Neue Diversitätsstrategie vorgestellt – „Vielfalt stärkt unsere Kampfkraft“
Das Thema Diversität ist in den vergangenen Jahren gewissermaßen ein wenig unter die Räder geraten. Der Überfall Russlands auf die Ukraine, die Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung, die Zeitenwende – die Prioritäten scheinen für die Bundeswehr derzeit an anderer Stelle zu liegen. Doch dieser Schein trügt: Auf der Diversity Konferenz des Verteidigungsministeriums wurde jetzt eine neue Diversitätsstrategie vorgestellt.
Berlin. Diversität – ein Thema, das nicht nur in Deutschland für emotionale, ideologiebehaftete und mitunter heftige Debatten sorgt. Dass der Begriff Diversity bei vielen Menschen „immer noch negativ behaftet ist“, ist auch Boris Pistorius bewusst. Doch der Verteidigungsminister hatte bei seinem Statement zur Eröffnung der Diversity Konferenz des BMVg in Berlin auch noch anderes zum Thema zu berichten: „Ich habe sie getroffen, die bunte Truppe, über die wir immer reden“, sagte Pistorius in Bezug auf seine zahlreichen Truppenbesuche. Für ihn ist das Thema Diversity „keine Eintagsfliege“. „Wir haben große Ziele und noch einen weiten Weg vor uns“, so der Minister zu den rund 140 Konferenzteilnehmern, Führungspersonal aus den Streitkräften, der Verwaltung und Wirtschaft sowie Vertreter von Verbänden und Interessensvertretungen. Für den Deutschen BundeswehrVerband dabei: Stabsfeldwebel a.D. Thomas Schwappacher, Stellvertreter des Bundesvorsitzenden.
Verteidigungsminister Pistorius machte auch deutlich, dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, ihre Kriegstüchtigkeit, immer noch an erster Stelle steht. Personelle Diversität sieht er dabei nicht bloß als Chance, vielmehr sei diese „geradezu entscheidend, um ehrgeizige Personalziele zu erreichen“. Und: „Vielfalt stärkt unsere Kampfkraft, denn unterschiedliche Perspektiven führen zu kreativeren Entscheidungen.“ Nicht zuletzt müsse man die Werte, die man bereit ist zu verteidigen, „auch in unserer Organisation leben“. Zum Schluss richtete der Sozialdemokrat noch einen Appell an seine Zuhörer: „Lassen Sie uns an einem Mindset arbeiten, das Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern als Chance begreift.“
Mit der neuen Diversitätsstrategie, die am Tag der Konferenz in Kraft trat, wurden Ziele definiert und konkretisiert: Es geht darum, ein faires, leistungsgerechtes Arbeitsumfeld, das Vielfalt fördert und lebt, zu schaffen. In der Personalpolitik soll auf die verschiedenen Dimensionen der Diversität geachtet werden. Die Bundeswehr will ein moderner und attraktiver Arbeitgeber sein – dies ist von essenzieller Bedeutung, um sich im Kampf um die besten Köpfe auf dem Arbeitsmarkt durchzusetzen.
Anschließend betonte Regierungssprecher Steffen Hebestreit, dass der Diversitätsgedanke keine „woke Spinnerei“ sei. Der Staatssekretär hob hervor, dass man eine ganzheitliche Diversitätsstrategie bereits im Koalitionsvertrag verankert habe. Trotz der „Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung“ beklagte Hebestreit, dass etwa Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Behörden nach wie vor unterrepräsentiert seien.
In einem ersten Panel nahm dann auch Stabsfeldwebel a.D. Schwappacher auf dem Podium Platz. Der stellvertretende Bundesvorsitzende betonte in der Diskussion, dass sich in der Bundeswehr auch schon viele Dinge zum Besseren gewandelt hätten. So hätten früher viel mehr Menschen mit Behinderung, etwa in Folge eines Unfalls, den Dienst in den Streitkräften quittieren müssen. Dies sei jetzt anders. „Ich kann die Menschen mit Behinderungen oft nah an ihrem Ausbildungshintergrund einsetzen“, sagte Schwappacher. Aber auch er sieht noch Defizite: „Wissenslücken sind auf verschiedenen Ebenen noch vorhanden – da leistet der DBwV auch viel Informationsarbeit.“ Es gäbe viele Möglichkeiten, nur müssten diese gut genutzt werden.
In einem weiteren Panel am Nachmittag, zuvor waren die Teilnehmenden in verschiedenen Workshops aktiv, fand der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, einen klaren und pragmatischen Ansatz zur Diversität: „Wir haben einen Auftrag zu erfüllen und wir können es uns nicht leisten, auf jemanden zu verzichten.“ So sei es „eine permanente Aufgabe“, Diversität auf allen Ebenen durchzusetzen. Generalmajor Thorsten Puschmann, Vizepräsident BAAINBw, bestätigte: „Wir leben und erleben Vielfältigkeit jeden Tag.“ Und: „Der Mensch ist unser wertvollstes Gut.“ In diese Richtung argumentierte auch Generalmajor Robert Karl Sieger, Präsident BAPersBw: „Es gibt nichts Vielfältigeres als unsere Streitkräfte.“ Auch für den „Personalchef“ der Bundeswehr ist klar, dass es entscheidend auf die Kommunikation ankommt: „Wir müssen den Leuten erklären, warum man was macht: Nämlich, um den Auftrag besser zu erfüllen.“
Stabsfeldwebel a.D. Schwappacher sagte im Anschluss, dass es in Punkto Diversität noch viel zu tun gebe. Aber: „Die Innere Führung und die täglich gelebte Kameradschaft umfassen schon einen Großteil der Ziele der Diversitätsstrategie. Diese muss jetzt in greifbare und fassbare Ergebnisse umgesetzt werden. Als erster Schritt ist darüber zu informieren. Später müssen dann einzelne konkrete Maßnahmen abgeleitet werden.“