Feierliches Gelöbnis beim Tag der Bundeswehr 2016. Bewerber werden ab dem 1. Juli deutlich strenger überprüft Foto: Bundeswehr

Feierliches Gelöbnis beim Tag der Bundeswehr 2016. Bewerber werden ab dem 1. Juli deutlich strenger überprüft Foto: Bundeswehr

30.06.2017
dpa

Gegen Extremismus: Start für neuen Basischeck bei der Bundeswehr

Berlin. Vor einem Jahr war man bei der Bundeswehr vor allem noch wegen Islamisten in den eigenen Reihen besorgt. Von islamistischen „Kurzzeitdienern“ war damals die Rede, die sich nur für wenige Monate bei der Bundeswehr verpflichten wollen, die sich ausdrücklich für eine intensive Waffen- und Geräteausbildung interessieren. Mit einer neuen Sicherheitsüberprüfung wollte man sich Dschihadisten vom Leib halten, die deutsche Kasernen womöglich als Ausbildungscamps nutzen und dann Anschläge verüben. Seit dem Fall Franco A. scheinen solche Horrorszenarien auch in einer ganz anderen politischen Ecke denkbar - dem rechtsextremen Spektrum.

Am 1. Juli tritt nun die Gesetzesänderung in Kraft, mit der die Bundeswehr sich gegen Extremisten in den eigenen Reihen wappnen will. Jeder Bewerber für den Soldatendienst muss sich wegen seines späteren Umgangs mit Kriegswaffen ab dem 1. Juli einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Bisher müssen sie nur ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und sich zum Grundgesetz bekennen. In Zukunft sollen die Rekruten auf verfassungsfeindliche Bestrebungen überprüft werden. Auch Erkenntnisse der Verfassungsschützer oder des Bundeskriminalamts können dann vor der Einstellung herangezogen werden.

Bisher war ein solcher Check nur nötig bei einer Versetzung in sogenannte sicherheitsempfindliche Bereiche. Das bedeutet: Wer als vertraulich oder geheim eingestufte Akten einsehen kann, wird überprüft. Auch wer in einem Waffen- und Munitionslager arbeitet, wird bereits gecheckt - zum Schutz vor Sabotageakten. Wer aber an Artilleriegeschützen, Panzern oder Maschinengewehren ausgebildet wird, blieb bislang von einer Sicherheitsüberprüfung verschont.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD), der bundeswehreigene Geheimdienst, führt die Überprüfungen durch. „Wir nehmen die Hinweise sehr ernst“, sagt MAD-Präsident Christof Gramm. „Die neuen Instrumente richten sich nicht nur gegen potenzielle Innentäter in der Bundeswehr, sondern sollen verhindern, dass Extremisten jedweder Form einen in der Bundeswehr erlernten Umgang mit Kriegswaffen für ihre Zwecke missbrauchen.“

Der DBwV hatte der Gesetzesänderung dem Grunde nach zugestimmt, da er das Sicherheitsrisiko beim Zugang von extremistischen oder gewaltgeneigten Personen zu Kriegswaffen erkannt hat. Jedoch hat er dabei auch eingefordert, dass die Sicherheitsüberprüfung nicht das Einstellungsverfahren verzögert, also grundsätzlich zwischen erklärter Einstellungsabsicht und Dienstantritt durchzuführen ist. Eine Voraussetzung dafür ist der ausreichende Personalaufwuchs beim MAD. Und der Aufwuchs muss zeitnah evaluiert werden, um den kalkulierten Bedarf mit dem tatsächlichen Bedarf bei dieser zusätzlichen Aufgabe abzugleichen und ggf. neue Personalerhöhungen vorzunehmen.

Derzeit geht der MAD einer dreistelligen Zahl von Verdachtsfällen nach: Dabei geht es um mehr als 300 mutmaßliche Rechtsextremisten und rund 60 mögliche Islamisten in der Truppe. Die Zahl mutmaßlicher Linksextremisten befindet sich nach MAD-Angaben im einstelligen Bereich. „Wir sind in alle Richtungen wachsam“, sagt Gramm.

Die Bundeswehr rechnet laut dem Entwurf mit etwa 20.000 neuen Sicherheitsüberprüfungen im Jahr, bislang sind es etwa 5000. Rund 90 zusätzliche Stellen sollen geschaffen werden, etwa die Hälfte bei den Karrierecentern der Truppe, die andere Hälfte beim MAD. „Ein Personalaufwuchs ist beschlossene Sache und wurde bereits eingeleitet“, sagt Gramm. Aber ob das wirklich reicht, wird bezweifelt. Der MAD gilt seit Längerem als personell unterbesetzt. Laut dem jüngsten Bericht des Wehrbeauftragten waren 2016 insgesamt 22 Prozent der Stellen des Geheimdienstes unbesetzt. 

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