Personalräte-Fachtagung: Multiplikatoren des DBwV treffen sich in Berlin
Zum bewährten Format „Fachtagung mit Personalräten der Bundeswehr“ sind in diesem Jahr mehr als 100 Teilnehmer aus allen Statusgruppen nach Berlin gekommen.Das Besondere an der Veranstaltung: Statt auf zwei war sie diesmal auf drei Tage angelegt. Damit einhergehend war der Organisationaufwand in diesem Jahr deutlich höher als üblich, so Tagungsleiter Oberstabsfeldwebel Sascha Altenhofen.
Doch für den Vorsitzenden des Fachbereichs Beteiligungsrechte im DBwV hat sich dies aus zwei Gründen für die Teilnehmer richtig gelohnt. Zum einen hatten sie mehr Zeit für Gespräche und zum netzwerken. Der Austausch von Erfahrungen ist schließlich eine der mehr als gewünschten „Nebenwirkungen“ von DBwV-Tagungen. Zum anderen konnten sich die Teilnehmer über ein hochwertiges Programm rund um die Beteiligungsrechte und die Arbeit des Deutschen BundeswehrVerbandes freuen.
Auch die Teilnehmer selbst waren gefragt. In Gruppen erarbeiteten sie Vorschläge und potenzielle Anträge zur Verbesserung der Beteiligungsrechte aller Statusgruppen in der Bundeswehr. Dabei hatten sie die nächste Hauptversammlung des Deutschen BundeswehrVerbandes vom 17. bis 21. November 2025 schon jetzt im Blick. Zu den identifizierten Themen gehört unter anderem das Leitbild „Fachliche Tiefe vor fachlicher Breite“ bei Fachoffizieren. Zivile Ausbildungen sollten im militärischen Bereich besser anerkannt werden, umgekehrt sollten militärische Ausbildung in der zivilen Wirtschaft einen höheren Stellenwert haben. Und auch das Thema „Berufssoldat für Mannschaften“ sollte weiterhin verfolgt werden. Sascha Altenhofen kündigte an, diese und alle weiteren Forderungsideen mit in die Arbeitsgruppe II zu nehmen.
Sicht der Landesverbände
Zu den aktuellen Herausforderungen aus Sicht der Landesverbände des DBwV trug Oberst Thomas Behr, Landesvorsitzender Nord, für die Landesvorsitzenden im DBwV vor. Zudem waren die Landesvorsitzenden Hauptmann Ralf Baasch (LV Ost) und Oberstleutnant a.D. Josef Rauch (LV Süddeutschland) vor Ort. Der Landesvorsitzende West, Stabsfeldwebel Volker Keil, konnte aus Termingründen nicht nach Berlin kommen und wurde online zugeschaltet.
Ob russischer Angriffskrieg auf die Ukraine oder die anstehende US-Präsidentschaftswahlen, ob Verhandlungen zum Bundeshaushalt oder zu den Tarifen im öffentlichen Dienst – ausführlich beschrieb Oberst Behr die aktuellen politischen Probleme, die sich durchaus auch auf die Arbeit des DBwV für seine Mitglieder auswirken.
Der Landesvorsitzende Nord bedankte sich zudem bei den Tagungsteilnehmern für ihr Engagement – „Ohne Sie wäre der Verband nicht so erfolgreich, wie er ist“ – und speziell bei Sascha Altenhofen für dessen Arbeit im Vorfeld der jüngsten Personalratswahlen: „Das war wirklich eine große Leistung,“ so Behr.
Altenhofen nutzte wiederum die Gelegenheit, um sich bei Behr, Baasch, Rauch und Keil für die Unterstützung insbesondere während des Wahlkampfes vor den jüngsten Personalratswahlen zu bedanken. Er würdigte die Arbeit der vier Landesvorsitzende in Sachen Beteiligungsrechte mit Coin und Urkunde seines Fachbereichs.
Mehr Druck auf die Politik gefordert
Oberst i.G. Andreas Chacón Blazquez, Gruppensprecher der Soldatinnen und Soldaten im Hauptpersonalrat (HPR), konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Frage: Wie soll unsere Bundeswehr aussehen? In Sachen Wiedereinführung der Wehrpflicht schiene der sprichwörtliche Zug wohl bereits abgefahren, obwohl es für die Bundeswehr unverändert wohl die beste Lösung sei. Auch mit Blick auf einen „neuen Wehrdienst“ stelle sich für ihn die Frage, wie dieses zusätzliche Personal finanziert werden soll, insbesondere vor dem Hintergrund der Unterfinanzierung des aktuellen Bestandspersonals. Die Wertschätzung des Bestandspersonal müsse insbesondere mit Bezug auf den aktuellen Planstellenmangel äußerst kritisch bewertet werden.
„Wir hätten gar kein Personalproblem, wenn wir höchstkompetente und engagierte Menschen länger in der Bundeswehr binden würden, am besten ein Leben lang – auch unter Berücksichtigung des Binnenarbeitsmarktes “, sagte Chacón Blazquez. Bislang stehe zu sehr das Thema Personalgewinnung, zu wenig das Bestandspersonal im Mittelpunkt.
Auch bei den Bedarfsträgerforderungen sei ein kritischer Blick der Personalräte und Vertrauenspersonen geboten. Beispielsweise seien Argumente der Überalterung im Fachdienst nicht vermittelbar. Selbst im Truppendienst sei dies mit Blick auf unsere wertgeschätzten Mannschaften nicht immer gegeben.
Der Ruf nach Kriegstüchtigkeit in Deutschland sei im Zusammenhang mit der gewünschten und ersehnten Sicherheit für unser Land und für Europa auch so verstanden worden. Kriegstüchtigkeit sei aber mit Blick auf die bekannten Defizite der Bundeswehr weder Losungs- noch Lösungswort. Sei es einst um das Sensibilisieren von uns als Gesellschaft gegangen, so ginge es jetzt um das Setzen klarer friedens- und sicherheitspolitischer Maßnahmen. Aus den Diskussionen mit den militärischen Vorgesetzten im Generals- und Admiralsrang sei deren Kritik an den Defiziten deutlich. Dennoch fehle es offensichtlich an Mut für klare Worte gegenüber dem politischen Raum. Unser Minister Boris Pistorius fordere das Richtige, doch fehle es offensichtlich an Druck von militärischer Seite.
Paradigmenwechsel gestern und heute
Reinhold Robbe (SPD), Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags von 2005 bis 2010, erinnerte in seinem Vortrag unter anderem auf die Veränderungen, die die Bundeswehr allein in den vergangenen drei Jahrzehnten zu bewältigen hatte. Bevor er sich den Fragen des Auditoriums stellte, spann er den Bogen von den Kasernenschließungen und Truppenreduzierungen in den 90er Jahren über den Bosnien-Einsatz 1995 („ein Paradigmenwechsel für die Bundeswehr und Politik“) bis ins heute, hin zur Zeitenwende und Rückkehr auf die Rückausrichtung der Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung. Für ihn ist die geplante Litauen-Brigade ebenfalls ein Paradigmenwechsel: „Es geht schließlich nicht nur um einen langfristigen, sondern auch um einen unbefristeten Einsatz“, so Robbe.
Fachvorträge rundeten die „Fachtagung mit Personalräten der Bundeswehr“ auch in diesem Jahr ab. Juliane Richter, Referatsleiterin R5 in der Rechtsabteilung des DBwV, informierte über aktuelle Rechtsentwicklungen. Aktuelles aus dem Dienst- und Disziplinarrecht stand im Zentrum eines Vortrags des Justiziars des DBwV, Major d.R. Christian Sieh.
Das sagen die Teilnehmer
Bei den Teilnehmern kam das umfangreiche und informative Programm sehr gut an. Während der Tagung habe er vieles erfahren, dass er sonst so nicht erfahren hätte, sagte beispielsweise Stabsfeldwebel Thomas Sommer. Genauso wichtig sei ihm, diese Informationen als Multiplikator in die Truppe zu tragen. Besonders gespannt war Sommer - der die Tage in Berlin wie die anderen Teilnehmer auch zu intensivem Networking nutzte - auf den Vortrag von Oberstleutnant Dr. Buch und dessen Thema Alimentativer Ergänzungszuschlag. Dass er sich bei dessen Ausgestaltung auf das Engagement des Verbands verlassen kann, dessen ist sich Thomas Sommer sicher: „Der Deutsche BundeswehrVerband ist unsere Interessenvertretung, und zwar die Interessenvertretung Nummer eins der Soldaten.“
Ganz ähnlich äußerte sich Oberstabsgefreiter Florian Fritsche: „Ich finde es sehr gut, dass der Deutsche Bundesverband diese Tagungen anbietet. Ich bin auch immer einer derjenigen, der gerne an diesen Tagungen teilnimmt.“ Gerade für seine Dienstgradgruppe – die Mannschaftsdienstgrade seien in den Personalvertretungen im Vergleich zu Offizieren und Unteroffizieren relativ gering vertreten – bekomme er bei den Tagungen des DBwV sehr viele Informationen, die er dann mit in seine Einheit nehmen kann.
Hauptfeldwebel Silke Klare hatte zum ersten Mal an einer DBwV-Fachtagung teilgenommen und ist begeistert: „Besonders beeindruckt bin ich von den hochkarätigen Referenten wie beispielsweise Herrn Robbe, die hier vorgetragen haben. Am meisten gefällt mir aber, dass man hier wirklich Gehör findet für die Sorgen und Nöte der Soldaten, und auch Vorschläge entgegengenommen werden, wie man etwas ändern könnte.“
Die Mandatsträger des DBwV wissen die Qualität des Austauschs ebenfalls zu schätzen. Wie Oberst Behr am Rande der Tagung sagte, gehören für ihn und die anderen Landesvorsitzenden „die Personalräte und auch die Vertrauenspersonen sicherlich zu den wichtigsten Ratgebern.“ Neben den Truppen- und Standortkameradschaften seien sie ständige Sensoren dafür, wo der Verband mit seiner Arbeit ansetzen müsse. Auch für Oberstleutnant a.D. Rauch ging es darum, „Tuchfühlung mit unserem Personal als Vorsitzenden und Gruppensprechern aufzunehmen, deren Probleme mitzunehmen in die Verbandsarbeit und selber auch unsere Inputs den Personalratsvorsitzenden mitzugeben.“