Die Rettungskette entscheidet alles
Wie gelingt es in der Landes- und Bündnisverteidigung, Verwundete vom Gefechtsfeld zu retten und medizinisch zu behandeln? Bei der Großübung Grand Quadriga übten die Berliner Sanitätskräfte vom Sanitätsregiment 1 gemeinsam mit den Soldatinnen und Soldaten der Panzerbrigade 12 in Litauen mehrere Wochen für den Ernstfall.
Anfang Mai sind die Sanitätssoldatinnen und -soldaten von Berlin zum litauischen Truppenübungsplatz in Pabrade aufgebrochen. Vor Ort übten sie gemeinsam mit den Kräften der Panzerbrigade 12 die Rettung und Versorgung von verwundeten Soldatinnen und Soldaten in verschiedenen Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung. Im Mittelpunkt standen hierbei der Aufbau und Betrieb des leichten, hochmobilen Rettungszentrums sowie der Patiententransport innerhalb der Rettungskette.
Gleichzeitig trainierten die Sanitätssoldatinnen und -soldaten den Umgang mit ihrem Material und den Fahrzeugen. Neben dem einsatzerfahrenen und gestandenen Personal sind einige auch das erste Mal bei einer Übung dabei. Besonders beim Aufbau des Rettungszentrums ist es wichtig, mit den Bestandteilen und den Abläufen vertraut zu sein, um es möglichst schnell auf- und bei Bedarf wieder abzubauen.
Die medizinische Versorgung einer Kampftruppenbrigade
„Wir bilden im Rahmen der Übung Grand Quadriga das Sanitätsbataillon der Panzerbrigade 12.“ Die Bataillonsgliederung der Sanitätskräfte sei an den Bedarf der Heeresbrigade angepasst, so Oberfeldarzt Tamara Pace Ross. „Unsere Aufgabe ist es, im Ernstfall die medizinische Versorgung der im Gefecht Verwundeten sicherzustellen. Dazu trainieren wir hier gemeinsam mit den Kräften des Heeres“, erläutert die Kommandeurin vom Sanitätsregiment 1 Führungsbereich Berlin. Das umfasst zum einen den Patiententransport von den Rettungsstationen der Kampftruppe in das Rettungszentrum und zum anderen die erste notfallchirurgische Behandlung.
Bei der Übung wurde vor allem die eindrucksvolle Leistungsfähigkeit des Rettungszentrums als Behandlungsebene 2 demonstriert. Das mobile Feldkrankenhaus in der für die NATO Response Force (NRF) zertifizierten Variante „Role 2 Basic“ zeichnet sich vor allem durch seine kurze Aufbau- und Abbauzeit aus. Es besteht aus neun Zelten und aus einer sternförmigen Anordnung von vier Containern, in denen die zwei Operationssäle untergebracht sind. Innerhalb von 24 Stunden können hier bis zu 16 chirurgische Eingriffe durchgeführt werden. „Hier fahren wir allerdings Volllast“, betont Stabsarzt Freia W.*, „realistisch betrachtet sind es nur zehn in 24 Stunden.“
Aus dem Gefecht heraus schnell Leben retten
Entscheidend für das Überleben von verwundeten Soldatinnen und Soldaten ist eine funktionierende Rettungskette – auch unter Gefechtsbedingungen. Das beginnt bereits bei der Selbst- und Kameradenhilfe innerhalb der ersten zehn Minuten. Hierbei müssen vor allem Wunden mit kritischen Blutungen so schnell wie möglich versorgt werden. Im Anschluss müssen die Verwundeten zum Verwundetensammelpunkt oder auch Casualty Collection Point (CCP) gebracht werden. Erst hier werden sie von Sanitätskräften übernommen und mit dem geschützten Sanitäts-Boxer zur notfallmedizinischen Versorgung in die Rettungsstation gefahren.
In den Rettungsstationen, auch als Behandlungsebene 1 bezeichnet, werden erste notfallmedizinische Behandlungen durchgeführt, um die Patientinnen und Patienten zügig für den Transport zu stabilisieren. Nach dem Abholprinzip werden sie mit Rettungswagen, zum Beispiel vom Typ Duro 3 Yak, zur weiteren medizinischen Versorgung ins Rettungszentrum beziehungsweise in die Behandlungsebene 2 gefahren. Darauf hat Kompaniechefin Freia W.* auch ihren Ausbildungs- und Übungsschwerpunkt für ihre Sanitätssoldatinnen und -soldaten gelegt. Als Höhepunkt stand hierfür eine kräftezehrende 48-Stunden-Übung mit einem Massenanfall von Verwundeten auf dem Programm.
Gemeinsam üben und voneinander lernen
Die multinationale Übung Grand Quadriga in Litauen böte insgesamt viele Gelegenheiten, um gemeinsam zu üben und um ein besseres Verständnis für die jeweiligen Abläufe zu bekommen, resümiert Pace Ross. In die 48-Stunden-Übung waren beispielsweise auch Kräfte der Panzergrenadier-, der Logistik-, aber auch der ABC-Abwehrtruppe eingebunden. So wurde unter anderem das taktische Entseuchen von Sanitätsfahrzeugen oder die Versorgung mit Treibstoff bei Tag und in der Nacht geübt. Das sind mitunter wichtige Voraussetzungen, damit die medizinische Versorgung und die Rettungskette im Ernstfall funktionieren können.
Fünf Wochen konnten die Sanitätskräfte viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Die Rückreise nach Berlin ist für die 108 Soldatinnen und Soldaten mit ihren 40 vollgeladenen Fahrzeugen die letzte Übungsetappe. Ihr Weg führt sie über den Hafen vom litauischen Klaipeda mit einer Fähre über die Ostsee zurück nach Deutschland.
*Namen zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten abgekürzt.