Militärrabbiner in der Bundeswehr - Vertrag mit Zentralrat der Juden
Berlin. Jüdische Militärseelsorger werden in Zukunft jüdische Soldaten und Soldatinnen in der Bundeswehr betreuen. In den kommenden Monaten sollen zunächst zehn Militärrabbiner ihren Dienst aufnehmen, kündigte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Freitag an. Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, unterzeichnete die Ministerin auf dem jüdischen Gemeindetag in Berlin einen entsprechenden Staatsvertrag.
Manchmal geht es doch ziemlich schnell: Anfang April 2019 hatte Kramp-Karrenbauers Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen die Weisung erteilt, den Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden zu verhandeln. Knapp neun Monate später war es dann in Berlin auf dem jüdischen Gemeindetag so weit. Dieser Vertrag wird im 1.Halbjahr 2020 nach dem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren – der Bundestag muss noch zustimmen – in Kraft treten.
Schuster sprach von einem „historischen Tag“ in der Beziehung zwischen den Juden und dem deutschen Militär. Seitdem mit Hitlers Machtantritt 1933 die jüdischen Soldaten aus der Wehrmacht ausgeschlossen wurden, gehörten dem Militär auch keine Rabbiner mehr an. Auch nach 1945 sei das Verhältnis der Juden zur Bundeswehr lange gespalten gewesen. Heute sehe die jüdische Gemeinschaft die Armee als selbstverständlichen Teil der Demokratie.
Kramp-Karrenbauer sprach von einer „gebrochenen Geschichte“ der Bundeswehr und der Juden. Die Aufnahme von Militärrabbinern sei ein Zeichen der Vielfalt des Militärs. So wie in Deutschland seien auch in der Bundeswehr die Juden heute zuhause.
Auch der Evangelische Militärbischof Dr. Sigurd Rink (Berlin) begrüßte den Staatsvertrag als starkes politisches Signal. „Der Antisemitismus in Deutschland als Problem der gesellschaftlichen Gegenwart darf nicht geleugnet werden“, so Rink. Deshalb setze der deutsche Staat ein deutliches Zeichen, dass Antisemitismus in den Streitkräften keinen Platz haben dürfe. Die Existenzsicherung des Staates Israel gehöre zum Grundbekenntnis deutscher Politik, wie auch der Kirchen.
Der Militärbischof erwartet von der Einsetzung einer jüdischen Militärseelsorge eine Bereicherung und Belebung des aktuellen ethischen Diskurses in Deutschland. Jüdische Sichtweisen und Erfahrungswerte können die politische Debatte in eine neue Richtung wenden, die eng an politischen Realitäten und gleichzeitig an Gerechtigkeit und Frieden orientiert sei.
Für den DBwV nahm der Landesvorsitzende West und im Bundesvorstand für das Thema Seelsorge an Soldatinnen und Soldaten Verantwortliche, Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst, an der Veranstaltung teil. „Wir begrüßen es, dass neben der christlichen Militärseelsorge jetzt auch die jüdische Militärseelsorge ihren Platz in der Bundeswehr gefunden hat. Ich bin zuversichtlich, dass das Miteinander, dass in ökumenischer Geschwisterlichkeit gelebt werde durch das Miteinander von Christen und Juden wachsen wird.“
Da die Seelsorge innerhalb der Bundeswehr allen Soldatinnen und Soldaten zugesichert ist, komme es darauf an, auch Lösungen für Soldatinnen und Soldaten anderer nicht-christlicher Religionen zu finden. Weder die Anzahl von Menschen in der Bundeswehr noch die kirchliche Organisation außerhalb der Bundeswehr dürfe den weiteren Weg behindern. Die Seelsorge an den Menschen müsse im Vordergrund stehen.
Der Sitz des künftigen Militärrabbinats soll in Berlin sein. Die fachliche Aufsicht der Geistlichen soll beim Zentralrat liegen, die Dienstaufsicht bei der Bundeswehr. Die Rabbiner sollen jüdische Soldatinnen und Soldaten im In- und Ausland betreuen. Nach Schätzungen des Verteidigungsministeriums gehören der Bundeswehr rund 300 Soldaten jüdischen Glaubens an.