Live-Chat zur Drohnendebatte: Aufklärung, Verteidigung und Schutz
Berlin. Die Debatte darüber, ob die Bundeswehr mit Drohnen in Auslandeinsätzen operieren soll, wird jetzt breit in die Öffentlichkeit getragen. Den Auftakt machte ein Workshop im Verteidigungsministerium mit militärischen und zivilen Experten sowie Politikern am 11. Mai. Jetzt stellten sich der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Peter Tauber (CDU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, im Live-Chat Fragen der Bürgerinnen und Bürger zum Thema bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr.
Militärs und Verteidigungspolitiker von CDU/CSU und FDP befürworten eindeutig den Einsatz bewaffneter Drohnen – insbesondere zum Schutz der deutschen Soldatinnen und Soldaten. Gegenargumente gibt es sowohl von Fraktionen wie Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wie auch von Menschenrechtlern und Ethikern. Auf dem Weg zur Entscheidung werden alle Meinungen gehört und diskutiert. Im Live-Chat mit Tauber und Zorn wurde die Zustimmung für bewaffnete Drohnen deutlich.
„Es ist wichtig, dass die Bundeswehr mit einer bewaffneten Drohne ausgestattet wird. Wir können uns nicht immer auf andere Nationen abstützen“, schrieb ein Nutzer. Tauber und Zorn begrüßten diese Haltung, die den Tenor der Debatte widerspiegelte. „Weil wir überzeugt sind, dass eine bewaffnete Drohne ein wirksamer zusätzlicher Schutz ist, möchten wir das der Truppe zur Verfügung stellen und bitten das Parlament um Unterstützung. Dazu gehört dann übrigens auch eine gute Ausbildung. Ohne die nutzt die modernste Ausrüstung nichts“, so der Staatssekretär.
Zunächst geht es um die Bewaffnung der Drohne Heron TP, was zwei Jahre in Anspruch nehme, wie Zorn erklärte. Diese werde von Israel geleast. Langfristig sollen 21 Eurodrohnen beschafft werden. Auf die Frage nach der Bewaffnung führte der Generalinspekteur aus: „Für die Eurodrohne sind Brimstone 3 und GBU 49 vorgesehen. Bei der Heron TP würden wir auf die ISR Systeme zurückgreifen.“ 30 Länder würden bereits bewaffnete Drohnen nutzen, in Europa zählen dazu unter anderem Frankreich, Niederlande, Serbien, Großbritannien, Italien und Spanien. Werden die Drohnen beschafft, werde nicht an anderen Stellen Geld für Ausrüstung gespart, beteuerte Zorn.
„Warum sind wir immer bei einer notwendigen Modernisierung oder Beschaffung zu spät dran. Wer ist daran schuld: Die Militärs, das Bundeswehr-Beschaffungsamt, die Politik, oder liegt es an uns selbst an der Gesellschaft?“, fragte ein User. Die Frage sei nicht einfach zu beantworten, so Tauber. „Lange Zeit hat die Politik der Bundeswehr nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Jetzt müssen aber die Ämter und Behörden damit auch arbeiten. Und unsere Gesellschaft sollte die Truppe auch ideell weiter unterstützen, so wie man das ja zum Glück auch vielfach erlebt.“
Warum die Bundeswehr eigene bewaffnete Drohnen bräuchte und nicht auf die Unterstützung der verbündeten Kräfte zurückgreife? „Ich finde, wir sollten in der Lage sein, unsere eigenen Kräfte selbst zu schützen. Natürlich helfen sich die Verbündeten in den Einsätzen, aber was passiert, wenn keine Luftunterstützung durch andere möglich ist, aber ein deutscher Konvoi in einen Hinterhalt fährt?“, entgegnete der Staatssekretär.
Wofür die Drohnen eingesetzt werden könnten? „Ein mögliches Szenar ist sicherlich der Schutz und die Begleitung von Patrouillen, ein anderes der Schutz unserer Feldlager vor Beschuss durch terroristische Gruppen mit umgelenkten Raketen“, führte Zorn aus. Wie man sich einer bewaffneten Drohne ergibt? „Sofort jegliche Aggression beenden, die Drohne kann bis zum letzten Moment in ihrem Anflug abgebrochen werden“, antwortete Zorn. Für die Bundeswehr seien Aufklärung, Verteidigung und Schutz die Anwendungsbereiche. „Langfristig sind für mich aber auch logistische Leistungen denkbar“, so der Generalinspekteur.
Ihr stellt die Fragen, der Parl. Staatssekretär @petertauber und der Generalinspekteur der Bundeswehr @BundeswehrGI antworten. Hier ein kurzer Eindruck hinter den Kulissen unseres Live-Chats zur #DrohnenDebatte2020pic.twitter.com/MQXqwFH53r
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) May 18, 2020
In der Drohnendebatte ist es für Tauber und Zorn besonders wichtig zu betonen, dass immer ein Mensch die Drohne bediene und Menschen am Ende über den Einsatz entschieden. Die Drohnenpiloten sollen von der Luftwaffe gestellt werden, erläuterte Zorn. Zunächst gehe es um die Drohne Heron TP, „die wir vertraglich von unserem Partner Israel für die Auslandseinsätze leasen. Auf längere Sicht wollen wir die Eurodrohne multinational beschaffen. Diese Systeme werden der Luftwaffe zugeordnet“. Tauber sprach sich auf Nachfrage deutlich gegen autonome Waffensysteme aus. „Wir sollten in der Bundeswehr keine autonomen Systeme einführen, aber wir müssen natürlich darüber reden, wie wir unsere Soldaten vor möglichen autonomen Systemen feindlicher Mächte schützen.“
Geflüchtete Kinder würden Bilder mit Drohnen am Himmel zeichnen, den blauen Himmel fürchten – aus Angst vor Angriffen, schreibt ein User und fragt, wie Deutschland den Drohneneinsatz nach amerikanischem Vorbild verhindern wolle. Für „unsere Truppe“ würden andere Regeln gelten, antwortet Tauber. „Insofern verbietet sich ein Vergleich mit den Aktivitäten von Geheimdiensten oder anderen Kräften. Es gilt deutsches Recht und zudem die darauf aufbauenden Einsatzregeln. Die gezielte Tötung einzelner Personen, die keine Kampfteilnehmer sind, wäre daher nicht zulässig.“
Die Frage nach der Dauer bis zur Entscheidung beantwortete Tauber: „Ich höre aus dem Parlament, dass die meisten Abgeordneten eine Entscheidung im Laufe dieses Jahres wollen. Aber auch hier geht Genauigkeit vor Schnelligkeit.“
Zum Schluss bedankten sich Tauber und Zorn für das Interesse und die zahlreichen Fragen. Die Debatte werde fortgesetzt, am 25. und 26. Mai im Bundestag zu taktischen Fragen, so Tauber. Alle Antworten auf Fragen, die nicht im Live-Chat beantwortet werden konnten, und das Protokoll der Aktion werden auf der Internetseite des Verteidigungsministeriums nachzulesen sein.