Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (r.) besprach sich bereits am Dienstag mit dem ukrainischen Außenminister Dmitri Kuleba in Brüssel zu dem neu aufflammenden Konflikt und dem russische Truppenaufmarsch in der Ostukraine. Foto: Nato

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (r.) besprach sich bereits am Dienstag mit dem ukrainischen Außenminister Dmitri Kuleba in Brüssel zu dem neu aufflammenden Konflikt und dem russische Truppenaufmarsch in der Ostukraine. Foto: Nato

14.04.2021
ssc, dpa

Ukraine-Konflikt: Nato und Russland beschuldigen sich gegenseitig der Provokation

„Mein Eindruck ist, dass die russische Seite eben alles versucht, um Reaktionen zu provozieren. Und wir wollen uns gemeinsam mit der Ukraine auf dieses Spiel nicht einlassen“, sagt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer knallhart am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“.

Es ist nur ein weiteres Zitat im Rahmen der Schuldzuweisungen bezüglich des neu aufflammenden Ukraine-Konflikts und es ist davon auszugehen, dass bei der heute angesetzten Nato-Beratung am Nachmittag noch weitere Provokationsbeschuldigungen fallen werden. Die Außen- und Verteidigungsminister der Nato-Staaten werden in einer gemeinsamen Videokonferenz über den Ukraine-Konflikt beraten, doch viel Zeit bleibt ihnen dafür vermutlich nicht. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht eine Debatte über die Zukunft des Afghanistan-Einsatzes, die nicht zuletzt seit der gestrigen Ankündigung eines US-Truppenabzugs bis September 2021 von großer Brisanz für die Bündnispartner ist.

Bezüglich des Ukraine-Konflikts hat die Verteidigungsministerin nun vorab deutlich gemacht, sie wolle sich nicht von Russland provozieren lassen. Gleichzeitig würdigte sie auch, wie zurückhaltend sich die Ukraine bisher auf die neue Zuspitzung des Konflikts reagiert habe.
 
Warum die Spannungen zuletzt massiv stiegen, wird unterschiedlich interpretiert. Bei der Nato wird unter anderem die These vertreten, dass Kremlchef Wladimir Putin austesten will, wie weit die Unterstützung der neuen US-Regierung für die Ukraine geht. Unter anderem in Moskau wird hingegen die These vertreten, dass Russland nur auf Provokationen aus Kiew reagiert. Der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow warnte vor weiterer Nato-Unterstützung für die Ukraine. „Die Vereinigten Staaten und andere Länder der Nato verwandeln die Ukraine bewusst in ein Pulverfass“, sagte er.

Als Horrorszenario gilt zudem, dass Russland mit den Aufständischen in der Ostukraine eine Großoffensive planen könnte, um sich den Zugriff auf den Nord-Krim-Wasserkanal bis zum Fluss Dnipro zu sichern. Der russische Truppenaufmarsch entlang der Grenze zur Ukraine sei der größte seit der Annexion der Halbinsel Krim im Jahr 2014, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bereits am Dienstag am Rande eines Treffens mit dem ukrainischen Außenminister Dmitri Kuleba in Brüssel. Russland habe in den vergangenen Wochen Tausende gefechtsbereite Soldaten verlegt. Auch diese Vorwürfe wies Russland zurück. Verteidigungsminister Sergej Schoigu bezeichnete die Verlegung Tausender Soldaten als Übung. Zwei Armeen und drei Luftwaffenverbände seien dort, um dort Manöver zu absolvieren. Dennoch bezeichnet Stoltenberg die beachtliche Konzentration der Streitkräfte als „ungerechtfertigt, ungeklärt und zutiefst beunruhigend“.

Darum will die Ukraine die Nato und besonders die USA zu einem stärkeren Einsatz in dem Konflikt bewegen, um den Druck auf Russland zu erhöhen. „Wir brauchen Maßnahmen, die Russland abschrecken und seine aggressiven Absichten eindämmen“, erklärte Kuleba am Dienstag.

Eine stärkere Einmischung seitens der Nato in den Konflikt gilt auch im Vorfeld der heutigen Debatte allerdings als ausgeschlossen. Grund ist zum einen, dass die Ukraine bis heute nur Partnerland und kein Mitglied im Verteidigungsbündnis ist. Zum anderen habe laut zahlreichen Diplomaten niemand Interesse daran, wegen eines Regionalkonflikts einen Dritten Weltkrieg zu riskieren. Auch Kramp-Karrenbauer verwies am Mittwochmorgen bei der Frage nach möglicher militärischer Hilfe für die Ukraine auf die Tatsache, dass die Hilfe von Deutschland bereits geleistet werde, etwa durch Ausbildung oder die Lieferung von Material. „Das ist eine Frage einzelner Mitgliedstaaten, nicht der Nato als Bündnis.“

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