Die besten technologischen Lösungen seien nicht hilfreich, wenn sie der Truppe vor Ort nicht zur Verfügung stehen, sagte Hauptmann Andreas Steinmetz (am Tisch sitzend, r.) bei der Podiumsdiskussion der AFCEA. Foto: DBwV/Görlich

Die besten technologischen Lösungen seien nicht hilfreich, wenn sie der Truppe vor Ort nicht zur Verfügung stehen, sagte Hauptmann Andreas Steinmetz (am Tisch sitzend, r.) bei der Podiumsdiskussion der AFCEA. Foto: DBwV/Görlich

26.03.2018
as/yb

Digitalisierung: Die Beschaffung hält nicht Schritt

Berlin. Ohne Kommunikation sind weder Führung noch Kampf möglich – diese Erkenntnis ist so alt wie das Jagen in Gruppen. Zwei Dinge haben sich aber in den vergangenen Jahren grundlegend geändert: Die Mittel sowie die Art und Weise der Übertragung.
Gerade bei den Streitkräften hat die mobile Kommunikation eine zentrale Bedeutung. Die rasanten Entwicklungen in diesem Bereich waren daher zentrales Thema einer Veranstaltung des AFCEA (Anwenderforum für Fernmeldetechnik, Computer, Elektronik und Automatisierung) am 22. März in Berlin.
 

Innovation vs. Sicherheit


Der Titel der Diskussionsrunde – „Smart Mobility versus Mobile Security“ – zeigt den Konflikt auf, den die schnelle technische Entwicklung aufwirft: Auf der einen Seite will man natürlich innovative Technologien schnell zum Einsatz bringen, um sich einen Vorteil in der Kommunikation zu verschaffen. Auf der anderen Seite gilt es, keine Systeme zur Anwendung zu bringen, die Sicherheitslücken aufweisen und aus dem vermeintlichen Vorteil am Ende ein Nachteil wird.

Das Aufzeigen der Anforderungen, Entwicklungsziele und bereits begonnenen Realisierungen auf der Behördenseite und Beiträge und Entwicklungen der Industrieseite zu den digitalisierten Anwendungen an den tatsächlichen Einsatzorten von Bundeswehr sowie anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) waren somit Inhalt der Veranstaltung.
 
Betrachtet und diskutiert wurden die Anwendung (auch marktgängiger) Kommunikationssysteme inklusive Datenübertragung, deren Vernetzung, die dafür genutzten oder angedachten Übertragungssysteme wie LTE, 5G oder 6G sowie die Forderungen der Nutzer aus Sicht des Mitveranstalters, des Deutschen BundeswehrVerbands. AFCEA und der DBwV ergänzen sich bestens im Interesse unserer Mitglieder – beide Organisationen sind seit zwei Jahren durch eine Kooperationsvereinbarung verbunden. Bei der Veranstaltung im Berliner Büro von Oracle in der Nähe des Gendarmenmarkts wurde der DBwV durch die beiden Stellvertreter des Bundesvorsitzenden, Oberstabsfeldwebel a.D. Jürgen Görlich und Hauptmann Andreas Steinmetz, vertreten.
 
Hauptmann Steinmetz wies in seinem Vortrag darauf hin, dass mehrere Problemfelder zu berücksichtigen seien – und dies im Kontext der im Weißbuch beschriebenen Herausforderungen. Was im Inland (BOS), im Kosovo und in Afghanistan für relativ wenige Nutzer bei technologischer Überlegenheit funktioniert habe, diene in der Gegenwart nicht zwingend zur Abschreckung, geschweige denn zur Verteidigung im V-Fall, so Steinmetz, der drei Fragen aufwarf, die es zu beantworten gelte: Was können die potenziellen Gegner? Was können wir? Und was muss getan werden, um eine glaubhafte Abschreckung zu erreichen und im Fall von Landes- und Bündnisverteidigung gewappnet zu sein?
 

Einsatztauglichkeit hat Vorrang vor Hightech


Nach Einschätzung des Stellvertreters des Bundesvorsitzenden hapert es schon an der Bestandsaufnahme und einem Nato-/EU-weiten Verständnis, was im Bereich der Kommunikation zu beschaffen ist. Der DBwV fordert, robuste, einsatztaugliche und verfügbare Kommunikation für ALLE auftragsgerecht sicherzustellen. Dabei haben Verfügbarkeit und Einsatztauglichkeit Vorrang vor Hightech sowie vor vorschriftenkonformer und langwieriger Beschaffung. „Erst wenn wir eine robuste und möglichst stör- und ausfallsichere Kommunikationsausstattung besitzen, mit der wir auch mit unseren Bündnispartnern kommunizieren können, sollten wir in einem weiteren Schritt uns durch Weiterentwicklung dem Hightech-Bereich nähern“, sagte Steinmetz.
 
Möglichst moderne, digitale Kommunikationsmittel dürften kein Selbstzweck sein, so Steinmetz. „Wir brauchen Sprache und gegebenenfalls Bilder – wie diese verarbeitet und transportiert werden, spielt für den ‚Endkunden‘ keine Rolle“, sagte das Bundesvorstandsmitglied. Um den Auftrag erfüllen zu können, müsse es Ziel sein, der Truppe einsatztaugliches Gerät zur Verfügung zu stellen zu können. Wenn die Wahl im Ernstfall zwischen keiner mobilen Kommunikation und handelsüblichem Funkgerät liege, dann sei Letzterem der Vorrang zu geben.
 
Zurzeit greifen jedoch im Grundbetrieb – zumindest dann, wenn es nicht um sicherheitsrelevante Vorgänge geht – die meisten bei der mobilen Kommunikation auf ihre privaten Handys zurück. Diese sind verfügbar und anwendbar. Das BMVg müsse die Realität zu Kenntnis nehmen und daraus für ALLE verfügbare Lösungen entwickeln, forderte Steinmetz. Und weiter: „Im Moment stecken wir fest: Da sind einerseits die sich schnell entwickelnden digitalen Lösungen und andererseits eine aus unterschiedlichen Gründen nicht mithaltende Beschaffung. Einschränkungen durch eigene Vorgaben müssen dringend beseitigt werden.“ Mehr Beachtung verdienten dabei die Thesenpapiere des Heeres zum Thema Digitalisierung.
 

Schnelle Beschaffung zwingend für Schlagkraft der Truppe


„Die beste technologische Lösung hilft uns nicht, wenn wir sie nicht vor Ort verfügbar haben und wir diese über die TSK-Grenzen hinaus nicht einsetzen können“, stellte Steinmetz fest. Deshalb sei eine enge Abstimmung dringend erforderlich. „Eine schnelle und umfassende Beschaffung muss zwingende Grundlage sein, um die Schlagkraft der Truppe zu gewährleisten“, sagte das Podiumsmitglied. Diesem Ziel müssten sich alle Prozesse unterordnen.
Leistung, Eignung, Befähigung und Verfügbarkeit gelte nicht nur für das Kommunikationsmittel, sondern natürlich auch für den Menschen, denn er sei es, der die Geräte warten, betreiben und bewirtschaften müsse, verdeutlichte Steinmetz. Und weiter: „Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, denn wenn er fehlt, dann nützt das beste Gerät auf dem Hof, auch bei Vollausstattung – welch ein Traum – nichts.“

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick