Ein Trupp des Kommandos Spezialkräfte mit Hund an einem H145M-Helikopter. Foto: Christian Spreitz

Ein Trupp des Kommandos Spezialkräfte mit Hund an einem H145M-Helikopter. Foto: Christian Spreitz

21.08.2020
Frank Jungbluth

„Ein heilsamer Veränderungsprozess“

Generalleutnant Alfons Mais, Inspekteur des Heeres, erklärt im Gespräch mit dem DBwV-Magazin „Die Bundeswehr“, warum das KSK sich ändern muss und der Kampf gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr einer konzertierten Aktion bedarf.


Die Bundeswehr: Wie beurteilen Sie die Vorgänge um das KSK? Wie sind aus Sicht des Inspekteurs des Heeres die Vorfälle zum Munitionsdiebstahl und den Verdachtsfällen zu Rechtsextremismus einzuschätzen?
General Alfons Mais: Die Nachricht vom Munitionsfund bei einem Angehörigen des KSK, des Munitionsdiebstahls und die rechtsextremistischen Verdachtsfälle der letzten Zeit haben mich erschüttert, sehr betroffen und nachdenklich gemacht, die ersten Monate meiner Amtszeit überschattet. Jeder Vorfall stellt für sich genommen und in der Gesamtheit eine neue Dimension dar. Hier führen der Orientierungsverlust und strafrechtlich relevante Handlungen einer Minderheit dazu, dass das Ansehen eines ganzen Verbandes und des gesamten Heeres in Mitleidenschaft gezogen werden. Das wird weder dem KSK noch den allermeisten anderen Kameradinnen und Kameraden gerecht, die insgesamt fest zu den Grundfesten unserer Verfassung stehen und diese Werte in sehr fordernden Einsätzen, unter höchst anspruchsvollen Einsatzbedingungen und auch unter Einsatz ihres Lebens jeden Tag verteidigen. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit: Wer nicht unverrückbar hinter dem Artikel 1 unseres Grundgesetzes und den sich daraus ableitenden Grundrechten und Werten steht, gehört nicht zu uns und ist mit aller Macht aus den Streitkräften zu entfernen. Dabei müssen wir jedoch darauf achten, unsererseits die rechtstaatlichen Prinzipien, die wir verteidigen, in der Praxis zu wahren.
 

Sie waren Mitglied in der Ar­beitsgruppe zum KSK, die von der Bundesministerin der Verteidigung eingesetzt wurde, um weiterführende Vorschläge zur Zu­kunft des KSK zu entwickeln. Wie schätzen Sie die Ergebnisse ein?
Die AG KSK war sehr ausgewogen zusammengesetzt und hat alle notwendigen Blickwinkel beleuchtet. Wir haben hier sehr offene, intensive und tiefgreifende Diskussionen geführt, erforderliche Maßnahmen erarbeitet und diese am Ende im Konsens der Bundesministerin der Verteidigung vorgelegt. Der bereits angesprochene Munitionsfund bei einem bereits unter Extremismusverdacht stehenden KSK-Soldaten stellt in seiner Dimension eine neue Qualität dar, das gilt meines Erachtens nun auch für das entschiedene Maßnahmenpaket. Es setzt den festgestellten Fehlentwicklungen sehr deutliche Konsequenzen entgegen, stellt dabei Weichen für einen tiefgreifenden, heilsamen Veränderungsprozess und erhält doch die so wichtige Einsatzbereitschaft des KSK in ihrem Kern, wenn auch mit reduzierter Durchhaltefähigkeit. Ich bin überzeugt, die eingeleiteten Maßnahmen sind wirksam und angemessen. Sie ermöglichen dem KSK, den eingeschlagenen Weg der Neuausrichtung konsequent weiterzugehen. Ich bin sehr sicher, dass die Angehörigen des KSK diese Chance ergreifen werden, und das Heer wird sie dabei unterstützen.

Welche Lehren lassen sich aus der Arbeit in der Arbeitsgruppe für das Heer ziehen?
Es ist genau diese Frage, die mich umtreibt und weshalb ich sehr dankbar bin, in der Arbeitsgruppe mitgewirkt zu haben. Augenscheinlich sind zunehmende und oft unversöhnliche Polarisierung, wachsender Extremismus im Allgemeinen und wachsender Rechtsextremismus im Besonderen gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, die auch in die Bundeswehr hineinreichen und unser Heer als Ganzes berühren und herausfordern. Daher kann und will ich nicht allein auf das KSK schauen, sondern unsere Wachsamkeit muss dem gesamten Heer gelten, Sensibilität und Courage ist von allen Angehörigen des Heeres erforderlich. Wir werden uns den Themen werteorientierter Erziehung und Prävention gegen das schleichende Gift extremistischer Parolen noch intensiver gemeinsam widmen. Hier tragen wir als ein bewaffneter Arm der Exekutive, dem der Erhalt der äußeren Sicherheit anvertraut ist, insgesamt und jeder Einzelne als Staatsbürger in Uniform eine besondere Verantwortung.

In welchen Bereichen wünschen Sie als Inspekteur des Heeres zusätzliche Unterstützung, um den Kampf gegen Rechtsextremismus noch effektiver führen zu können?
Der Kampf gegen den Rechtsextremismus bedarf einer konzertierten Aktion. Es ist kein Kampf, den das Heer – für das ich die Verantwortung tragen darf – alleine gewinnen kann. Wir brauchen die Unterstützung im System Bundeswehr, zum Beispiel durch eine enge Kooperation und permanenten Informationsabgleich mit dem BAMAD. Wir brauchen aber vor allem auch die aktive Mitwirkung jedes einzelnen Heeresangehörigen. Es darf hier kein Wegsehen, keine falsch verstandene Kameradschaft und keine Kompromisse geben. Wir brauchen Vorgesetzte, die sich ihrer Rolle als Führer, Ausbilder und Erzieher stellen. Die sich, auch unter Rückgriff auf ihre Disziplinarbefugnisse, Fehlentwicklungen konsequent entgegenstellen, diese im Keim ersticken, die Disziplin jederzeit aufrechterhalten und, wo geboten, die notwendigen Ermittlungsergebnisse für hoffentlich schnelle und effektive Verfahren der Truppendienstgerichte liefern. Auch die kontinuierliche Einbindung der psychosozialen Netzwerke sowie die enge Zusammenarbeit mit den Vertrauenspersonen und Personalvertretungen müssen in diesem Kontext genannt werden. Gemeinsam können wir es schaffen. Davon bin ich überzeugt. Wir sind das Heer, wir dienen Deutschland!

Hintergrund
Am 20. September 1996 wurde das Kommando Spezialkräfte (KSK) in der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw von Generalmajor Volker Löw in Dienst gestellt. Löw war damals Kommandeur des Kommandos Luftbewegliche Kräfte (KLK) und 4. Division.

Vorangegangen war eine monatelange sicherheitspolitische Diskussion über die Aufstellung neuer Spezialkräfte, nachdem während des Völkermordes in Ruanda 1994 belgische Fallschirmjäger deutsche Staatsbürger aus dem Kriegsgebiet evakuieren mussten. „Die Fähigkeit, im Notfall eigene Staatsbürger im Ausland aus Gefahr für Leib und Leben retten zu können, gehört zur grundlegenden Verantwortung eines jeden Staates“, hatte zuvor der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe erklärt.

Das KSK ist seit 20 Jahren in Afghanistan im Einsatz. Es gibt Soldaten im Verband, die 1000 Einsatztage am Hindukusch hinter sich haben. Jede Kompanie des KSK war circa zehnmal in Afghanistan.

Das KSK hat 1734 Dienstposten im Verband, von denen 1634 besetzt sind. Angehörige des KSK erhalten die vom DBwV erkämpfte Unterstützungszulage von 300 Euro pro Monat oder bei höherer Spezialisierung auch eine EGB vergleichbare Zulage von 550 Euro (Besonders befähigte Unterstützungskräfte KSK: Aufklärungsfeldwebel Spezialkräfte, Sanitätsspezialzug, Mobility Element Spezialkräfte).

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