Inspekteur der Marine tritt zurück – Vizeadmiral fällt über Äußerungen zu Russland und der Ukraine
Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach hatte sich für seine Äußerungen zur China und Putin zuvor entschuldigt. Generalinspekteur Zorn und Verteidigungsministerin akzeptieren Demission.
Von Frank Jungbluth
Berlin/Delhi. Kay-Achim Schönbach, Inspekteur der Marine seit März 2021, hat am späten Samstagabend sein Amt zur Verfügung gestellt. Im Laufe des Tages war der Druck auf den 56-jährigen Marineoffizier immer größer geworden, nachdem er sich bei einer sicherheitspolitischen Talkrunde in der indischen Hauptstadt Delhi zur aktuellen Krise in der Ukraine und der Rolle Russlands und Chinas kontrovers geäußert hatte: Er glaube nicht an einen bevorstehenden Angriff auf die Ukraine.
„Ich habe soeben die Frau Bundesministerin der Verteidigung gebeten, mich von meinen Aufgaben und Pflichten als Inspekteur der Marine mit sofortiger Wirkung zu entbinden. Meine in Indien gemachten unbedachten Äußerungen zu Sicherheits- und Militärpolitik lasten zunehmend auf meinem Amt. Um weiteren Schaden von der Deutschen Marine, der Bundeswehr, vor allem aber der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen, halte ich diesen Schritt für geboten. Frau Bundesministerin hat mein Gesuch angenommen. Der Befehlshaber der Flotte und Stellvertreter des Inspekteurs der Marine, Konteradmiral Kaack, führt bis zu einer Nachfolgeentscheidung die Deutsche Marine", erklärte Kay-Achim Schönbach am Samstagabend.
Er sehe die wahre Bedrohung in China und wolle Russland lieber als Partner, denn als Feind. Er sei ein „sehr radikaler römisch-katholischer Christ“, sagte Schönbach. „Ich glaube an Gott und ich glaube an die Christenheit.“ Aus diesem Grund hätte er gern ein christliches Land wie Russland an seiner Seite gegen China – auch wenn Putin ein Atheist sei, das spiele keine Rolle.
Schönbachs Äußerungen sorgten am Samstag für große Verärgerung sowohl im Außen- als auch im Verteidigungsministerium. Geplant war, dass er am Montag bei Generalinspekteur Eberhard Zorn zum Rapport antreten muss, die Ereignisse haben diesen Plan überholt. Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach wollte kurz vor seinem Rücktritt die Wogen noch mit Äußerungen bei Twitter glätten. „Meine sicherheitspolitischen Äußerungen in einer Talkrunde eines Think-Tanks in Indien geben meine persönliche Meinung für diesen Moment vor Ort wieder. Sie entsprechen in keinster Weise der offiziellen Position des @BMVg_Bundeswehr. #deutschemarine.
Kurze Zeit später wurde das Dementi des Vizeadmirals und höchsten Soldaten der Marine noch deutlicher: „Unbedacht, fehleingeschätzt in der Situation, hätte ich das so nicht tun dürfen. Da gibt es nichts zu deuteln, das war ein klarer Fehler“, verbreitete Schönbach als @chiefdeunavy bei Twitter. Vergebens. Er musste sein Amt dennoch zur Verfügung stellen. Sowohl der Generalinspekteur als auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht akzeptierten die Demission des Vizeadmirals.
Unbedacht, fehleingeschätzt in der Situation, hätte ich das so nicht tun dürfen. Da gibt es nichts zu deuteln, das war ein klarer Fehler. @BMVg_Bundeswehr#deutschemarinehttps://t.co/rJhoKqGYUy
— chiefdeunavy (@chiefdeunavy) January 22, 2022