Bundeskanzler Olaf Scholz sagte im Bundestag, dass Russlands Präsident Wladimir Putin weiterhin auf Krieg und Aufrüstung setze. Foto: picture alliance/REUTERS/Liesa Johannssen

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte im Bundestag, dass Russlands Präsident Wladimir Putin weiterhin auf Krieg und Aufrüstung setze. Foto: picture alliance/REUTERS/Liesa Johannssen

26.06.2024
Von Yann Bombeke

Bundeskanzler bekennt sich klar zu EU und NATO – Opposition fordert mehr Führungsverantwortung

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich im Bundestag klar zur Einbindung Deutschlands in europäische und transatlantische Strukturen bekannt. Zudem attackierte der SPD-Politiker die Opposition von AfD und BSW, die bei den Europawahlen starke Ergebnisse erzielt hatten.

Berlin. Zu Beginn seiner Regierungserklärung zum Europäischen Rat und zum NATO-Gipfel sagte Bundeskanzler Olaf Scholz, dass die ständigen Krisen der vergangenen Jahre – Corona-Pandemie, russischer Angriffskrieg in der Ukraine und Krieg in Nahost – das Vertrauen in Deutschland erschüttert hätten, was die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni auch gezeigt hätten. „Dem müssen wir uns stellen“, sagte Scholz.

Der Kanzler betonte, dass Europa für Deutschland eine „zentrale nationale Aufgabe“ sei. Das Wahlergebnis vom 9. Juni sei ein Einschnitt, so Scholz. Zudem betonte er aber, dass drei von vier Menschen in Europa pro-europäische Parteien gewählt hätten. „Wir müssen dafür sorgen, dass Zuversicht wieder wächst“, sagte der Sozialdemokrat.

Mit Bezug auf die starken Wahlergebnisse von AfD und BSW bei den Europawahlen warnte Scholz vor einer Spaltung der Gesellschaft. „Natürlich geht es auch um Demokratie und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, denn wenn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gegeneinander aufgebracht werden, dann ist das eine Gefahr für unsere Demokratie und den Zusammenhalt.“

Mit Blick auf den Europäischen Rat mahnte Scholz nach der Einigung zwischen Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen auf die Besetzung der wichtigsten EU-Posten eine schnelle Umsetzung an. „Wir dürfen uns keine Hängepartei in diesen schwierigen Zeiten leisten, die Bürgerinnen du Bürger erwarten keinen Streit um Posten, sondern schnelle Arbeit der europäischen Institutionen.“ Ursula von der Leyen (CDU) soll Kommissionspräsidentin bleiben, während die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas EU-Außenbeauftragte werden soll. Für Scholz sind dies „gute Besetzungen“.

Im Juli wird Olaf Scholz zum NATO-Gipfel nach Washington reisen, vor den Abgeordneten des Bundestages setzte ein klares Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis. „Putin setzt weiter auf Krieg und auf Aufrüstung“, warnte Scholz. „Das wird am deutlichsten an seinem vermeintlichen Waffenstillstandsangebot. Auch Gebiete, die noch nicht widerrechtlich von en Russen besetzt sind, sollen hergegeben werden, die Ukraine soll sich entmilitarisieren, sie soll auf jeden militärischen Beistand künftig verzichten.“ Scholz weiter: „Wer glaubt, dass die Ukraine das überleben würde und wer glaubt, dass daraus ein dauerhafter Frieden in Europa wird, der muss schon sehr viel Russia Today schauen.“ Der russische Präsident müsse erkennen, dass er das Ziel einer Unterwerfung der Ukraine auf dem Schlachtfeld nicht erreichen werde.

Der NATO-Gipfel vom 9. bis 11. Juli werde auch eine stärkere Rolle des Bündnisses bei der Koordinierung von Unterstützung und Training für die Ukraine spielen, so der Kanzler, der keine Zweifel an der Partnerschaft mit den USA aufkommen ließ. „Wir konnten uns auch in schwierigen Situationen immer auf die Vereinigten Staaten verlassen und deshalb bleibt es auch jetzt: Die transatlantische Sicherheit ist von zentraler Bedeutung, auch wenn wir an die Sicherheitsperspektiven der Ukraine denken. Wir werden weiter in engster Abstimmung mit unseren amerikanischen Freunden arbeiten.“ Scholz betonte: „Durch das, was wir da machen, wird die NATO nicht Teil des Konfliktes, diese Grenze werden wir nicht überschreiten.“ Scholz nutzte auch die Gelegenheit, dem Niederländer Mark Rutte als designierten Nachfolger von Jens Stoltenberg als Generalsekretär des Bündnisses zu gratulieren: „Er wird ein ausgezeichneter NATO-Generalsekretär sein“, sagte Scholz.

Merz warnt vor Einflussnahme der „Achse der Autokratien“

Auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz begrüßte die Personalentscheidungen auf europäischer wie auf transatlantischer Ebene. „Das wird ein sehr guter neuer NATO-Generalsekretär, so wie es auch der scheidende NATO-Generalsekretär war“, sagte Merz zu Rutte als Nachfolger Stoltenbergs. „Wir können stolz darauf sein, dass sich solche Persönlichkeiten in den Dienst der transatlantischen Sache stellen.“ Auch der CDU/CSU-Fraktionschef warnte vor einer „Achse der Autokratien“, die in allen Regionen der Welt destabilisierenden Einfluss nehme, den Gestaltungsspielraum von Demokratien zurückdränge und krisenhafte Entwicklungen zu ihren Gunsten ausnutze. „Die Konflikte in der Ukraine und in Nahost sind nur scheinbar voneinander getrennt“, sagte Merz, „in Wahrheit agieren Russland, Iran, Nordkorea und auch China nicht isoliert voneinander – im Gegenteil“.

„Gegen diese Bedrohung müssen wir Europäer uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, politisch, selbstverständlich diplomatisch, aber letztendlich wo notwendig auch mit militärischer Abschreckung und Verteidigung zur Wehr setzen“, forderte Merz. Die Effekte dieser Bedrohungen seien bereits sichtbar: „Russland und China versuchen, einen spaltenden Keil in unsere Gesellschaft und zwischen die europäischen Völker zu treiben“, sagte der Unionspolitiker. Die Mittel seien Desinformation, Propaganda, Wahleinmischungen und tägliche Angriffe auf Datennetze und Infrastruktur. An die AfD-Abgeordneten gerichtet sagte Merz: „Nützliche Idioten hätte Sie Lenin mit Genugtuung genannt, wenn er dieses Treiben von Ihnen heute noch beobachten könnte.“ Vor diesem Hintergrund hätten schon die Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni stattgefunden.

Scharfe Kritik äußerte der Oppositionsführer aber auch an der Regierungskoalition. „Von keinem anderen Land in Europa geht gegenwärtig so viel Unklarheit und Unsicherheit aus, wie gegenwärtig von Deutschland aus, dem Land, das eigentlich der europäische Stabilitätsanker und das Land sein müsste, von dem zusammen mit anderen Führungsverantwortung ausgehen müsste für ganz Europa.“ Die Koalition werde nur noch zum Machterhalt zusammengehalten, sie habe keine Idee, keinen Plan, kein Konzept mehr für Deutschland.

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