Koordinatensystem verschoben
Berlin. Die Bundestagswahl 2025 hat das politische Koordinatensystem in Berlin grundlegend verschoben. Nach vorläufigen Ergebnissen erreichten die Wahlsieger CDU/CSU 28,5 Prozent der Stimmen und damit 208 Sitze im künftigen Parlament. Die zweitplatzierte AfD bekam die Stimmen von 20,8 Prozent der Wähler, umgerechnet 152 Sitze, die Kanzlerpartei SPD sackte auf 16,4 Prozent und damit 120 Sitze ab, Bündnis90/Die Grünen fielen auf 11,61 Prozent und belegen künftig 85 Sitze. Die Linke, die sich erst kurz vor der Wahl aus einem zuvor langanhaltenden Umfragetief hervorkämpfen konnte, erreichte 8,77 Prozent der Stimmen und damit 64 Sitze im Bundestag.
Aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes steht die kommende – voraussichtlich unionsgeführte – Bundesregierung damit vor großen Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf die Finanzierung der Bundeswehr. Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr aus dem Jahr 2022 ist bekanntlich bereits aufgebraucht bzw. verplant.
Neues Sondervermögen wäre nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag möglich
Ein neues Sondervermögen einzusetzen und/oder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu reformieren, wäre nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestages möglich. Nach der konstituierenden Sitzung des neugewählten Bundestages, die spätestens am 25. März 2025 stattfinden muss, ist eine solche Mehrheit aber nur noch mit Stimmen der AfD oder der Linken möglich. Kurz nach der Wahl überraschte CDU-Chef Friedrich Merz – der eigentlich an der Schuldenbremse festhalten wollte – mit der Überlegung, noch die alten Mehrheiten im Bundestag zu nutzen, um die künftige Finanzierung zu sichern. Man werde mit SPD, Grünen und auch der FDP darüber sprechen, ob eine Reform der Schuldenbremse mit den alten Mehrheiten im Bundestag notwendig sei.
Die knapp vier Wochen bis zur Neukonstituierung des Bundestages sind eine denkbar knappe Zeit, um zu einer Übereinkunft zu kommen. Weil CDU/CSU allein keine Mehrheit haben, laufen flankierend die Sondierungen für eine künftige Regierungskoalition. Wunschpartner der Union ist die SPD, doch aus den ersten Statements des neuen starken Manns der Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, wurde schnell klar, dass die SPD sich trotz des verheerend schlechten Wahlergebnisses nicht billig verkaufen und selbstbewusst in die Koalitionsverhandlungen gehen wird. Parteichef Klingbeil will nach dem Rückzug des SPD-Fraktionschefs Rolf Mützenich auch auf dessen Posten nachrücken. Nach vermutlich harten Verhandlungen zwischen Union und SPD steht bei der SPD anschließend noch ein Mitgliederentscheid über die gefundenen Ergebnisse an.
Bis Ostern soll dann die neue Koalition und damit eine hoffentlich handlungsfähige Regierung stehen. Die Zeit drängt, nicht zuletzt aufgrund der weltpolitischen Neupositionierung der USA und den daraus erwachsenden neuen Herausforderungen für Deutschland und Europa.