02.08.2024
Eva Krämer

„Einen Kampf gegen den Klimawandel gibt es nicht"

Bereits vor über 40 Jahren machten Klimaforscher Vorhersagen zum Klimawandel. Fakten beweisen, dass es ihn gibt und wir mittendrin sind. „Trotzdem haben politische Akteure es irgendwie geschafft, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Lage noch nicht klar sei“, sagt Professor Harald Lesch. „Das Eis schmilzt nicht aus politischen Gründen, sondern weil es immer wärmer wird.” Man müsse alles tun, um jede Art von weiteren Verschärfungen des Klimawandels zu vermeiden. Dazu zähle vor allem der Ausstieg aus den fossilen Energien. Auch im Städtebau müsse man viel aktiver werden. „Es braucht weniger versiegelte Flächen und mehr Pflanzen“, so Lesch.

Die Bundeswehr: Dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt, belegen die Fakten. Haben wir den Kampf gegen den Klimawandel schon längst verloren?

Professor Harald Lesch: Wir sind mittendrin. Die Hitze ist ein stiller Klimakiller und tötet Menschen auf der ganzen Welt. Einen Kampf gegen den Klimawandel gibt es nicht, sondern wir müssen uns anpassen. Wir erleben gerade den Eingang in die 1,5-Grad-Welt. Im vergangenen Jahr lag die globale Durchschnittstemperatur erstmals zwölf Monate lang über 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Wir müssen alles tun, jede Art von weiteren Verschärfungen des Klimawandels zu vermeiden.

Die Bundeswehr: Was müssten politische Entscheidungsträger tun?

Professor Lesch: Das ist ganz einfach: So schnell wie es nur geht, in erneuerbare Energien investieren und so schnell wie möglich aus fossilen Energien aussteigen. Der Klimawandel ist nicht etwas, was erst seit kurzem bekannt ist. Schon vor über 40 Jahren machten Klimaforscher Vorhersagen. Trotzdem haben politische Akteure es irgendwie geschafft, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Lage noch nicht klar sei. Das Eis schmilzt nicht aus politischen Gründen, sondern weil es immer wärmer wird. Wie haben es nicht geschafft, politische Strömungen in den großen Ländern so zu verändern, dass alle gemeinsam daran arbeiten, dass kein CO2 mehr emittiert wird.

Die Bundeswehr: In den letzten 50 Jahren haben verschiedene Klimakonferenzen stattgefunden, bei denen sich die Regierungen verschiedener Länder auf zahlreiche Ziele geeinigt haben. Was bringen denn solche Konferenzen und Abkommen?

Professor Lesch: Wenn die Menschheit sich selbst bewusst werden will, dann braucht es solche globalen Konferenzen. Ich glaube, wir kommen nicht umhin, wenn wir eine globale Menschheit sein wollen, auch solche großen internationalen Konferenzen zu haben. Andererseits befreit es aber kein Land davon, sich endlich um das zu kümmern, was nötig ist. Für Deutschland heißt das, neben dem Ausstieg aus den fossilen Energien auch im Städtebau viel aktiver zu werden. Es braucht weniger versiegelte Flächen und mehr Pflanzen. Denn überall, wo Pflanzen sind, ist es rund vier Grad kühler. Klimakonferenzen können eine wichtige Orientierung sein. Aber die Verantwortung für die Handlungen haben immer noch die jeweiligen Regierungen der Länder.

Die Bundeswehr: Was müsste Ihrer Meinung nach ein neues Klima-Abkommen beinhalten?

Professor Lesch: Papier ist geduldig. Wir können die Länder ja nicht zwingen, das erledigt die Natur. Man kann nur versuchen, über entsprechende ökonomische Mittel möglichst viele Regierungen dazu zu motivieren, endlich Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, wie zum Beispiel weg vom Verbrennungsmotor. Dafür müssen die Regierungen Bedingungen schaffen, damit das gut funktioniert. Auf der anderen Seite müssen wir auch ganz klar sehen, dass es Akteure gibt, die nicht vollständig auf fossile Ressourcen verzichten können – zum Beispiel die Waffentechnologie, die wir brauchen, um unsere Sicherheit gewährleisten zu können. Das funktioniert mit Batterien momentan nicht, sondern wir brauchen eine verteidigungsfähige Armee zu Land, zu Wasser und in der Luft. Dabei sieht man, dass wir in gewissen Bereichen gar nicht dekarbonisieren können.

Die Bundeswehr: Einige Menschen behaupten immer noch, dass es keinen Klimawandel gibt. Was kann die Wissenschaft dem entgegensetzen?

Professor Lesch: Diesen Meinungen können wir nur Messungen gegenüberstellen. Wir messen seit 1800 das Wetter und damit auch das Klima. Und eigentlich braucht man den Klimawandel nicht mehr zu erklären, die Messungen beweisen ihn. Es ist wärmer geworden und es gibt mehr CO2 in der Atmosphäre. Seit 1800 pumpen wir die Atmosphäre mit Kohlendioxid voll. Im Jahr 1960 waren es gerade mal zehn Prozent mehr Kohlendioxid als in der vorindustriellen Welt. Inzwischen sind wir bei 50 Prozent mehr Kohlendioxid als in der vorindustriellen Welt. Daran sieht man, wie stark der Kohlendioxid-Ausstoß in den letzten 64 Jahren gestiegen ist. Die Fakten zum Klimawandel sind absolut eindeutig. Dagegen kann man nicht mehr argumentieren.

Die Bundeswehr: Umgangssprachlich werden Klima und Wetter oft gleichgesetzt. Doch wo ist der Unterschied?

Professor Lesch: Leider redet niemand über das Klima, sondern nur über das Wetter. Beim Klima geht es nicht um Einzelereignisse, sondern immer um die große Tendenz. Wenn man wissen will, wie sich das Klima verändert hat, empfehle ich mit Landwirten, Förstern, Winzern und anderen Menschen zu reden, die davon leben, was aus dem Boden kommt. Die Wassersituation in Deutschland hat sich extrem verändert. Im Harz kann man sehen, wie dort aufgrund von Wassermangel die Wälder verschwunden sind. Ich empfehle einen Blick auf die Welt zu werfen. Da sieht man eindeutig: Der Klimawandel ist schon lange da.

Die Bundeswehr: Man selbst fühlt sich oft machtlos, was den Klimawandel betrifft. Was kann man selbst tun? Hilft es, wenn man das Auto stehen lässt und mit dem Fahrrad fährt?

Professor Lesch: Erstmal hilft Fahrradfahren der Gesundheit und natürlich spart es auch CO2. Alles, was CO2 einspart ist erstmal gut. Unser Leben ist geprägt von Beschleunigung. Beschleunigung heißt mehr Leistung und mehr Leistung heißt mehr Energie, die wir verbrauchen. Deshalb ist unser Energieverbrauch sehr hoch. Den zu verringern wird das Ziel der nächsten Jahre werden. Dafür braucht es ein anderes Zeitmanagement, aber es würde zum Klimaschutz beitragen. Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Das heißt, wir haben Möglichkeiten zu handeln und wir können das Richtige tun. In vielen Ländern haben die Menschen gar keine Möglichkeiten, sie können die Auswirkungen nur aushalten. Wir haben die Pflicht und die Schuldigkeit, die Verantwortung zu übernehmen für das, was wir historisch angerichtet haben. Als eines der großen Wirtschaftswunderländer der letzten zwei Jahrhunderte sind wir für einen erheblichen Teil des CO2-Ausstoßes in der Atmosphäre verantwortlich. Und CO2 bleibt zwischen 250 und 1000 Jahren in der Luft!

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