Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Treffen des Krisenstabs der Bundesregierung am heutigen Tag. Foto. picture alliance/

24.02.2022
fke/mit Material von dpa

Reaktionen auf Russlands Einmarsch in die Ukraine

Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat sich Präsident Wladimir Putin am Donnerstagmorgen in einer Fernsehansprache zu den Angriffen geäußert. Zahlreiche Staats- und Regierungschef reagierten mit scharfen Worten und harscher Kritik auf das Vorgehen Russlands.

Putin hält krude Fernsehansprache

Putin begründete die russische Invasion der Ukraine mit dem „Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlung und Genozid ausgesetzt sind. Dafür werden wir die Entmilitarisierung und die Entnazifizierung der Ukraine anstreben.“ Der russische Präsident ergänzte seine Rechtfertigungsversuche mit Drohungen an die Adresse aller Staaten und Staatschefs, die in Erwägung zögen, der Ukraine gegen Russland beizustehen: „Jetzt ein paar sehr wichtige Worte für diejenigen, bei denen die Versuchung aufkommen könnte, sich von der Seite in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Ich hoffe, dass ich gehört werde.“

Reaktionen von Biden und Scholz

Die Worte Putins waren denn vermutlich auch mit Blick auf Äußerungen des amerikanischen Präsidenten Joe Biden gewählt. Der hatte am Mittwoch (Ortszeit) erklärt, Putin habe sich „vorsätzlich für eine Krieg entschieden, der katastrophale Todesfälle und menschliches Leid bringen wird. Russland alleine ist für den Tod und die Zerstörung, die dieser Angriff bringen wird, verantwortlich“ Er kündigte weiterhin an: „Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen.“

Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten auf Twitter in einer vorläufigen Mitteilung: „Der russische Angriff auf die Ukraine ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Er ist durch nichts zu rechtfertigen. Deutschland verurteilt diesen rücksichtslosen Akt von Präsident Putin aufs Schärfste.“ Nach einem Kabinettstreffen am heutigen Tag wird eine ausführliche Pressekonferenz des Kanzlers erwartet.

Baerbock richtet klare Worte an Putin

In einem ausführlichen Statement am heutigen Morgen äußerte sich auch Außenministerin Annalena Baerbock zum Angriff Russlands. „Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht“, sagte sie und bereitete die deutsche Bevölkerung darauf vor, dass der Krieg in der Ukraine auch Folgen für Deutschland haben werden. „Wir haben uns diese Situation nicht ausgesucht. Wir können, aber wir wollen ihr auch nicht aus dem Weg gehen“, so die Ministerin. An Wladimir Putin gerichtet erklärte sie, dass „die Ukrainerinnen und Ukrainer nichts getan haben, was dieses Blutvergießen rechtfertigt. Sie warf dem Kreml-Chef vor, „Lügen und Propaganda“ zu verbreiten und mit der Invasion den Wunsch der Ukrainer nach Freiheit und Demokratie zerstören zu wollen. Aber sie sei überzeugt: «Auch in Russland werden viele Menschen sich dafür schämen und darüber empören», dass dieser Traum im Namen Russlands auf Jahrzehnte «mit skrupellosem Mord an ihren Brüdern und Schwestern in der Ukraine beschädigt wurde.“

Deutliche Worte von Generalleutnant Alfons Mais

„Ich hätte in meinem 41. Dienstjahr im Frieden nicht geglaubt, noch einen Krieg erleben zu müssen. Und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da“, schrieb der Generalleutnant am Donnerstag im Netzwerk Linkedin. „Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können sind extrem limitiert.“

Deutschlands oberster Heeressoldat schrieb weiter: „Wir haben es alle kommen sehen und waren nicht in der Lage, mit unseren Argumenten durchzudringen, die Folgerungen aus der Krim-Annexion zu ziehen und umzusetzen. Das fühlt sich nicht gut an! Ich bin angefressen!“

Noch sei das Nato-Territorium nicht direkt bedroht, auch wenn die Partner im Osten den konstant wachsenden Druck spürten. Mais: „Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt, den Afghanistaneinsatz strukturell und materiell hinter uns zu lassen und uns neu aufzustellen, sonst werden wir unseren verfassungsmäßigen Auftrag und unsere Bündnisverpflichtungen nicht mit Aussicht auf Erfolg umsetzen können.“

Weitere Stimmen aus Regierung und Opposition

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bezeichnete die Invasion in die Ukraine als „Angriffskrieg“ und kritisierte Putins „Großmachtphantasien“. Sie forderte: „Ziehen Sie ihre Truppen zurück, sofort!“

Der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach so wie Lambrecht von einem „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ und nannte Puntin einen „Kriegsverbrecher“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte gegenüber der Deutschen Presse Agentur: „Der Kreml wird harte Sanktionen erfahren. Wladimir Putin hat Grenzen überschritten. Er hat sich als Lügner entlarvt. Darunter leidet das russische Volk.“

CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Donnerstagmorgen: "Wir haben Putins Rhetorik falsch eingeschätzt. Jetzt sind wird hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen. Er fühlt sich offenbar bedroht von Demokratie in seiner Nachbarschaft. Leider stellt sich die Frage nach deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine nicht mehr, der Krieg dort lässt sich mit militärischen Mitteln nicht mehr gewinnen.“ Sein Parteikollege, der Außenpolitiker Norbert Röttgen hingegen forderte deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wir, auch in Deutschland, müssen jetzt der Ukraine alles liefern, was wir liefern können“, sagte er am Donnerstag im WDR 2. „Das sind auch Waffen. Dafür bin ich jetzt seit dem heutigen Tag.“ Bislang habe er Waffenlieferungen abgelehnt, um nicht die Gesprächsmöglichkeiten zu zerstören. Diese bestünden jetzt aber nicht mehr, sagte Röttgen

Reaktionen aus Europa

Der französische Präsident Macron erklärte heute zunächst auf Twitter: „Frankreich verurteilt die Entscheidung Russlands, Krieg gegen die Ukraine zu führen, aufs Schärfste. Russland muss seine Militäroperationen sofort beenden. Frankreich ist solidarisch mit der Ukraine. Es steht an der Seite der Ukrainer und handelt mit seinen Partnern und Verbündeten, um ein Ende des Krieges zu erreichen.“

Estlands Staatspräsident Alar Karis bezeichnete Putins Rechtfertigungsversuche für den Angriff als „absurde Vorwände“ die „falsch, unbegründet und kriminell“ seien. Auch der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala bezeichnete die russische Invasion als einen „durch nichts zu rechtfertigender Akt der Aggression gegen einen unabhängigen Staat.“ Und auch Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre gab gegenüber der Nachrichtenagentur NTB allein Russland die Schuld daran, „Europa in diese sehr dunkle Situation gestürzt zu haben“.

Litauen, Estland und Litauen gaben gemeinsam eine Erklärung ab, in der es hieß: „Dieser Akt der Aggression ist nicht hinnehmbar, er ist eine eklatante Verletzung des Völkerrechts, aller internationalen Normen und ein Verbrechen gegen das ukrainische Volk.“

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