Gerüchteküche Internet: Im World Wide Web verbreiten sich Fake News rasend schnell. Foto: DBwV/Yann Bombeke

Gerüchteküche Internet: Im World Wide Web verbreiten sich Fake News rasend schnell. Foto: DBwV/Yann Bombeke

12.05.2020
Yann Bombeke

In der Krise blühen die Fake News

Die Macht der (Fehl-)Information: In der Corona-Krise blühen zurzeit im Netz die wildesten Fantasien und treiben demonstrierende Menschen auf die Straße. Ärzte und Wissenschaftler warnen vor den Gefahren der Fake News.

Sie nennen es „Hygiene-Demos“, stehen dann aber dicht an dicht gedrängt ohne Mundschutz im öffentlichen Raum – widersinniger geht es kaum. Nicht aber in den Köpfen dieser Menschen, die aktuell auf die Straße gehen, weil sie sich in der Corona-Krise ihrer persönlichen Freiheit beraubt sehen oder meinen, dass Covid-19 doch gar nicht so schlimm sei. Da tummeln sich Gestalten aus dem linken wie rechten Spektrum, aber auch Impfgegner und Bürger, die eigentlich fest auf dem Boden der Tatsachen und des Grundgesetzes stehen. Hinzu kommen B-Promis wie Musiker, die schon vor Corona mit zweifelhaften Ansichten auf sich aufmerksam machten, oder vegane Köche, die ebenfalls schon früher mit eher wirren Thesen aufgefallen sind.

Diese Menschen mögen zwar alle einen völlig unterschiedlichen Hintergrund haben und aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft kommen, sind sich aber in einem Punkt einig: Sie stellen die offizielle Sichtweise von Politik und Wissenschaft zur Corona-Problematik in Frage. Schnell und dankbar wird da auch von Vielen die aus rechten Kreisen bekannte Vorlage aufgegriffen: Die „Lügenpresse“ verbreite im staatlichen Auftrag Unwahrheiten. Früher ging es dabei um Flüchtlinge, jetzt um Covid-19.

Ihre „Wahrheiten“ finden die Verschwörungstheoretiker in den „alternativen Medien“ im Netz, und das zuhauf. Kleine Kostprobe? Der „MDR“ hat eine Top Ten der Corona-Fakenews zusammengestellt. Dass sich das Corona-Virus angeblich durch Gurgeln und eine Dusche bei 27 Grad beseitigen lässt oder sich Grippegeimpfte den Krankheitserreger schneller einfangen, mutet ja noch recht harmlos an. Vollkommen abstrus wird es aber, wenn behauptet wird, dass der Mobilfunkstandard 5G Covid-19 verursache. Diese steilen Thesen mag man ja noch amüsant finden. Richtig gefährlich wird es, wenn angebliche Wunderarzneien wie Bleichmittel angepriesen werden. Manche glauben schließlich, dass Corona schlichtweg nicht existiere. Das fällt dann in die gleiche Schublade wie die Mondlandung oder die Stadt Bielefeld: Beides hat es nach Ansicht mancher Verschwörungstheoretiker nie gegeben.

Darüber mag man schmunzeln, doch es ist erschreckend und besorgniserregend, wie viele Menschen sich mittlerweile als Anhänger dieser kruden Thesen outen. Deren Verbreitung geht rasend schnell: Man schaut auf Facebook und sieht einen Beitrag, der vielleicht in die eigene Sichtweise passt. Und wenn die Behauptung durch einen angeblichen Wissenschaftler geäußert wurde, ist dieser Beitrag auch schnell geteilt und prompt im gesamten Freundeskreis angekommen. Beliebt sind auch Kettenbriefe über Messenger-Dienste wie Whatsapp. So erreichen die abstrusesten Botschaften in kürzester Zeit eine Vielzahl an Menschen. Je öfter die Botschaft geteilt und in den sozialen Medien veröffentlicht wird, umso glaubwürdiger wirkt sie am Ende.

Dieses Phänomen finden viele Ärzte alles andere als lustig: In einem offenen Brief haben mehr als 100 Mediziner und Wissenschaftler von den Verantwortlichen der Giganten wie Google, Facebook oder Twitter gefordert, energischer gegen die Verbreitung von Falschmeldungen vorzugehen. „Wir haben es in diesem Moment nicht nur mit der Covid-19-Pandemie zu tun, sondern mit einer weltweiten ‚Infodemie‘“, heißt es in dem Schreiben, das neben zahlreichen anderen Forschern auch der deutsche Virologe Christian Drosten unterschrieben hat. Die Unterzeichner fordern, dass die sozialen Medien Richtigstellungen zu Gesundheits-Fehlinformationen veröffentlichen müssen. Zudem müssten die Plattformen ihre „Algorithmen entgiften, die bestimmen, was den Nutzern angezeigt wird“. Gefährliche Lügen sowie die Seiten und Gruppen, die sie verbreiten, müssten in den Benutzer-Feeds herabgestuft werden. „Die Algorithmen konzentrieren sich derzeit mehr darauf, die Nutzer online zu halten, als ihre Gesundheit zu schützen“, so der Vorwurf.

Es wird den sozialen Medien sicher nicht gelingen, alle Falschmeldungen aus dem Netz zu filtern, selbst wenn sie sich wirklich darum bemühen. Daher gilt es, als Nutzer von Plattformen wie Facebook, Instagram, Telegram oder Whatsapp wachsam zu sein. Jeder von uns hat schon mal mit Neugierde reagiert, wenn eine entsprechend formulierte Headline einen neuen Aspekt in einer Krise hervorgehoben oder gar eine Antwort auf eine Frage geboten hat, auf die vorher niemand eine Antwort hatte. Dieses Phänomen nennt sich „Clickbaiting“. Den Urhebern geht es darum, mit einer reißerischen Überschrift Neugier zu wecken und möglichst hohe Zugriffszahlen auf den Inhalt zu provozieren.
 
Genau das ist aber der Augenblick, in dem unsere inneren Alarmglocken anfangen sollten zu schlagen. Als Erstes gilt es zu sehen, wer der Absender hinter der Information ist. Und zu hinterfragen: Warum sollte ausgerechnet dieser Absender die Antwort auf die größten aktuell brennenden Fragen der Menschheit bieten? Es bleibt dabei: Die zuverlässigsten Informationen zum Thema Corona bieten immer noch die viel gescholtenen Medien oder, in ungefilterter Form, die Seiten des Robert-Koch-Instituts oder der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Eine hilfreiche und empfehlenswerte Plattform, wenn es um die Enttarnung von Fake News geht, ist übrigens die österreichische Webseite Mimikama. Dort werden seit Jahren dubiose Meldungen im Netz auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft – auch abseits von Corona. Wer sich im Netz unsicher ist, kann auch immer das Netz um Hilfe bitten. Wenn ein Anbieter schon mal durch unseriöse Meldungen aufgefallen ist, wird einem das mit ein paar Klicks in einer Suchmaschine auch angezeigt. Das ist schließlich eine schöne Sache am World Wide Web: Es vergisst nie. Egal, ob im guten oder im schlechten Sinne.

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