Ein Jahr danach
Ihre Freude an den schönen Seiten des Lebens lassen sich die Pariser nicht nehmen: Sie feiern in den Bars. Sie kicken und jubeln im Stade de France und die Konzerthalle Bataclan wird ein Jahr nach den Anschlägen mit einem bereits ausverkauften Konzert von Sting wiedereröffnet. Der Alltag wird mutig gemeistert – aber die Angst vor dem Terror sitzt immer noch tief!
Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatten bei der koordinierten Anschlagsserie am 13. November 2015 in Paris 130 Menschen getötet: In der Konzerthalle Bataclan richteten sie ein Massaker an, Bars und Restaurants wurden beschossen, am Stade de France sprengten sich während des Fußball-Länderspiels Frankreich-Deutschland drei Selbstmordattentäter in die Luft. Der IS hatte in seinem Bekennerschreiben den französischen Militäreinsatz als Grund für die Anschläge angegeben.
Als Reaktion bombardierte die französische Luftwaffe zwei Tage nach der Anschlagsserie IS-Stellungen in Syrien. Aus Solidarität mit Frankreich unterstützte erstmals auch die Bundeswehr Luftangriffe gegen die Terrororganisation. Mitte Dezember 2015 betankte ein Flugzeug der deutschen Luftwaffe Kampfjets der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz. Als weitere Reaktion auf die Terrorserie in Paris wurden im Januar 2016 sechs deutsche "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge auf den türkischen Stützpunkt Incirlik verlegt, um über Syrien eingesetzt zu werden. Der Terror hörte aber nicht auf: Es folgten die Anschläge von Brüssel und Nizza.
Am ersten Jahrestag nach den Anschlägen in Paris ist ein „zurückhaltendes Gedenken“ angedacht. An den Orten der Attentate sollen Tafeln mit den Namen der Opfer aufgehängt werden. Es sei „ein Moment der Besinnlichkeit", den jeder auf seine Art verbringen solle, sagte Bataclan-Chef Jérôme Langlet auf einer Pressekonferenz anlässlich der Wiedereröffnung. Seit dem Anschlag war die Konzerthalle nur zwei Mal für Überlebende geöffnet worden, die den Tatort noch einmal sehen wollten – Traumabewältigung.
Der französische Präsident François Hollande hatte bereits auf der Gedenkfeier in Nizza Anfang Oktober vor einer Spaltung des Landes gewarnt: Die Terroristen wollten Angst schüren, um Misstrauen und Stigmatisierung anzuheizen. Dem setzen die Pariser wie gewohnt ihr „Savoir-vivre“ entgegen, auch wenn sie sich in ihrem bisherigen Lebensstil akut bedroht fühlen. Dieses diffuse Gefühl wird auch den Vorwahlkampf zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr beeinflussen – vielleicht sogar noch mehr als die Vielzahl der alltäglichen Probleme der Franzosen.