Verteidigungsminister Boris Pistorius verteidigte den Einzelplan 14, obwohl er mehr Geld für die Bundeswehr gefordert hatte. Foto: picture alliance/Flashpic/Jens Krick

Verteidigungsminister Boris Pistorius verteidigte den Einzelplan 14, obwohl er mehr Geld für die Bundeswehr gefordert hatte. Foto: picture alliance/Flashpic/Jens Krick

11.09.2024
Von Yann Bombeke

Ein Rekordhaushalt, mit dem niemand zufrieden sein kann

Es war ein holpriger Weg, bis dieser Haushalt seinen Weg in den Bundestag gefunden hat. Dort kam es zum Auftakt dieser Haushaltswoche zum erwarteten Schlagabtausch zwischen Regierungskoalition und Opposition.

Berlin. Erst Anfang Juli hatte sich die Ampel-Koalition nach mühsamen Verhandlungen auf einen Haushalt geeinigt, der niemanden so richtig zufriedenstellen konnte. Auch nicht Verteidigungsminister Boris Pistorius, der einen Mehrbedarf in Höhe von sechs Milliarden Euro für sein Ressort angemeldet hatte, sich letztendlich jedoch mit einem kleinen Plus von 1,2 Milliarden Euro begnügen musste. Nur einen Monat darauf, mitten in der Sommerpause, mussten die Spitzen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP erneut zusammenkommen, um nachzuverhandeln. Denn wissenschaftliche Gutachten, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Auftrag gegeben hatte, ergaben Bedenken an der verfassungsrechtlichen und wirtschaftlichen Tragbarkeit einzelner Vorhaben im Haushaltsentwurf.

Nun wurde den Bundestagsabgeordneten doch noch der Haushaltsentwurf vorgelegt. Zunächst wurde über den Etat des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes debattiert – traditionell ist dieser Tagesordnungspunkt der Zeitpunkt für die Generaldebatte und damit zum Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Wenig überraschend dominierten die Themen, die zurzeit auch die Schlagzeilen in den deutschen Zeitungen ausmachen: Innere Sicherheit, Migration und Wirtschaft.

Scholz und Merz uneins über Ukraine-Kurs

Über äußere Sicherheit und Verteidigung wurde in der Generaldebatte nur wenig gesprochen. Bundeskanzler Olaf Scholz wiederholte seinen Aufruf, eine weitere Friedenskonferenz für ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine abzuhalten – mit Moskau am Tisch. „Jetzt ist der Moment, jetzt ist die Zeit, wo wir ausloten müssen, welche Möglichkeiten sich ergeben“, sagte der SPD-Politiker. Man wisse, dass manche rechtspopulistische und populistische Parteien gewählt hätten, weil sie nicht mit der Unterstützung der Ukraine einverstanden seien. Trotzdem sei es richtig, „dass wir die Ukraine unterstützen, so lange wie es notwendig ist“, sagte Scholz. Gleichzeitig werde man aber „alles dafür tun, dass die Möglichkeiten, Frieden zu haben, einen fairen Frieden, der kein Diktatfrieden, keine Kapitulation ist, der die Integrität und die Souveränität der Ukraine als überfallenes Land respektiert, dass ein solcher Frieden immer mit ausgelotet wird“, ergänzte der Kanzler.

CDU-Chef Friedrich Merz wies diesen Vorstoß zurück. Man werde den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einer solchen „Friedens- und Diplomatie-Rhetorik“ nicht zum Aufgeben bringen, sagte er. „Es bleibt unsere Pflicht, der Ukraine weiter zu helfen“, sagte Merz.

Zwei-Prozent-Ziel der NATO wird mit dem Sondervermögen erreicht

Am Nachmittag stand dann doch noch äußere Sicherheit und Verteidigung im Mittelpunkt, als es um den Einzelplan 14 ging. Der hat laut Haushaltsentwurf ein Gesamtvolumen von 53,25 Milliarden Euro – 1,25 Mrd. mehr als im Vorjahr. Die Ausgaben aus dem Sondervermögen hinzugerechnet, stehen rund 75 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit werde das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreicht, betonte Wolfgang Hellmich, der als erster Redner für die SPD das Wort ergriff. Der Sozialdemokrat verwies aber auch auf steigende laufende Betriebskosten der Bundeswehr. „Die geringe Erhöhung des Etats ist ernüchternd“, sagte Hellmich. Großprojekte könnten durch das Sondervermögen finanziert werden, so der SPD-Politiker, „aber bei vielen kleineren Projekten drohen Finanzierungsschwierigkeiten“.

Der CDU-Politiker Johann Wadephul verglich den von der Ampel-Koalition vorgelegten Haushalt mit den Fassaden der Kulissen in den Babelsberger Filmstudios. Dem Verteidigungsminister warf Wadephul „großspuriges Gerede“ vor. Die zusätzlichen 1,2 Milliarden Euro für die Bundeswehr reichten gerade mal aus, um Lohn- und Solderhöhungen aufzufangen. Wadephul warnte: „Es wird im kommenden Jahr mit dieser Ampelregierung und diesem Haushalt einen Rüstungsstopp geben.“

Hahn: Zeitenwende gescheitert

Diese Kritik wies der Verteidigungsminister zurück: Die geplanten Ausgaben in Höhe von 75 Milliarden Euro für die Bundeswehr seien ein Rekordwert. Aber auch das werde nicht ausreichen: „Wir werden in Zukunft mehr Geld ausgeben müssen“, sagte der Sozialdemokrat. An die Union gerichtet, sagte der IBuK: „Dinge, die Sie 15 Jahre lang verschlafen haben, holen wir jetzt im Speed-Tempo nach.“

Für Florian Hahn (CSU) hingegen ist die Zeitenwende „gescheitert“. Zum Minister sagte Hahn: „Sie kündigen zwar ständig etwas an, Sie können aber nicht liefern.“ Dies sei „grob fahrlässig für unsere Truppe und unsere Sicherheit“. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag sprach noch einen weiteren Punkt an: „Unsere Soldatinnen und Soldaten werden schon jetzt unpünktlich befördert und warten viele Jahre darauf, und das, obwohl sie gewissenhaft ihren Auftrag erfüllen.“ Hahn warnte: „Die Regel- und Laufbahnbeförderungen zum Leutnant können nach aktuellem Stand nächste Jahr nicht finanziert werden.“

Auch weitere Unionspolitiker kritisierten die Finanzpolitik der Ampel. Markus Grübel (CDU) sieht die Bundeswehr durch verspätete Nachbestellungen nach Abgabe von Material an die Ukraine in einem noch schlechteren Zustand als vor Beginn des russischen Angriffskrieges. Sein Parteikollege Ingo Gädechens bezeichnete den Haushalt als „unprofessionelles Flickwerk“.  „Wer etwas bestellt, sollte auch wissen, wie er es bezahlen kann“, sagte Gädechens.

Hypothek für die nächste Bundesregierung

Schaut man auf die mittelfristige Finanzplanung, wird deutlich, dass ein großes Loch klafft, wenn das Sondervermögen aufgebraucht ist. Dies wird 2028 der Fall sein. Der Verteidigungshaushalt müsste dann auf 80 Milliarden Euro anwachsen, wenn man weiterhin das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen will. „Die Zeitenwende ist kein Projekt für eine Legislaturperiode“, stellte Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) fest. Und weiter: „Wir müssen konstatieren: Wir hinterlassen der nächsten Bundesregierung eine Hypothek.“ Schäfer mahnte eine „verlässliche Finanzierung für unsere Verteidigung auch nach dem Ende des Sondervermögens“ an.  

Alexander Müller (FDP), möglicher kommender Wehrbeauftragter, gab sich hingegen zuversichtlich: „Wir werden die zwei Prozent auch in den nächsten Jahren dauerhaft schaffen.“ Unklar blieb jedoch, wie das geschehen soll. So sprechen sich die Grünen für ein Aufweichen der Schuldenbremse aus – für FDP und Union ist dies jedoch ein Tabuthema.

Für die AfD soll der Fokus auf der Landesverteidigung liegen, dafür sollten keine weiteren Waffen an die Ukraine geliefert werden, sagte etwa Dr. Michael Espendiller. Bekannte Kritik kam aus dem linken Spektrum: Gesine Lötzsch (Die Linke) rechnete vor, wie viele Kitas man für den Preis eines neuen Kampfpanzers finanzieren könne. Und Zaklin Nastic vom Bündnis Sahra Wagenknecht warnte vor „deutschen Panzern, die Richtung Moskau rollen“.

 

 

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick