Sicherheitspolitik im Pub
Eine sicherheitspolitische Diskussion beim Bier – das hört sich ziemlich nach dumpfen Stammtischkriegsparolen an. Mitnichten: Beim gut besuchten Berliner Pub Talk debattierten gestern der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, und der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General a.D. Harald Kujat, über die Ausrüstung der Streitkräfte – also zwei ausgewiesene sicherheitspolitische Experten. Kernfrage: Wie einsatzfähig ist die Bundeswehr?
General a.D. Kujat stellte zunächst klar, dass sich für ihn die Kernaufgabe der Bundeswehr nicht verändert hat: Dies sei weiterhin die Landes- und Bündnisverteidigung. Anders als im Kalten Krieg fände die Bündnisverteidigung aber heute in Estland, Lettland oder Litauen statt. Der Vorwurf des früheren Generalinspekteurs: „Seit der Neuausrichtung sind Personal und Ausstattung rein auf Peacekeeping-Missionen und Auslandseinsätze ausgerichtet.“
Bartels sieht das ähnlich: Man müsse heute wieder über kollektive Verteidigung reden. „Die Bundeswehr muss in der Lage sein, ihren Beitrag zur kollektiven Verteidigung zu leisten – das ist sie aber momentan nicht“, sagte der Wehrbeauftragte.
Dafür fordert Kujat eine ausreichende Ausstattung: „Wir dürfen nicht über nur 70 Prozent der notwendigen Ausstattung verfügen, sondern über 100 Prozent – und wir müssen 20 Prozent darüber hinaus für die Einsätze zur Verfügung stellen.“ Nur so könne man eine volle Einsatzbereitschaft herstellen und über die notwendige Ausrüstung für die Ausbildung verfügen.
Bartels stellte zum Ende der Diskussion fest, dass die Bundeswehr trotz aller Reformen, Ausstattungslücken und Defizite erstaunlich gut funktioniere. „Wir haben eben gute Soldaten, die improvisieren können“, so der Wehrbeauftragte.
Was ist der Berliner Pub Talk?
Der Berliner Pub Talk wird von Mitgliedern des Toastmaster-Clubs Berliner Redekünstler organisiert. Mit diesem Format werden in nur zwei mal 30 Minuten große Themen auf den Punkt gebracht. Auf dem Podium sitzen neben dem Moderator zwei Experten. Zwei weitere Sitzplätze sind frei. Der Moderator stellt zunächst zwei oder drei Fragen zum Warmwerden. Dann kommt das Publikum ins Spiel: Wer mitdiskutieren möchte, nimmt einfach auf einem der beiden freien Sitze Platz – das nennt sich „Fishbowl“. Die aktuelle Veranstaltung zur Sicherheitspolitik fand in Zusammenarbeit mit dem Wahlkreis e.V., dem Verein für die überparteiliche Verständigung, im Berliner Café Einstein statt.