Anders als in den Vorjahren ließ Russland zur Parade auf dem Roten Platz nur einen Kampfpanzer auffahren - der stammte aus dem Zweiten Weltkrieg. Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Pelagiya Tikhonova

09.05.2023
Von Yann Bombeke/mit Material von dpa

„Tag des Sieges“ in Moskau: Propagandaparolen und ein einsamer Weltkriegspanzer

Es war immer ein vertrauter Anblick bei den russischen Feierlichkeiten zum „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland: Bei der traditionellen Parade am 9. Mai auf dem Roten Platz in Moskau zeigte die russische Armee, was sie hat: Dutzende Kampfpanzer, Raketensysteme und tausende Soldaten, die der Staatsführung zujubelten, prägen seit jeher das Bild.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Der von Russland entfesselte Krieg in der Ukraine tobt seit mehr als einem Jahr, und von der vermeintlichen Pracht der russischen Streitkräfte ist zumindest auf dem Roten Platz in Moskau nichts zu sehen – im Gegenteil: beinahe geisterhaft wirkt das Spektakel. Wo im vergangenen Jahr noch moderne T-90 und T-14- Kampfpanzer rollten, dreht ein einsamer T-34/85 mit roter Flagge seine Runden. Dieser Panzertyp wurde von 1944 bis 1946 produziert. Auch am Himmel ist kein Flugzeug zu sehen – trotz des klaren, sonnigen Wetters. Es marschierten auch deutlich weniger Soldaten auf als in den Vorjahren.

Putin inszeniert Russland als Opfer

Dennoch nutzte Präsident Wladimir Putin die vergleichsweise magere Kulisse, um Russland als angebliches Opfer seines eigenen Angriffskrieges zu inszenieren. Anlässlich des 78. Jahrestags des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg wiederholte Putin die Moskauer Propaganda-Behauptung, Russland verteidige sich in der Ukraine gegen einen neu erstarkenden Faschismus. Militärische Erfolge konnte der 70-Jährige unterdessen auch nach deutlich mehr als einem Jahr Krieg nicht vorweisen.
 
„Heute befindet sich die Zivilisation erneut an einem entscheidenden Wendepunkt. Gegen unser Vaterland wurde ein echter Krieg entfesselt“, sagte Putin mit Blick auf die in der Ukraine tobenden Kämpfe, die er vor mehr als einem Jahr selbst anordnete. Hinter ihm auf der Ehrentribüne hatten betagte Weltkriegs-Veteranen Platz genommen. Die Ukraine sei zur „Geisel“ westlicher Staaten geworden, die Russland zerstören wollten.

Bachmut leistet noch immer Widerstand

Auch wenn Putin behauptet, Russland habe „den internationalen Terrorismus zurückgeschlagen“, sind russische Erfolgsmeldungen von den Schlachtfeldern der Ukraine rar. Die Stadt Bachmut steht noch immer nicht vollständig unter russischer Kontrolle, trotz monatelanger und verlustreicher Kämpfe. Zwar hat die berüchtigte Söldnergruppe „Wagner“ nach eigenen Angaben rund 95 Prozent des Stadtgebietes unter ihre Kontrolle gebracht, doch der Westteil der Stadt wird noch immer von ukrainischen Kräften gehalten. Am Vortag des „Tag des Sieges“ soll die ukrainische Armee sogar wieder Boden gutgemacht haben. „Wagner“-Chef Jewgeni Prigoschin warnte zudem vor dem erwarteten Beginn der ukrainischen Gegenoffensive. An den Flanken in Bachmut bröckele die Front bereits, so der Söldner-Chef.

Offenkundig um wenigstens einige Erfolge vorweisen zu können, hatte Russland in der Nacht zum 9. Mai wieder zahlreiche Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Nach ukrainischen angaben wurden jedoch 23 von 25 Raketen von der Flugabwehr abgeschossen.

Kundgebungen in Berlin

Auch in Berlin wurde mit Kundgebungen und Kranzniederlegungen an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 78 Jahren erinnert – unter starker Polizeipräsenz. Die russische Botschaft gedachte der getöteten sowjetischen Soldaten an den sowjetischen Ehrenmälern im Treptower Park und in der Nähe des Brandenburger Tores. Botschafter Sergej J. Netschajew legte dort am Dienstag Kränze nieder. Rund 400 Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Hunderte Menschen erinnerten mit einem Gedenkmarsch vom Brandenburger Tor über die Straße des 17. Juni zu dem Ehrenmal an die gefallenen Soldaten.

Rund 1300 Menschen waren dazu erwartet worden. Nach Polizeiangaben wurde diese Zahl nicht erreicht. Nach ersten Schätzungen sprach sie von etwa 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Nach Angaben eines Polizeisprechers verliefen die Veranstaltungen bis zum frühen Nachmittag „weitgehend störungsfrei“. Für die Veranstaltungen galt ein Verbot russischer Fahnen und Symbole. Die Polizei kontrollierte die Menschen vor dem Betreten der Bereiche.

Am Treptower Park wurden Menschen mit russischen Fahnen und Utensilien in entsprechenden Farben weggeschickt, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Für Gäste der russischen Delegation galt das Verbot allerdings nicht, wie die Polizei betonte. Bei der Veranstaltung im Treptower Park waren daher solche Flaggen zu sehen. Die Menschen hätten bei Überprüfungen der Delegation zugeordnet werden können, erklärte ein Polizeisprecher.

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