Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird von FDP und Grünen vorgeworfen, noch kurz nach der Wahl wichtige Personalentscheidungen im BMVg durchsetzen zu wollen. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird von FDP und Grünen vorgeworfen, noch kurz nach der Wahl wichtige Personalentscheidungen im BMVg durchsetzen zu wollen. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

05.10.2021
Yann Bombeke/mit Material von dpa

Umstrittene Personalentscheidungen: FDP und Grüne nehmen Verteidigungsministerin unter Beschuss

Während die Parteien um die Bildung einer künftigen Regierung sprechen, steht die amtierende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zunehmend in der Kritik: Medienberichten zufolge werfen FDP und Grüne der Ministerin vor, kurz nach der Wahl noch Dutzende Personal-Entscheidungen in ihrem Ressort durchzusetzen. Probleme bereitet Kramp-Karrenbauer auch die bevorstehende Auftaktveranstaltung zur Evaluierung des Afghanistan-Einsatzes: Zahlreiche Verteidigungspolitiker – auch der Union – werten den Zeitpunkt kurz nach der Wahl als verfrüht und wollen der Veranstaltung fernbleiben.

Liberale und Grüne wittern nach einem Bericht der „Welt“ zufolge einen Verstoß gegen „jahrzehntelang geübte Staatspraxis“: Die Verteidigungsministerin soll demnach jetzt noch Personalentscheidungen treffen, die eine künftige Regierung binden würden. In einem auf den 4. Oktober datierten Schreiben, das der „Welt“ vorliegt, fordern Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) Kramp-Karrenbauer auf, im Geschäftsbereich BMVg keine „organisatorisch strukturellen Entscheidungen“ zu treffen, „bis eine neue Regierung im Amt sein wird“.

„Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass ebenfalls ab jetzt keine Personalentscheidungen auf der Ebene B3 und höher getroffen werden. Zudem gehen wir davon aus, dass dahingehend auch keine Kabinettsbefassungen mehr vorgesehen werden“, heißt es weiter in dem Schreiben. Ab der Besoldungsstufe B3 müssen Personalien vom Kabinett bestätigt werden. Es sei Teil einer „jahrzehntelang geübten Staatspraxis“, im Zeitraum kurz vor den Bundestagswahlen, der Neukonstituierung des Bundestages und der Aufnahme der Regierungsgeschäfte einer neuen Regierung „keine organisatorischen und personellen Entscheidungen herbeizuführen, die eine zukünftige Regierung nachhaltig binden“. Daran habe sich die Ministerin nicht gehalten, so Strack-Zimmermann und Lindner.

Nach Informationen der „Welt“ sind in den Abteilungen, Unterabteilungen und Referaten des Ministeriums 31 Personalentscheidungen getroffen worden, die zwischen Juni 2021 und April 2022 wirksam wurden oder werden sollen. In nachgeordneten Behörden soll es um zahlreiche weitere Dienstposten gehen.

Strack-Zimmermann sieht scholz in der Pflicht

Strack-Zimmermann forderte der „Welt“ gegenüber Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auf, sich im Kabinett gegen diese Personalentscheidungen zu stellen. „Ich gehe mal davon aus, dass der Finanzminister, der gerne Bundeskanzler werden möchte, nicht im Vorfeld eines sich noch zu konstituierenden Parlaments die Pläne der Ministerin im Kabinett mal eben so durchwinkt“, sagte Strack-Zimmermann. Tobias Lindner sagte der „Welt“: „Es kann nicht angehen, dass eine abgewählte Administration jetzt noch Fakten schafft und Schlüsselpositionen im Verteidigungsministerium besetzt.“

Weiteren Gegenwind bekam Kramp-Karrenbauer im Zusammenhang mit der für den 6. Oktober angesetzten Auftaktveranstaltung des BMVg zur Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes. Einen Teil der vom BMVg per Livestream übertragenen Veranstaltung sollten die Verteidigungspolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien bestreiten – doch die wollen nicht teilnehmen.

„Selbstverständlich muss der Afghanistan-Einsatz umfassend aufgearbeitet und Lehren für die Zukunft gezogen werden. In welcher Form das geschieht, muss der kommende Bundestag entscheiden“, sagte Tobias Lindner am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. „Dazu braucht es einen echten Arbeitsprozess und keine singuläre Veranstaltung zwischen den Wahlperioden. Das wird weder der Sache noch den Soldatinnen und Soldaten gerecht.“

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann sprach von einer „nicht akzeptablen Brüskierung des Parlaments“. Der neu gewählte Bundestag sei nicht konstituiert, der Bundestag in seiner alten Zusammensetzung habe ebenso wie Ministerin Kramp-Karrenbauer für so eine wichtige Evaluation kein Mandat mehr. „Es ist respektlos und unwürdig, dass wir seit Jahren eine Evaluation des Afghanistan-Einsatzes fordern, die mit dem bekannten katastrophalen Ergebnis immer wieder blockiert wurde und, nachdem das Drama in Afghanistan nun passiert ist, die so wichtige Evaluation am Parlament vorbei durchgepeitscht werden soll“, sagte sie der dpa. Auch Politiker aus SPD und Union wollten der Auftaktveranstaltung demnach mit Hinweis auf einen völlig unpassenden Zeitpunkt nach der Bundestagswahl fernbleiben.

Und die schlechten Nachrichten für die Verteidigungsministerin reißen nicht ab: Nun berichtet „Spiegel Online“, dass am Montagabend auch Außenminister Heiko Maas seine Teilnahme an der Evaluierungsveranstaltung abgesagt hat. 

Aktualisiert am 05.10.2021, 13:10 Uhr.

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