Ersatz statt Modernisierung: BMVg prüft die Beschaffung von fünf neuen Korvetten
Berlin. Keine kosten- und zeitintensive Modernisierung, sondern Neubeschaffung: Das Verteidigungsministerium plant offenbar den Erwerb von fünf weiteren Korvetten der K130-Klasse. Das geht aus einer Antwort des BMVg auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag hervor.
Fünf Korvetten der K130- oder Braunschweig-Klasse sind seit 2008 im Dienst der Marine. Die Schiffe, die einst als Ersatz für die Schnellbootflotte beschafft wurden, haben sich im Einsatz bewährt. Im Rahmen der Mission UNIFIL überwachen die Korvetten das Seegebiet vor der Küste Libanons. Zurzeit wird dort die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ eingesetzt. So weit, so gut. Doch obwohl noch vergleichsweise jung, droht den Korvetten des ersten Loses bald das Schicksal aller modernen, überwiegend digitalen Technik: Irgendwann – und das eher früher als später – ist sie veraltet. Das BMVg spricht in diesem Zusammenhang von Obsoleszenz.
„Zukünftige und eingetretene Obsoleszenzen Korvette K130 1. Los führen zu einem Fähigkeitsverlust“, heißt es in dem Dokument des BMVg. Um die vollständige Einsatzfähigkeit weiterhin zu gewährleisten, müssen die Einheiten also modernisiert werden, was zu langen und kostspieligen Werftaufenthalten führt. Die Alternative: Ersatz durch Neubeschaffung. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass dies bei zahlreichen Waffensystemen die günstigere Variante sein kann. Was im Falle der Korvetten die wirtschaftlichere Lösung ist, werde „derzeit ministeriell abgestimmt“, heißt es im Schreiben des BMVg.
Insgesamt plant die Marine aktuell mit zehn Korvetten. Ursprünglich waren übrigens mal 15 Boote vorgesehen. Im vergangenen Jahr wurde mit dem Bau von fünf Korvetten K130 des zweiten Loses begonnen, die nach Angaben des BMVg zwischen 2023 und 2025 in Dienst gestellt werden sollen. Die Kosten: rund 2,8 Milliarden Euro. In der Grundauslegung entsprechen die neuen Boote dem ersten Los, allerdings ist die Technik an Bord modernisiert. Auf diesen Stand müssten nun auch die vorhandenen Korvetten gebracht werden – oder eben durch Neubeschaffungen ersetzt werden, was den Bund weitere 2,8 Milliarden Euro kosten würde.
Gegen eine Modernisierung der Korvetten des ersten Loses spricht, dass damit nicht die Nutzungsdauer der Einheiten verlängert wird. Der schiffbauliche Zustand der Einheiten und die Hauptkomponenten des Plattformbetriebs würden im Zuge einer Obsoleszenzbeseitigung nicht erneuert, berichtet das Ministerium. Und weiter: „Das zunehmende Alter und die Abnutzung schränken die Verfügbarkeit ein und können zu gravierenden Kostensteigerungen in der Instandsetzung führen.“ Mit einer Neubeschaffung von fünf weiteren Korvetten als Nachbau der Boote des zweiten Loses würden sich zudem durch identischen Rüststand Synergieeffekte in Ausbildung, Instandsetzung und Betrieb ergeben.
Kein Prestigeprojekt, sondern zweckmäßige und notwendige Beschaffung
Für Fregattenkapitän Marco Thiele, Vorsitzender Marine im DBwV-Bundesvorstand, ist eine Neubeschaffung der Boote die bessere Option: „Der DBwV hat sich von Anfang an mit diesem Thema beschäftigt und die Problemlage aufgezeigt. Insofern begrüßen wir es als Verband, wenn sich das BMVg nun offenbar positioniert und für eine Neubeschaffung von Korvetten plädiert.“ Thiele weiter: „Es geht hier nicht um ein Prestigeprojekt der Marine, sondern um eine zweckmäßige und notwendige Beschaffung. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass sowohl die Dauer der ‚Hardwareupgrades‘ unkalkulierbar ist als auch die Kosten der Instandsetzung mit zunehmendem Alter der Schiffshülle exponentiell steigen. Deshalb ist eine Neubeschaffung mittel- bis langfristig voraussichtlich einfach preiswerter – im wahrsten Sinne des Wortes. Außerdem wird die Verfügbarkeit deutlich erhöht!“
Über die Korvetten wurde auch beim gemeinsamen Besuch des Bundesvorsitzenden, Oberstleutnant André Wüstner, und Fregattenkapitän Marco Thiele im Mai beim Inspekteur Marine und beim 1. Korvettengeschwader in Rostock gesprochen.
In der Marine würde man die Beschaffung eines dritten Loses Korvette K130 ebenfalls begrüßen. Fregattenkapitän Florian Feld, Kommandeur 1. Korvettengeschwader, sagt: „Der BundeswehrVerband hat sich von Beginn an für die Beschaffung weiterer Korvetten K130 – einem dritten Los – eingesetzt, da die Marine diese Einheiten dringend benötigt, um auch in den nächsten Jahren einsatzfähig zu bleiben. Damit würde einer sinkenden Verfügbarkeit durch das von Obsoleszenzen mittlerweile eingeholte erste Los vorgebeugt.“ Fregattenkapitän Feld weiter: „Der Bundesvorsitzende André Wüstner und der Vorsitzende Marine Marco Thiele haben uns mit voller Kraft unterstützt. Das macht die Arbeit und den Einsatz des BundeswehrVerbands aus.“
Korvettenkapitän Pascal Störk, Kommandant der Besatzung CHARLIE, sieht das ähnlich: „Für die Marine der Zukunft ist es entscheidend, den Betrieb von zehn baugleichen Korvetten durchgehend sicherzustellen, um ihre Aufträge zu erfüllen. Aber auch die Themen der Gegenwart haben den DBwV beschäftigt. Mit der Mitteilung, dass die Verfügbarkeit des ersten Loses aufgrund des hohen Mangels an Ersatzteilen immer mehr abnimmt, hat sich der Verband folgerichtig für die Beschaffung eines dritten Loses eingesetzt. Auf den DBwV war hierfür Verlass. Nur so kann die Marine ihre Bündnisverpflichtungen heute und in der Zukunft zuverlässig erfüllen. Der DBwV hat Gewicht und Durchsetzungskraft.“
Für Hauptbootsmann Christiane Kroner, Navigationsmeister, würde sich die mögliche Beschaffung eines dritten Loses K130 auch positiv auf die Motivation der Besatzungen auswirken: „Das gemeinsame Wirken von BundeswehrVerband, Marine und Politik hat sich bei der Beschaffung weiterer moderner Korvetten des Typs K130 drittes Los als Ersatz für die ersten fünf Korvetten wieder einmal bewährt. Eine erhöhte Verfügbarkeit von Einheiten wird auch ein Motivationsschub für die Soldaten sein, die darauf ihren Dienst verrichten werden.“ Hauptbootsmann Kroner fügt hinzu: „Dennoch darf man das erste Los K130 nicht aus den Augen verlieren. Diese Einheiten müssen absehbar bis zum Zulauf der neuen Korvetten weiterhin ihren Auftrag erfüllen können. Hierfür benötigen die Plattformen genügend Ersatzteile. Ich bin mir sicher, dass der Verband sich auch hierfür einsetzen wird.“
Zahlreiche Unterstützer findet die Idee der Neubeschaffung von Korvetten auch in der Politik. Die Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller (SPD) fordert eine Verbesserung der Materiallage der Marine – „sowohl im Bestand als auch durch Neubeschaffungen“. Die Verteidigungspolitikerin weiter: „Schiffbaulich sind die Korvetten des ersten Loses alt, die ‚Braunschweig‘ ist vor fast 15 Jahren vom Stapel gelaufen. Die Instandhaltungskosten bei Kriegsschiffen steigen für Hülle und Antrieb nach 10 bis 15 Jahren exponentiell. Dadurch erscheint es wenig sinnvoll, neue Hardware in ein altes Gehäuse zu bauen. Als Ersatz für das erste Los mit neuer Hardware in neuem Rumpf ist ein zusätzliches Los Korvetten vor allem dann geboten, wenn mittel- bis langfristig dadurch Kosten eingespart werden. Ziel dabei bleibt, über mehr seegehende Einheiten zu verfügen, die sich in einem besseren Zustand befinden!”
Für den Haushälter und Marineberichterstatter der CDU-Faktion im Bundestag, Ingo Gädechens, wäre es eine Win-win-Situation, wenn darauf verzichtet wird, viel Geld in die Modernisierung der älteren Korvetten zu investieren und die Marine stattdessen mit dem Ersatz durch ein drittes Los neue Einheiten eines einheitlichen Bauloses erhält. „Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Vorgehensweise: Die Marine müsste in dem Zeitraum ab 2025 fortfolgend keine Schiffe zur Modernisierung ins Trockendock abgeben, die älteren Korvetten des ersten Bauloses würden dann nämlich Zug um Zug durch neue Einheiten ersetzt. Eventuell könnte man die älteren Korvetten dann an Nato-Partner veräußern“, so der Vorschlag des Unionspolitikers.
Auch die FDP, von den Liberalen kam schließlich die Korvetten-Anfrage an das BMVg, signalisiert Unterstützung. „Die Prüfung eines dritten Korvetten-Loses als Ersatz für die ersten fünf Boote ist in jedem Fall zu unterstützen“, sagt der Bundestagsabgeordnete Christian Sauter, „das Ministerium sollte hier zeitnah Ergebnisse liefern und detailliert darlegen, welcher Lösungsweg favorisiert wird“. Sauter weiter: „Unabhängig davon, welcher von beiden Wegen am Ende favorisiert wird: Durch eine langfristige und kontinuierliche Planung wird Verlässlichkeit für die deutsche Marine geschaffen.“