Die Lebensgeschichten, die die Deutsche Härtefallstiftung erreichen, ähneln sich häufig : Immer wieder sind es Soldaten, die nach zahlreichen Auslandseinsätzen psychisch erkranken. Symbolfoto: DBwV/Willem gr. Darrelmann

06.06.2022
Von Katja Gersemann

Hilfe in größter Not

Seine ISAF-Einsätze haben ihn aus der Bahn geworfen. Doch Jürgen Rotfuß kämpft sich zurück ins Leben. Die Deutsche Härtefallstiftung unterstützt ihn maßgeblich.

Die Erlebnisse aus Afghanistan sind über zehn Jahre her – aber sie hängen Jürgen Rotfuß noch immer nach. Bei einem Feuergefecht 2009 war Rotfuß als MG-Schütze eingesetzt. Als eine Panzerabwehrwaffe am Schutzschild der Drehringlafette einschlug und Splitter und Druckwelle ihm Verletzungen an der Hand und am Arm zufügten, musste der heute 39-Jährige sich und seine Kameraden verletzt weiter verteidigen. In einem weiteren ISAF-Einsatz musste Rotfuß einen Anschlag durch einen afghanischen Militärangehörigen mit Todesfolge für drei Kameraden miterleben.

Rotfuß wurde die Einsatzmedaille Gefecht verliehen. Doch was im Alltag von den Einsätzen bleibt, ist weniger der Stolz auf die eigene Leistung als quälende intensive Flashbacks und Wutausbrüche aufgrund einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Rotfuß, seine Frau und sein sechsjähriger Sohn leiden unter der instabilen Situation. Hinzu kommt, dass beim Kleinen ein frühkindlicher Autismus dia gnostiziert wird. Rotfuß glaubt, mit dem Kauf eines Hauses einen Rückzugsort schaffen zu können. Doch der Kauf erweist sich als weitere Quelle von Sorgen : Das Dach ist undicht und auch bei Fenstern, Dämmung und Heizung zeigen sich Mängel.

Die Familie ist nervlich am Anschlag, aber Rotfuß, der in Kasachstan geboren wurde und im Alter von 13 Jahren nach Deutschland kam, will nicht aufgeben. Im eigenen Haus beschweren sich keine Nachbarn, wenn er nachts schreiend aufwacht. Sein Sohn kann im Garten spielen. Die Familie kommt zur Ruhe. Ein Bekannter erzählt Rotfuß von der Deutschen Härtefallstiftung und er stellt einen Antrag auf Unterstützung. Rotfuß muss umfangreiche Auskünfte geben, damit die Stiftung feststellen kann, ob er zum Kreis der Berechtigten zählt. Am Ende spricht sich der Vergabeausschuss der Stiftung dafür aus, ihm finanzielle Hilfe für die Renovierung des Hauses zukommen zu lassen. „Ich bin so dankbar“, sagt Rotfuß. „Wir hätten das nicht allein stemmen können. Die Härtefallstiftung war unsere letzte Hoffnung.“

Schicksale ähneln sich

Die Lebensgeschichten, die die Deutsche Härtefallstiftung erreichen, ähneln sich häufig : Immer wieder sind es Soldaten, die nach zahlreichen Auslandseinsätzen psychisch erkranken und deren Familien- und Sozialleben aufgrund einer Spirale aus Alkohol-, Kauf- oder Spielsucht stark zerrüttet oder auseinanderfällt. Die normalen Versorgungs- oder Einsatzversorgungsansprüche können die zum Teil riesigen Lücken nicht füllen. Regelmäßig verschulden sich die Betroffenen bis über beide Ohren. Sie geraten in eine Abwärtsspirale.

Die Hilfe der Härtefallstiftung setzt da an, wo die Unterstützung durch den Dienstherrn endet. Seit ihrer Gründung im Jahr 2012 wurden über 900 Anträge auf Unterstützungsleistungen behandelt, in fast 600 Fällen wurde Leistungen gewährt – in einer Gesamthöhe von rund 13,2 Millionen Euro. Neben der Unterstützung in Einzelfällen initiiert die Stiftung auch zusätzliche Hilfen – wie etwa durch das Projekt „Mutmacher“, mit dem die Härtefallstiftung in Kooperation mit der Katholischen Familienstiftung für Soldaten mit verschiedenen Aktionen belastete Bundeswehrfamilien unterstützt. Ein Baustein ist die Ausstattung von Sanitätsunterstützungszentren und Bundeswehrkrankenhäusern mit Fachliteratur für Betroffene.
 

Die Deutsche Härtefallstiftung

Die Härtefallstiftung hilft Soldatinnen und Soldaten sowohl zivilen Beschäftigten, Ihren Angehörigen und Hinterbliebenen, wenn Sie durch den Dienst für die Bundeswehr oder die ehemalige NVA eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben könnten und Sie dadurch in eine wirtschaftliche Notlage (Härtefall) geraten sind. Mit umfasst sind auch weitere, besonders gelagerte Einzelfälle.

Organe der Stiftung sind der Vorstand, der Stiftungsrat und der Vergabeausschuss. Vorstandsvorsitzender ist Oberst a.D. Bernhard Gertz. Zum Stiftungsrat gehören derzeit u.a. acht Abgeordnete des Deutschen Bundestags, vier Angehörige des Bundesministeriums der Verteidigung sowie Vertreter der Militärseelsorge und des Amtes der Wehrbeauftragten. Vorsitzender ist der Bundesvorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberst André Wüstner. Der Vergabeausschuss unter Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Matthias Port erarbeitet alle zwei Monate Empfehlungen für die Gewährung von Unterstützungen. Er setzt sich aus zahlreichen Experten zusammen. Die Entscheidung über die Empfehlungen trifft der Vorstand.

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