Oberst André Wüstner im Interview beim TV-Sender Phoenix. Foto: Screenshot

Oberst André Wüstner im Interview beim TV-Sender Phoenix. Foto: Screenshot

28.02.2023
ch

"Fatal und enttäuschend": Wüstner fordert von Politik mehr Einsatz bei Dienstpflicht-Debatte

Berlin. Der Bundesvorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner hat im TV-Sender Phoenix und im Radiosender NDR über die Zeitenwende, das Sondervermögen für die Bundeswehr, Waffenlieferungen und die Dienstpflicht-Debatte gesprochen.

„Für mich ist die Wehrpflicht, wie sie einmal war, eher ,out‘. Das passt nicht mehr in die Zeit“, sagte er dem TV-Sender Phoenix. Der Bundespräsident habe die Parteien zweimal aufgefordert, sich aus gesellschaftspolitischen Gründen, aber auch mit Blick auf die Themen Wehrhaftigkeit und Resilienz Gedanken zu machen um eine Art Dienstpflicht.

„Da gibt es unterschiedliche Konzepte. Ich halte es für fatal und ehrlich gesagt auch enttäuschend, dass sich die Mehrheit der Politik keinen Deut mit diesem Impuls des Bundespräsidenten auseinandersetzt“, sagte Wüstner.

Er habe den Eindruck, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger sich mit einer Dienstpflicht anfreunden könnten. „Mir geht es darum, diese Diskussion, diese Debatte um das ,Wofür‘ zu führen. Und ich finde es sehr schade, dass sich die Politik da einen schlanken Fuß macht.“

„Zeitenwende in Zeitlupe“

Wüstner forderte außerdem erneut mehr Tempo bei der Ersatzbeschaffung derjenigen Munition und Waffen, die die Bundeswehr seit Kriegsbeginn an die Ukraine abgegeben hat: „Wir sprechen von rund 20 Milliarden Euro für Munition, wir sprechen jetzt schon von 18 Kampfpanzern Leopard, wir sprechen von Haubitzen, die wir im letzten Jahr abgegeben haben und noch keine einzige neue unter Vertrag haben.“

Die ersten Monate der Zeitenwende seien eine „Zeitenwende in Zeitlupe“ gewesen. Es sei versäumt worden, frühzeitig Gespräche mit der Rüstungsindustrie über den Aufbau neuer Produktionskapazitäten, über Rahmenverträge und Abnahmeverpflichtungen zu führen.

„Wir sehen ja, Putin lässt nicht nach, er verfolgt weiter seine Kriegsziele, und deswegen müssen wir schneller werden im Rüsten, im Füllen von Lücken und weiter im Produzieren, auch mit Blick auf die weitere Unterstützung der Ukraine“, so Wüstner.

Wüstner unterstützte die Forderung des Verteidigungsministers, den Bundeswehretat im nächsten Jahr um mindestens zehn Milliarden Euro aufzustocken. „Wenn das nicht funktioniert, wird es keine Wende im Bereich Personal, Material, Infrastruktur geben und damit verschlafen wir dann die Zeitenwende“, sagte Wüstner.

Auch beim Sondervermögen für die Bundeswehr sieht er weiteren Bedarf. Alle Experten und kundige Haushaltpolitiker seien sich einig, dass die finanziellen Mittel zur Ertüchtigung der Bundeswehr perspektivisch rund 280 Milliarden Euro betragen müssten, so Wüstner im Phoenix-Interview.

„Die Frage ist ja immer: Folgen den Worten auch Taten?“

Im NDR sagte Wüstner: „Grundsätzlich ist erst einmal positiv, dass man verstanden hat, dass man sich sicherheitspolitisch wieder mehr mit den Dingen in der Welt auseinandersetzen muss, weil Friede und Freiheit nicht nur in der Ukraine bedroht sind.“

Zur „Zeitenwende“-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von vor einem Jahr sagte er: „Die Frage ist ja immer: Folgen den Worten auch Taten? Da ist mein Fazit: Das geht alles noch viel zu langsam.“

Hören Sie hier das gesamte NDR-Interview mit Oberst André Wüstner.

 

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