„Das Gedenken erinnert uns daran, was auf dem Spiel steht“
Mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen wurde in ganz Deutschland der Volkstrauertag begangen. Vielerorts war der Deutsche BundeswehrVerband dabei. Auch im Bundestag wurde der Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft gedacht.
Berlin. Bei der Gedenkstunde im Bundestag erinnerte General a.D. Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, an den brutalen Krieg in der Ukraine, der viele Opfer auf beiden Seiten fordert. Aber auch auf den Zweiten Weltkrieg und seine Millionen Opfer ging Schneiderhan ein: „Jeden Tag erreichen uns zahlreiche Anfragen von Angehörigen nach dem Schicksal oder Sterbeort ihrer Familienmitglieder. Für die Angehörigen ist dieser Krieg nicht vorbei, sie spüren die Lücke, die der Gefallene hinterlassen hat – auch noch in den nachfolgenden Generationen.“
Schneiderhan weiter: „Das Gedenken erinnert uns daran, was auf dem Spiel steht. Denn ein Krieg kennt unabhängig vom militärischen Verlauf nur Verlierer. Deshalb ist es so wichtig, ihn zu verhindern und eine stabile Friedensordnung zu schaffen.“ Im Bundestag verfolgten der Stellvertreter des Bundersvorsitzenden, Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, und der Vorsitzende der Soldaten und Veteranen Stiftung, Hauptmann a.D. Uwe Köpsel, die Gedenkstunde.
Zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit dem rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis – Rumänien ist in diesem Jahr Partnernation des Volksbundes – an der Neuen Wache in Berlin, der zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, einen Kranz niedergelegt.
Pistorius: „Erleben eine Zeit der Krisen und Kriege“
Am Sonntagvormittag wurde im Bendlerblock der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Auch an dieser Veranstaltung nahm Oberstleutnant i.G. Bohnert teil. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte: „Wir erneuern ein Versprechen: Niemals werden die unzähligen Gefallenen, Verwundeten und Traumatisierten, die Zerstörung und das unermessliche Leid der Vergessenheit überlassen.“ Es liege „in unser aller Verantwortung, an die Folgen und Schrecken und Krieges zu erinnern und zu mahnen“. Pistorius weiter: „Wir erleben eine Zeit der Krisen und Kriege und umso wichtiger ist es, innezuhalten, zurückzuschauen und zu erinnern. Nur so können wir als Gesellschaft mit Bedacht eine Zukunft gestalten, die den Wert von Frieden und Freiheit niemals verkennt.“
Zehn Jahre Wald der Erinnerung
Zwei Tage vor dem Volkstrauertag wurde mit einem Festakt und einer multireligiösen Andacht das zehnjährige Bestehen des Waldes der Erinnerung, einer der zentralen Gedenkstätten der Bundeswehr, gewürdigt. An der emotionalen Veranstaltung nahmen für den DBwV Oberstleutnant i.G. Bohnert, der Vorsitzende der SVS, Hauptmann a.D. Köpsel, sein Stellvertreter Fregattenkapitän Marco Thiele, der Bezirksvorsitzende Berlin-Brandenburg, Hauptmann Christian Weber, sowie der Vorsitzende ERH im Landesverband Ost, Stabsfeldwebel a.D. Frank Udo Reiche, teil.
Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Bernd Schütt, sprach von einem „bedeutsamen Tag für die Erinnerungskultur der Bundeswehr“. Schütt weiter: „Wir verknüpfen diesen Tag mit dem Gedenken zum Volkstrauertag und mit dem Gedenken an die Toten der Auslandseinsätze sowie die mehr als 3300 Angehörigen der Bundeswehr, darunter mein Sohn, die ihr Leben in der Ausübung ihres Dienstes verloren.“ Der Wald der Erinnerung in Schwielowsee bei Potsdam ist seit 2014 Erinnerungsstätte für die 119 Soldatinnen und Soldaten, die in den Einsätzen der Bundeswehr ihr Leben ließen. Dort sind sieben Ehrenhaine aus den jeweiligen Einsatzgebieten wieder aufgebaut worden. Im kommenden Jahr soll das 4500 Quadratmeter große Areal mit dem Ehrenhain aus Mali vervollständigt werden. Generalleutnant Schütt versprach, dass der Wald der Erinnerung auch nach der Zusammenführung von Einsatzführungskommando und Territorialem Führungskommando zum Operativen Führungskommando der Bundeswehr ein Ort der Erinnerung, der Mahnung und des Gedenkens bleiben werde.
Nach einem emotionalen Lied des Berliner Musikers Jesse Cole betonte der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Generalleutnant Andreas Hoppe, die Bedeutung des Waldes der Erinnerung insbesondere für die Hinterbliebenen der toten Kameradinnen und Kameraden. „Für Sie, liebe Hinterbliebene, soll dies ein Ort sein, der Ihnen Trost, aber auch Halt bietet.“ Die Hinterbliebenenvertreterin Tanja Menz, ihr Sohn Konstantin fiel 2011 in Afghanistan, hob das Besondere am Wald der Erinnerung hervor: „Dies ist ein lebendiger Ort.“ Bei ihrem ersten Besuch habe sie gehofft, „diesen Ort immer besuchen zu können und dass sichtbar bleibt, dass der Soldatenberuf eben kein Beruf wie jeder andere ist“. Im Anschluss sprach Hauptmann Christian Weber, der Bezirksvorsitzende Berlin-Brandenburg, von einer der „emotionalsten Veranstaltungen seit langer Zeit“.
Oberstleutnant i.G. Bohnert sagte: „Der Wald der Erinnerung ist ein würdiger Ort des Gedenkens, mit dem vor zehn Jahren der Grundstein für eine neue Gedenkkultur der Bundeswehr gelegt wurde. Für die Hinterbliebenen und Besucher bietet er viele Gelegenheiten zu erinnern und individuell zu trauern. Es ist wichtig, dafür zu werben, dass noch mehr Bundeswehrangehörige und Bürgerinnen und Bürger den Weg nach Potsdam-Schwielowsee finden. Als Deutscher BundeswehrVerband engagieren wir uns auch weiterhin für die Stärkung der Veteranen- und Gedenkkultur in unserem Land.“
Gedenkveranstaltungen in ganz Deutschland
In ganz Deutschland gedachten Vertreter des Deutschen BundeswehrVerbandes bis auf Kameradschaftsebene der Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft. So legte der Vorstand der Soldaten und Veteranen Stiftung im Vorfeld einen Kranz am Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblock nieder. Für den Vorstand Luftwaffe nahm Oberstabsfeldwebel Heiko Stotz an der Gedenkveranstaltung am Ehrenmal der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck teil, der Vorsitzende Marine, Fregattenkapitän Marco Thiele, war bei der Gedenkveranstaltung am Ehrenmal der Marine in Laboe dabei.
Der stellvertretende Vorsitzende Heer, Stabsfeldwebel a.D. Frank Heidemann, nahm an der Kranzniederlegung am Ehrenmal des Deutschen Heeres in Koblenz teil. Eine besondere Würdigung erfuhr dabei Feldwebel Erich Boldt, der am 16. November 1961 bei einem Sprengunfall sein Leben verlor. Bei einem Gewöhnungssprengen auf dem Truppenübungsplatz Putlos rollte eine bereits gezündete Sprengladung in den Deckungsgraben zurück. Boldt warf sich auf die detonierende Ladung und rettete damit zwei Kameraden das Leben. Ihm zu Ehren wurde die Unteroffizierschule des Heeres in „Feldwebel-Boldt-Kaserne“ umbenannt.
In #Erinnerung an eine besonders selbstlose und herausragende Tat! Dem Kameraden zu Ehren wurde die Unteroffizierschule des #Heer?es in Feldwebel-Boldt-Kaserne umbenannt. Seiner #Gedenken wir heute. #DasHeerVergisstNicht#HeldendesHeerespic.twitter.com/JPkyHWx6qi
— Inspekteur des Heeres (@Inspekteur_Heer) November 16, 2024
Für den Landesverband Ost nahm der Landesvorsitzende, Hauptmann Ralf Baasch, an Gedenkveranstaltungen auf dem Friedhof Delitzsch sowie an den Gedenksteinen Laue und Roitzsch teil. In Baden-Württemberg war der Landesvorsitzende Süddeutschland, Oberstleutnant a.D. Josef Rauch, bei der Gedenkfeier der Landesregierung im Neuen Schloss Stuttgart. Die Gedenkveranstaltung in Munster besuchte der Landesvorsitzende Nord, Oberst Thomas Behr. Der Vorsitzende ERH im Bundesvorstand, Hauptmann a.D. Ingo Zergiebel, nahm an der internationalen Gedenkfeier des Volksbundes auf dem Friedhof Lilienthalstraße in Berlin teil.
Nach Millionen Toten im Ersten Weltkrieg wurde der Volkstrauertag 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge vorgeschlagen und 1925 zum ersten Mal begangen. In seiner jetzigen Form gibt es den Volkstrauertag seit 1952 – Jahr für Jahr zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag.