Kirche auf Zeit
Was soll, was kann Militärseelsorge aus Sicht von Soldatinnen und Soldaten leisten? Eine aktuelle Studie will diesen Fragen näherkommen. Nun liegen erste Ergebnisse vor – mit einem überraschend positiven Tenor.
In der Gesellschaft ist die Tendenz eindeutig: Den Kirchen laufen in Deutschland die Mitglieder davon, das Interesse an Beistand durch Geistliche scheint stetig abzunehmen. In der Bundeswehr hingegen zeigt sich ein anderes Bild: Aus den jetzt veröffentlichten ersten Ergebnissen des Forschungsprojekts „Militärseelsorge als Kirche auf Zeit“ lässt sich ablesen, dass ein großes Interesse an Seelsorge besteht. Die Präsenz von Militärseelsorgern in der Bundeswehr wird von rund 7.000 Soldatinnen und Soldaten befragten Soldaten fast durchgehend befürwortet. Die Umfrage wurde im Herbst 2022 vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Kooperation mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut (SI) der EKD durchgeführt.
Positives Ergebnis in schwierigen Zeiten
„Das ist ein Ergebnis, das der Militärseelsorge in schwierigen Zeiten den Rücken stärkt“, sagte der Themenverantwortliche Militärseelsorge im Deutschen BundeswehrVerband, Hauptmann a.D. Jörg Greiffendorf nach der Vorstellung der ersten Studienergebnisse. Die Militärseelsorge stehe aktuell vor grundlegenden neuen Fragen. Im Mittelpunkt standen bislang neben dem Lebenskundlichen Unterricht, der durch Geistliche erteilt wird, die Seelsorge im Auslandseinsatz. Hier ist die Militärseelsorge etabliert und für viele Soldaten offenkundig nicht wegdenkbar.
Hälfte der Soldaten hat Angebote der Militärseelsorge in Anspruch genommen
„Die ersten Studienergebnisse haben äußerst positiv überrascht“, so Greiffendorf. Militärseelsorge im Grundbetrieb der Bundeswehr wird von 91 Prozent der Soldatinnen und Soldaten gutgeheißen, gut die Hälfte der befragten Soldaten hat ihre Angebote bereits in Anspruch genommen und würde dies auch wieder tun. Im Vergleich zu 2013 hat sich die Zahl derer, die die Angebote in Zukunft erstmals oder wieder in Anspruch nehmen würden, sogar um 12 Prozentpunkte erhöht. Angebote für einsatzbelastete Soldatinnen und Soldaten und deren Familien erhielten unter den Teilnehmern der Studie die meiste Zustimmung – 64 Prozent der Befragten würden diese weiterempfehlen. Auch Angebote für Soldaten und deren Angehörige, die nicht einsatzbelastet sind, sind beliebt. Gottesdienste und Andachten im Auslandseinsatz werden von gut der Hälfte der Befragten für gut befunden, gefolgt von Seelsorge, Beratung und Beichte als Angebote der Militärseelsorge. Seelsorger werden vor allem dann aufgesucht, wenn Soldaten dienstliche Probleme haben, es folgen allgemeine berufliche und private Ängste und Sorgen.
Auf Stimmung und Bedürfnisse in der Truppe achten
„Auf dem guten Ergebnis darf sich die Militärseelsorge nun aber nicht ausruhen“, sagt Greiffendorf. Wichtig sei, nicht stehenzubleiben und weiter auf die Stimmung und die Bedürfnisse in der Truppe zu achten. Spätestens seit dem vergangenen Jahr stelle sich auch die Frage, ob die Militärseelsorge angesichts der neuen Herausforderungen im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung passend aufgestellt ist.
DBwV plant Militärseelsorge-Tagung
Greiffendorf will das Thema auch im Deutschen BundeswehrVerband weiter angehen: Zu einer Tagung im kommenden Jahr sollen Soldatinnen und Soldaten geladen werden, um zu diskutieren, welche Art von Seelsorge sinnvoll und aus ihrer Sicht notwendig ist. Vertieft werden könne unter anderem die Frage, ob und wie die die Militärseelsorge Soldaten erreicht, zu denen sie bislang keinen Zugang hatte. Im Nachgang stehe dann die Rückkoppelung mit den Geistlichen auf der Agenda, um das feste Band zwischen Deutschem BundeswehrVerband und Militärseelsorge weiter zu stärken. Greiffendorf: „Wir freuen uns, dass wir mit allen Akteuren in so gutem Austausch stehen.“
Soldatinnen und Soldaten, die an einer Teilnahme an der Tagung interessiert sind, melden sich bitte unverbindlich unter militaerseelsorge@dbwv.de.