Eine F-35 A der US-Luftwaffe: Der moderne Kampfjet, der bereits in vielen NATO-Staaten eingesetzt wird, soll in Deutschland den Tornado ablösen. Das Geld dafür steht nun mit dem Sondervermögen bereit. Foto: U.S. Air Force photo by Master Sgt. Donald R. Allen

01.06.2022
Von Yann Bombeke und Frank Jungbluth

Ausschuss beschließt Sondervermögen – Scholz: „Richtige Antwort auf die Zeitenwende“

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat mit den Stimmen von Union und Ampel-Koalition am Mittwochabend das Sondervermögen Bundeswehr beschlossen. Zuvor hatte der Verteidigungsausschuss in einer Sondersitzung getagt. Am Freitag soll der Bundestag zustimmen. Mit dem Geld Damit soll die historische Zeitenwende in der Verteidigungspolitik finanziert werden, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine Ende Februar verkündet hat. Im Bundestag versprach Scholz eine „leistungsfähige und fortschrittliche Bundeswehr“.

Berlin. Kaum war der wochenlange Streit um das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr beigelegt, hat das Verteidigungsministerium dem Bundestag eine „Einkaufsliste“ vorgelegt. In dem Dokument, das unserer Redaktion vorliegt, wird nun im Detail beschrieben, welche Summen in welche Bereiche fließen sollen.

Mit 40,9 Milliarden Euro geht der größte Teil des Geldes an die „Dimension Luft“. Mit dem Geld sollen unter anderem Entwicklung und Kauf des Eurofighters ECR sowie die Anschaffung der Lockheed Martin F-35 A nebst Bewaffnung zur Tornado-Nachfolge bezahlt werden. Weitere wichtige Punkte sind die Beschaffung schwerer Transporthubschrauber sowie bodengebundener Luftverteidigungssysteme. Unter der „Dimension Luft“ findet sich auch der neue Seefernaufklärer, der die alternde P-3C-Flotte der Marine ersetzen soll.

Für die Führungsfähigkeit der Bundeswehr sollen 20,7 Milliarden Euro ausgegeben werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Digitalisierung landbasierter Operationen – die Bundeswehr benötigt dringend moderne Funkgeräte – oder um Satellitenkommunikation.

In die „Dimension Land“ sollen 16,6 Milliarden Euro fließen. Das Heer würde somit die betagte Marder-Flotte ersetzen, die Schützenpanzer Puma des ersten Loses auf den neuesten technischen Stand bringen, aber auch künftig den Schweren Waffenträger Infanterie sowie einen Nachfolger für den Transportpanzer Fuchs beschaffen können.

Bei der „Dimension See“ stehen unter anderem die Korvette K130, die Fregatte F126 und U-Boote U212 CD auf der Liste. Kosten für alle Beschaffungen in diesem Bereich: 19,3 Milliarden Euro.

Schon vor Wochen war bekannt geworden, dass in einem ersten Schritt neue Bekleidung und persönliche Ausrüstung im Wert von rund zwei Milliarden Euro beschafft werden sollen. Hier geht es unter anderem um Nachtsichtgeräte, Kampfschuhe und Sprechsätze mit Gehörschutz. Diese persönlichen Ausrüstungsgegenstände sollen den Soldatinnen und Soldaten möglichst schnell zur Verfügung stehen.

Scholz: Investitionen in Streitkräfte sind "Quantensprung"

Im Bundestag ging der Bundeskanzler nochmal auf das Sondervermögen ein. „Das Ziel ist eine leistungsfähige und fortschrittliche Bundeswehr. Eine Bundeswehr, die ihren Kernauftrag Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen kann, weil sie ausreichend ausgestattet ist. Die Versäumnisse der vergangenen 16 Jahre, von CSU- und CSU-Verteidigungsministern und der Regierungschefin, die werden jetzt aufgearbeitet und aufgeholt“, sagte Scholz in der Generaldebatte am Mittwochmorgen. Jeder Soldat in Deutschland wisse, dass es die Union gewesen sei, die den Sparkurs bei der Bundeswehr eingeschlagen habe. Und Scholz wurde noch konkreter: „Die schlechte Zeit für die Bundeswehr hat begonnen, als ein presseaffiner, viel kommunizierender, selten sich in seinem Amt aufhaltender Bundesverteidigungsminister Guttenberg entschieden hat, alles Mögliche anders zu machen, ordentlich einzusparen, die Wehrpflicht abzuschaffen. Und darunter leiden wir noch heute, dass all das Geld damals zusammengestrichen worden ist.“

Die mit dem Sondervermögen geplanten Investitionen in die Streitkräfte bezeichnete Scholz als „Quantensprung“. „Die Bundeswehr wird dann wohl die größte Armee im europäischen NATO-System“, sagte der Sozialdemokrat. Dies würde von den Verbündeten begrüßt, so der Kanzler. Endlich übernehme Deutschland die sicherheitspolitische Verantwortung, die es im 21. Jahrhundert habe. Scholz weiter: „Das ist die richtige Antwort auf die Zeitenwende. Wir bringen in Ordnung, was nicht in Ordnung war.“

Zuvor hatte CDU-Chef Friedrich Merz dem Kanzler vorgeworfen, dass nach der Feststellung einer Zeitenwende kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine konkrete Entscheidungen ausgeblieben seien. „Es gibt nichts, was Sie außer neuen Schulden mit diesem Wort ‚Zeitenwende‘ ernsthaft verbinden.“ Mit Blick auf das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr sagte Merz, Scholz hätte den Vorschlag machen können, für die Bundeswehr einen Solidaritätszuschlag auf Einkommens- und Körperschaftssteuern zu erheben. „Dann wäre das von heutigen Generationen bezahlt worden, was eigentlich Aufgabe der heutigen Generation ist.“

Scholz erwiderte die Attacken des Oppositionsführers und bezeichnete den Vorschlag, einen Solidaritätszuschlag zu erheben, als „merkwürdigen Einfall“.

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