Fachtagung in Berlin: Planbarkeit in der Marine
Berlin. Wie kann ich mein Leben planen, wenn ich in der Marine Dienst leiste? Darüber wird aktuell beim Deutschen BundeswehrVerband diskutiert. Auf Einladung des Vorstandes Marine, Fregattenkapitän Marco Thiele und Oberstabsbootsmann Roy Meinhard, sind Marineangehörige aller Dienstgradgruppen in die Berliner Bundesgeschäftsstelle des DBwV gereist, um mit Vertretern aus Politik und militärischer Führung über das heikle Thema Planbarkeit zu sprechen.
Neugierig sind die Soldaten vor allem darauf, wieviele von den bekannten Problemen in ihrer Teilstreitkraft ungefiltert zu den Verteidigungspolitikern durchdringen. Ein Beispiel: Ein Besatzungsmitglied der Fregatte AUGSBURG berichtet von seinen Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr. Damals erhielt die Fregatte den Auftrag, das US-Schiff CAPE RAY zu schützen, das im Mittelmeer zur Vernichtung syrischer Chemiewaffen eingesetzt war. Die AUGSBURG war zuvor schon mehrere Wochen auf Ausbildungsfahrt gewesen. „Für eine längere Stehzeit im Einsatz waren wir gar nicht ausgerüstet“, sagt der Oberbootsmann. Die Besatzung sei zu klein gewesen, die Logistik nicht gewährleistet. So habe man keinen Ersatz für die während der Ausbildung verbrauchte Munition bekommen. Ist etwas davon in der Politik angekommen? Die Bundestagsabgeordneten Doris Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), Ingo Gädechens (CDU) und Wolfgang Hellmich (SPD), allesamt Mitglieder des Verteidigungsausschusses, schauen sich kurz an und schütteln den Kopf. „Ich muss wohl künftig mehr hinterfragen, dass die Informationen, die mich erreichen, stimmen und Sinn machen“, sagte Wagner. Hellmich sieht das ähnlich: „Wir müssen uns in der Politik darauf verlassen können, dass die Informationen der militärischen Führung korrekt sind.“ Dass in der Truppe die Zufriedenheit mit dem eigenen Beruf besser sein könnte, ist den Politikern bewusst. „Die Bundeswehr kann noch so viele Werbekampagnen starten, wenn nichts Gutes von innen nach außen dringt, bringt das alles nichts“, sagt Gädechens.
Dass der Dienst in den Streitkräften attraktiver werden muss, steht auch für den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus außer Frage. „Die Attraktivität für den Nachwuchs wird ganz entscheidend von der Zufriedenheit des Bestandes geprägt“, sagt Königshaus, nachdem er sich den Fragen der Marinesoldaten gestellt hat. Damit steht der „Anwalt der Soldaten“ auf einer Linie mit der DBwV-Führung. „Ich bin mir mit dem Bundesvorsitzenden einig, dass das kommende Attraktivitätsgesetz uns einen Riesenschritt nach vorne bringt, aber richtig glücklich macht uns das noch nicht. Das kann nur ein erster Schritt sein, dem weitere folgen müssen“, sagt der FDP-Politiker.
Von Seiten der militärischen Führung ist Flottillenadmiral Rainer Endres nach Berlin gekommen, um mit den Soldaten zu sprechen und sich der Diskussion über die dringlichsten Probleme zu stellen. Im Marinekommando arbeitet der Abteilungsleiter Personal/Ausbildung/Organisation an einem der größten aktuellen Probleme in der Marine - dem Personalmangel. „Unser Ziel ist es, das Personalfehl in den kommenden fünf Jahren abzubauen“, sagt Endres, der auf spürbare Verbesserungen schon im Laufe dieses Jahres hofft. Gleichzeitig bittet er um etwas Geduld: Vieles könne einfach nicht von heute auf morgen geschehen.
Die Fachtagung des Vorstandes Marine läuft noch bis zum morgigen Mittwoch. Weitere Diskussionsteilnehmer sind der Leiter des Marinearsenals Wilhelmshaven, Christoph Otten, und der DBwV-Vorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner.