Bis vor wenigen Tagen kannte kaum jemand die kleine Ortschaft Butscha. Doch die furchtbaren Bilder der dort begangenen Kriegsverbrechen haben die Welt schockiert. Foto: Twitter/Ukrainisches Verteidigungsministerium

Bis vor wenigen Tagen kannte kaum jemand die kleine Ortschaft Butscha. Doch die furchtbaren Bilder der dort begangenen Kriegsverbrechen haben die Welt schockiert. Foto: Twitter/Ukrainisches Verteidigungsministerium

06.04.2022
Yann Bombeke/dpa

Bundestag verurteilt Gräueltaten von Butscha

Die Bilder aus der ukrainischen Stadt Butscha haben am vergangenen Wochenende die Welt erschüttert – ein solches Massaker hat es in Europa seit dem Ende der Jugoslawienkriege nicht mehr gegeben. Mehr als 400 getötete Zivilisten wurden in der kleinen Ortschaft unweit der Hauptstadt Kiew geborgen – allem Anschein nach ermordet durch russische Soldaten, die vor wenigen Tagen aus der Stadt abgezogen waren. Und immer noch tauchen im Netz weitere Bilder von toten Männern und Frauen auch an anderen Orten auf, die von den ukrainischen Streitkräften befreit wurden. Das Ausmaß der Kriegsverbrechen ist noch lange nicht absehbar. Auch wenn Russland versucht, jede Schuld von sich zu weisen und die Massaker auf die Gegenseite zu schieben – Organisationen wie Human Right Watch und Journalisten, die vor Ort waren, sehen die Täter eindeutig auf russischer Seite.

Heute hat sich der Bundestag in einer aktuellen Stunde mit dem Massaker von Butscha beschäftigt. „Die Bilder, die uns aus der Ukraine erreichen, sie sind schrecklich, sie zeigen brutalste Gräueltaten, die an Zivilisten begangen werden“, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. „Wenn wir ehrlich sind, dann ist dieser brutale Angriffskrieg schon ein Verbrechen“, ergänzte die Sozialdemokratin und sprach von einer „Entmenschlichung, die alle Grenzen überschritten hat“. Die Verteidigungsministerin sieht die Schuld nicht nur beim russischen Staatschef Putin, sondern auch bei jedem Kommandanten vor Ort und bei jedem Soldaten, der eine solche Tat ausführe. Es müsse alles dafür getan werden, dass „jeder einzelne Kriegsverbrecher seine harte Strafe“ bekomme, so Lambrecht. Um Putin zu stoppen, werde man die Ukraine wo immer möglich unterstützen. Auf die bereits verhängten Sanktionen würde weitere gezielte Maßnahmen folgen, sagte Lambrecht. Man arbeite zudem „mit Hochdruck“ daran, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern.

Damit sich das „System Putin“ nicht durchsetzen kann, sei auch eine wehrhafte Bundeswehr notwendig, betonte Lambrecht. Es ginge darum, „uns und unsere Verbündeten gegen militärische Erpressung und Gewalt abzusichern“, sagte Lambrecht abschließend.

Johann Wadephul (CDU) sprach von einem „Krieg, der auf barbarische Art und Weise“ geführt werde und weder auf Frauen, Kinder oder Alte Rücksicht nehme. Da man mit einem Verständigungsfrieden nicht rechnen könne, müsse man sich entscheiden, „auf welcher Seite wir stehen wollen“, so der Verteidigungspolitiker. „In dieser Situation muss Deutschland, muss die freie Welt alles tun, damit Putin diesen Krieg nicht gewinnt“, forderte Wadephul und betonte, dass die Ukraine auch schweres Gerät brauche, um sich erfolgreich zu verteidigen. Von der Bundesregierung verlangte Wadephul, dass sie sich klar bekennen und eine Führungsrolle übernehmen müsse – erst recht nach dem Massaker von Butscha.

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin verlangte die konsequente Bestrafung aller Beteiligten an den Gräueltaten von Butscha: „Wir dürfen keinen dieser Morde vergessen. Keiner dieser Mörder darf straffrei ausgehen.“ Man werde alles tun, um Beweise zu sichern und die Verantwortlichen auch tatsächlich vor Gericht zu bringen. „Straffreiheit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist Beihilfe.“ Trittin räumte Irrtümer im Umgang mit Russland und Kreml-Chef Wladimir Putin ein. „Wir haben geirrt, als wir geglaubt haben, man könnte so jemanden mit ökonomischen Mitteln abschrecken. Putin schert sich nicht um ökonomische Abschreckung. Er versteht nur die Abschreckung durch Militär und Gewalt.“ Auch den Irrtum, dass Wandel durch Handel geschaffen werde, müsse man beenden.
 
„Wladimir der Schreckliche“

Der Grünen-Politiker plädierte dafür, nicht mehr von Sanktionen gegen Russland zu sprechen. Denn die ergriffenen Maßnahmen würden nicht mehr rückgängig gemacht, betonte er. Was hier stattfinde, sei nichts anderes als die Abkopplung Russlands von den Märkten Europas, der USA und der G7-Staaten. „Wir schicken das Russland von Wladimir dem Schrecklichen zurück in die Zeit der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts.“

Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Regierungsbefragung Verteidigungsministerin Christine Lambrecht gegen den Vorwurf in Schutz genommen, sie gebe zu zögerlich Waffen an die Ukraine ab. „Ich weiß, dass die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht alles unternimmt, was angesichts der Beschlusslage unserer Alliierten und mit Blick auf die Fähigkeiten der Bundeswehr machbar ist“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch über seine Parteikollegin in der Regierungsbefragung im Bundestag. „Was wir aus den aktuellen Beständen der Bundeswehr an Waffen liefern können, alles das, was sinnvoll ist und schnell wirkt, das wird geliefert.“ Mit Blick auf das Massaker von Butscha sagte Scholz, dass man damit rechnen müsse, aus anderen Orten noch weitere solche Bilder zu sehen.

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