Ein Tornado ECR hebt bei Übung Red Flag 20-2 von der Nellis Air Force Base in den USA ab. Das in die Jahre gekommene Waffensystem ist von essenzieller Bedeutung für die nukleare Abschreckung  - eine Nachfolgelösung muss dringend gefunden werden. Foto: Bundeswehr/Ingo Tesche

Ein Tornado ECR hebt bei Übung Red Flag 20-2 von der Nellis Air Force Base in den USA ab. Das in die Jahre gekommene Waffensystem ist von essenzieller Bedeutung für die nukleare Abschreckung - eine Nachfolgelösung muss dringend gefunden und finanziert werden. Foto: Bundeswehr/Ingo Tesche

21.02.2022
Yann Bombeke

Die Russland-Krise führt es allen vor Augen: Die Bundeswehr braucht mehr Geld

Die Wehrbeauftragte hat es unlängst erneut deutlich gemacht, die Vorsitzende des Verteidigungsausschuss ebenso und der Deutsche BundeswehrVerband immer wieder: Der Bundeswehr müssen die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihre Aufträge erfüllen kann. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise in Osteuropa haben das nun auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bei der Münchner Sicherheitskonferenz bekräftigt.

Berlin. Zurzeit laufen die Verhandlungen über den Bundeshaushalt für das laufende Jahr und über die Eckwerte des Finanzplans bis 2026 – und das Spiel ist immer dasselbe: Jedes Ministerium beansprucht Geld für seine Vorhaben, mit dem Finanzminister, der die Staatskasse vor allzu großen Löchern bewahren möchte, wird um jeden Cent gefeilscht. Für die Bundeswehr skizzierte „Welt“-Autor Torsten Jungholt noch vor wenigen Tagen unter Berufung auf vertrauliche Verhandlungsdokumente ein düsteres Szenario: Im Verteidigungsetat drohe ein riesiges Loch, wenn die Pläne gemäß den Vorstellungen des Finanzministeriums umgesetzt werden. Konkret: Der Verteidigungsetat würde von 50,3 Milliarden Euro in diesem Jahr schrittweise auf 46,7 Milliarden Euro im Jahr 2026 gesenkt werden. Insgesamt würde sich so gegenüber dem vom BMVg gemeldeten Bedarf bis 2026 ein Loch von 37,6 Milliarden Euro ergeben. Von der Zwei-Prozent-Zusage an die NATO wäre man meilenweit entfernt.

Dabei sind die Streitkräfte schon jetzt mehr als nur am Anschlag, es fehlt an allen Ecken und Enden. Nicht finanziert sind aktuell das dringend benötigte Nachfolgesystem für den „Tornado“ – und der ist essenziell für Deutschlands Beitrag zur nuklearen Teilhabe im Bündnis – , der neue schwere Transporthubschrauber für die Luftwaffe, die digitale Führungsfähigkeit für das Heer, die K130-Korvetten für die Marine und, und, und.

Kanzler und Verteidigungsministerin bekennen sich zu höheren Verteidigungsausgaben

Dabei sollte jedem eigentlich mittlerweile angesichts der Krise mit Russland klar geworden sein, wie dringend diese Systeme und andere Ausrüstung von der Bundeswehr benötigt werden, um eine glaubhafte Abschreckung im Verbund mit den NATO-Partnern gewährleisten zu können. Der drohende Krieg um die Ukraine war natürlich auch zentrales Thema bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) am Wochenende – und dort bekundeten sowohl der Bundeskanzler als auch die Verteidigungsministerin, dass sich das Bündnis auf Deutschland verlassen könne. Die seit Jahren aktuellen Defizite sind beiden aber bekannt. Kanzler Scholz sagte bei der MSC: „Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen können, Soldatinnen und Soldaten, die optimal ausgerüstet sind für ihre gefährlichen Aufgaben, das muss sich ein Land unsere Größe, das besondere Verantwortung trägt in Europa, leisten können.“

Mit dem Rückenwind der Worte des Bundeskanzlers bekräftigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am darauffolgenden Tag, ebenfalls bei der MSC, dass Deutschland ein verlässlicher Partner sei und versprach, mehr Geld für das Militär aufzuwenden. „Wir werden kontinuierlich diese Verteidigungsausgaben auch erhöhen“, sagte sie in einer Diskussionsrunde zur Zukunft der EU-Sicherheits- und Außenpolitik. Die klare Botschaft aus München sollte für Finanzminister Christian Lindner nicht zu überhören gewesen sein.

Oberst Wüstner fordert Sondervermögen zur Finanzierung des Bedarfs

„Wenn die Politik den Worten von München Taten folgen lassen will, dann braucht es jetzt ein Sofortprogramm für die beschleunigte Beschaffung von Ausrüstung“, sagte Oberst André Wüstner der „Welt“. Der Bundesvorsitzende fügte hinzu, dass ein Sondervermögen benötigt werde, „das die Finanzierung des Materialbedarfs gewährleistet“.

Ebenfalls der „Welt“ sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, dass die Sicherheitskonferenz eine Bestätigung gewesen sei „für das, was klar auf der Hand liegt: Wir brauchen mehr Haushaltsmittel“. An die Verteidigungsministerin gerichtet, mahnte Strack-Zimmermann aber auch eine effizientere Beschaffung an. „Dazu gehört auch der Kauf von Material, welches bereits auf dem Markt ist.“

Das alte Problem der langwierigen Beschaffungsprozesse ist auch Eva Högl bewusst. In der vergangenen Woche sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Die Ukraine-Krise zeigt, dass es manchmal auch sehr schnell gehen muss.“ Das sehe man jetzt etwa bei der Verlegung von Kräften nach Litauen und Rumänien. „Die Bundeswehr braucht mehr Geld, damit sie schnell, flexibel und wirksam handeln kann.“ Wie der Bundesvorsitzende spricht sich auch die Wehrbeauftragte für ein Sofortprogramm mit einem Sondervermögen aus und fordert ein Verteidigungsplanungsgesetz, um große Investitionsvorhaben oder kostenintensive Maßnahmen finanzieren zu können.

Die Botschaft scheint beim Finanzminister angekommen zu sein. Im „Bericht aus Berlin“ der ARD sagte der Finanzminister: „Wir müssen die Bundeswehr so ausstatten, dass sie ihrem Auftrag gerecht werden kann.“ Angesichts der sich verschärfenden Lage in Osteuropa stellte Lindner eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben in Aussicht. Wie diese Erhöhung aussehen soll, darüber muss der Finanzminister jetzt mit der Verteidigungsministerin reden. Die Haushaltsplanung soll am 9. März vom Bundeskabinett beschlossen und verkündet werden.

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