Generalinspekteur General Carsten Breuer (v.l.n.r.), Verteidigungsminister Boris Pistorius und Konstanze von Schulthess-Rechberg, die jüngste Tochter Claus Schenk Graf von Stauffenbergs, schreiten beim feierlichen Gelöbnis von etwa 400 Rekrutinnen und Rekruten die Front ab. Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

20.07.2023
Von Yann Bombeke/mit Material von dpa

„Seien Sie wachsam und schauen Sie nicht weg“

Mit zahlreichen Veranstaltungen wurde heute an die Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944 erinnert. Höhepunkt des Gedenkens an das gescheiterte Hitler-Attentat vor 79 Jahren: Das Gelöbnis von 400 Rekrutinnen und Rekruten im Bendlerblock.

Berlin. Sie geloben, „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“ – das feierliche Gelöbnis ist sicherlich einer der großen Momente im Leben eines Soldaten. Eine besondere Erinnerung wird es für die rund 400 Rekrutinnen und Rekruten sein, die heute auf dem Paradeplatz im Bendlerblock angetreten sind, um dort ihr Gelöbnis abzulegen – zum 79. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944.

An die Rekruten aus allen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen gerichtet, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Ihr Gelöbnis geben Sie an einem besonderen Ort ab und an einem besonderen Datum.“ Der SPD-Politiker würdigte die Verschwörer vom 20. Juli 1944: „Sie leisteten Widerstand gegen eine menschenverachtende Diktatur, gegen Mord und Verbrechen – sie folgten ihrem Gewissen.“ Auch wenn der Umsturzversuch letztendlich gescheitert sei und die Widerstandskämpfer hingerichtet wurden, blieben ihre Geschichte und ihr Anspruch lebendig, so Pistorius – dies präge bis heute das Selbstverständnis der Bundeswehr. Der Minister weiter: „Sie alle sind Vorbilder für uns alle – und das werden sie für immer bleiben.“

Stauffenberg-Tochter zeigt Verbundenheit mit Soldaten

In diesem Jahr trat mit Konstanze von Schulthess-Rechberg eine besondere Ehrenrednerin vor die Rekrutinnen und Rekruten – sie ist die jüngste Tochter Claus Schenk Graf von Stauffenbergs und hat ihren Vater nie kennengelernt. Gleich zu Beginn betonte sie, was sie mit den Angehörigen der Streitkräfte verbindet: „Ich bin stolz, als Tochter eines Soldaten, als Schwester eines Soldaten, als Ehefrau eines zeitweisen Soldaten und als Mutter von drei zeitweisen Soldaten zu Ihnen sprechen zu dürfen.“

Schulthess-Rechberg sagte, dass es den Verschwörern auch darum gegangen sei, die in ihren Augen verschmutzte Soldatenehre wiederherzustellen. Abschließend richtete sie einen Appell an die Rekrutinnen und Rekruten: „Seien sie wachsam und schauen Sie nicht weg.“

"Vorbild für uns alle"

Bevor der formale Akt des Gelöbnisses vor den zahlreichen Gästen, unter ihnen auch Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, stellvertretender Bundesvorsitzender, vollzogen wurde, sprach auch der Generalinspekteur kurz zum angetretenen Bundeswehr-Nachwuchs: „Sie schützen unser Leben, unsere Lebensweise, unsere Freiheit“, sagte General Carsten Breuer. Und: „Durch Ihre Haltung geben Sie Halt und werden dadurch Vorbild für uns alle.“

Bereits am Mittag hatte Verteidigungsminister Pistorius den militärischen Widerstand gegen das NS-Regime gemeinsam mit Vertretern des Berliner Senats gewürdigt. Die beteiligten Frauen und Männer seien Vorbilder, so der Verteidigungsminister bei der Veranstaltung im Ehrenhof des Bendlerblocks. Sie seien ihrem Gewissen gefolgt und hätten sich trotz geringer Erfolgsaussichten mutig und entschlossen gegen das Unrecht gestellt, sagte der SPD-Politiker.

Ähnlich äußerte sich Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). „Wir werden die Entschlossenheit und den Mut dieser tapferen Frauen und Männer niemals vergessen und ihr Vermächtnis bewahren“, sagte er bei der Gedenkstunde.

Die Opfer der Frauen und Männer um Stauffenberg seien nicht umsonst gewesen, sagte Pistorius. Eine Lehre sei, dass eine Demokratie achtsam und wehrhaft sein müsse und alle Demokratinnen und Demokraten immer wieder neu für ihre Werte einstehen müssten. Denn: „Unsere Sicherheit und unsere Freiheit, unsere demokratische und offene Gesellschaft sind keine Selbstverständlichkeit, sondern kostbarstes Gut, in das wir immer wieder investieren müssen, dass wir verteidigen müssen.“

"Demokratiegefährdende Ausmaße"

Deshalb gelte es, sich dem russischen Angriffskrieg entschlossen entgegenzustellen und die Ukraine in ihrem Kampf für Freiheit und Recht zu unterstützen – „solange das nötig ist“. Aber auch in Deutschland müsse sich die Demokratie achtsam zeigen. „Wachsender Antisemitismus, Hass, Hetze und Gewalt nehmen demokratiegefährdende Ausmaße an“, so Pistorius. „Wir müssen klare Kante zeigen gegen jede Form des Extremismus und unsere Wehrhaftigkeit stärken.“

Im kleinen und würdevollen Rahmen erinnerten auf dem Friedhof des Alten St.-Matthäus-Kirchhofs in Berlin-Schöneberg Vertreter aus dem BMVg und des Deutschen BundeswehrVerbandes an Stauffenberg und seine Mitverschwörer. Dort lagen die Hitler-Attentäter für kurze Zeit begraben, bevor ihre Leichen an einen unbekannten Ort verbracht wurden.

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