Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hub, und Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, stellvertretender DBwV-Bundesvorsitzender Foto: DBwV/Gersemann

Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hub, und Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, stellvertretender DBwV-Bundesvorsitzender Foto: DBwV/Gersemann

10.10.2023
Von Katja Gersemann

In einem Berliner Loft geht es um die Digitalisierung der Bundeswehr

Zwischen der Julius-Leber-Kaserne in Berlin und dem Cyber Innovation Hub liegen nur wenige Kilometer - aber unterschiedlicher könnten zwei Welten kaum sein. Dort der noch immer recht analoge Kasernenalltag, hier der junge Ableger der BWI, dem IT-Informationstechnik-Dienstleister der Bundeswehr. In einer Liegenschaft, die mit Bundeswehr auf den ersten Blick nichts zu tun hat: Der Weg zum Cyber Innovation Hub führt über einen großen Hinterhof, ringsum Büros im coolen Industrial-Design. Aus einer Halle dröhnen am frühen Morgen Bässe über den Innenhof - ein Gym hat für einen Kurs die Musik aufgedreht und die riesigen Schiebewände zum Innenhof einfach geöffnet.

Gleich gegenüber, in den zwei Etagen des Cyber Innovation Hub arbeitet das rund 50-köpfige Team um Leiter Sven Weizenegger daran, die Digitalisierung und Innovationsstärke der Bundeswehr voranzutreiben. Dazu fördert das Team, das sich aus Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten sowie Zivilisten zusammensetzt, zum Beispiel Unternehmertum innerhalb der Bundeswehr – hier läuft das unter dem Label „Intrapreneurship“. Gleichzeitig werden über Projekte Schnittstellen zur Start-up-Landschaft im Zivilen gebildet. Ein großer Erfolg des rund drei Jahre alten Unternehmens, den alle Soldaten kennen dürften: Die Entwicklung der Bahnfahr-App, die das Procedere deutlich vereinfacht hat.

Im Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberstleutnant i. G. Marcel Bohnert, stellte Weizenegger die Arbeit seines Teams vor und berichtete von den Herausforderungen, die er zurzeit sieht. Wie etwa die Frage, wie junge internetaffine Menschen für die Bundeswehr gewonnen werden können. Es sei keine leichte Aufgabe, denn die Lebenswirklichkeiten entwickelten sich immer schneller immer weiter auseinander. Weizenegger spitzte zu: „Wer sich am Wochenende mit den neuesten Features seines iPhones beschäftigt hat, kommt am Montagmorgen in eine Welt, in der PDFs ausgedruckt werden.“ Diesen Kontrast aufzulösen, sei nicht einfach.

Im Cyber Innovation Hub dürften sich junge Mitarbeiter wohlfühlen: Die Hierarchien sind flach, gearbeitet wird in einem Loft, es herrscht Start-up-Atmosphäre. Dass es eine Einrichtung wie den Cyber Innovation Hub gebe und was dort gemacht werde, sei in der Truppe und bei Bewerbern allerdings relativ unbekannt, sagt Weizenegger. Die Generation Tiktok hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und Weizenegger weiß, dass die erste Ansprache sitzen muss. Er setzt bisweilen auf Selbstironie. „Wenn ich sage: `Ich bin Q` hat jeder, der mal einen James-Bond-Film gesehen hat, sofort Bilder im Kopf.“ Viele junge Menschen hätten Interesse an der Bundeswehr, es fehle allerdings an Berührungspunkten.

„Die Bundeswehr sollte den Hub und seine Arbeit mehr in den Vordergrund stellen, um ein noch breiteres Verständnis für die Notwendigkeit einer zügigen Digitalisierung zu erzeugen. Aber auch, um zu zeigen, wie sehr wir am Puls der Zeit sind und damit Nachwuchs ansprechen“, sagte Bohnert.

Ein aktuelles spannendes Vorhaben des Cyber Innovation Hubs ist das Projekt Image Aware. „Dabei geht es um eine Künstliche Intelligenz im Einsatz gegen digitale Desinformationskampagnen“, erklärte Weizenegger. Sicherheitspolitisch sei das Thema von steigender Bedeutung. Die Bundeswehr benötige bei ihren Auslandseinsätzen präzise Lagebilder, die auf Basis öffentlich zugänglicher Daten Rückschlüsse auf Stimmungen und aktuelle Themen im Einsatzland erlaubten. Dies ermögliche den Einsatzkräften passende Reaktionen.

Bohnert war zuletzt für einige Monate als Berater für Informationskriegsführung im Bagdad eingesetzt und hat irakische und kurdische Sicherheitskräfte in ihrem Online-Kampf gegen das virtuelle Kalifat des selbsternannten Islamischen Staates unterstützt. Durch seine Erfahrungen sieht er einigen Aufholbedarf mit Blick auf das zu erwartende Aufgabenspektrum der Bundeswehr: „Zukünftig werden Kriege noch mehr als bisher im Informationsraum ausgetragen. Ich habe es im Irak erlebt, und wir sehen es derzeit in der Ukraine: Der klassische Panzer- und Infanteriekampf mischt sich zu erheblichen Teilen mit Social Media-Warfare - etwa mit Desinformationskampagnen, Deep Fakes sowie umfangreichen K.I.- und Bot-Nutzungen, gepaart mit immer kürzeren Innovationszyklen", so Bohnert. Zum Abschluss des Gesprächs vereinbarten Sven Weizenegger und Marcel Bohnert einen regelmäßigen Austausch und identifizieren derzeit Wege möglicher Kooperationen.

Weitere Informationen zum Cyber Innovation Hub: https://www.cyberinnovationhub.de/

 

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