellung den Finger in die Wunde. Es gebe eben derzeit noch keine abgestimmten Verfahren. „Wir brauchen eine konkrete Planung, mit der wir zunächst die zivilen Mittel einsetzen. Nur wenn diese nicht ausreichen, müssen militärische Fähigkeiten herangezogen werden.“ Das müsse man dann aber auch mit der notwendigen Konsequenz tun.
In einer zweiten Gesprächsrunde standen die praktischen Erfahrungen mit dem vernetzten Ansatz zur Diskussion. Vertreter von staatlichen und nichtstaatliches Hilfsorganisationen sowie Außenpolitik-Experten legten die Schwachstellen der bisherigen Krisenbewältigung offen. Das dritte Experten-Podium befasste sich mit der Zusammenarbeit von Nato und EU. Hier gebe es große Schnittstellen, allerdings auch zahlreiche Doppelstrukturen, waren sich die Diskutanten einig.
Der Präsident des Reservistenverbandes, Roderich Kiesewetter, hatte zur Einführung an den Widerstandskämpfer Georg Elser erinnert, der in Königsbronn aufgewachsen ist und vor fast genau 70 Jahren in Dachau ermordet wurde. Elser habe versucht, einen Krieg zu verhindern. Auch heute gelte es, Möglichkeiten zur Verhinderung und Prävention von Kriegen zu finden.
- Weitere Bilder zu dieser Veranstaltung finden Sie auch auf der flickr-Bilddatenbank des VdRBw.