Die Fregatte „HDMS Triton” der Königlich Dänischen Marine passiert einen Eisberg in den Gewässern um Grönland: Auch auf die Seefahrt wirkt sich der Klimawandel in vielen Bereichen aus. Foto: NATO/Flickr

Die Fregatte „HDMS Triton” der Königlich Dänischen Marine passiert einen Eisberg in den Gewässern um Grönland: Auch auf die Seefahrt wirkt sich der Klimawandel in vielen Bereichen aus. Foto: NATO/Flickr

04.08.2024
Gunnar Kruse

Alle Teilstreitkräfte stehen vor großen Herausforderungen

Die NATO hat den Klimawandel als Bedrohung für die weltweite Sicherheit im Blick. In ihrer jüngsten Bewertung der Situation wird sie deutlich. Auch die Bundeswehr sieht den Kampf gegen die Klimaveränderung und deren Auswirkungen als strategische Aufgabe.

Det Finnes Ikke Dårlig Vær – Bare Dårlige Klær.“ Was sich im norwegischen Original sogar reimt, ist auch im Deutschen mittlerweile zum geflügelten Wort geworden: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.“ Wer dies nun mit Blick auf den Klimawandel etwas flapsig auf Soldaten, ihre Uniformen und Ausrüstung überträgt, macht gleich zwei Fehler. Zum einen ist – kurz gesagt – das Wetter nur ein kurzfristiger Zustand, während die das Wetter prägende Klimaänderung langfristig und tiefgreifend größere Regionen beziehungsweise Klimazonen betrifft. Und zweitens: Mit besserer Kleidung ist es aufgrund der Komplexität des Themas bei weitem nicht getan.

Wie komplex das Ganze ist, zeigt ein Blick in das aktuelle „NATO Climate Change and Security Impact Assessment“, das zum Auftakt des jüngsten Gipfels der Allianz in Washington veröffentlicht wurde. Die Publikation enthält eine ganze Reihe an Beispielen, welche Auswirkungen der Klimawandel aus Expertensicht hat und haben wird. Beispiel Marine: Änderungen an Luft- und Meerestemperaturen, Salzgehalt, Windgeschwindigkeit, Niederschlagsmuster, Strömungen – im maritimen Bereich sind Seestreitkräfte und ihre Leistungsfähigkeit zunehmend beeinträchtigt, heißt es unter anderem.

Stürme, Überschwemmungen und der Anstieg des Meeresspiegels gefährden die Infrastruktur wie Häfen und Trockendocks. Erhöhte Versauerung und erhöhter Salzgehalt der Ozeane beschleunigen die Korrosion von Schiffen. Die zunehmend rauere See verkürzt die Lebensdauer von Propellern, was sich auf ihre Leistung auswirkt und häufigere Wartungsmaßnahmen notwendig macht. Und immer höhere Meerestemperaturen stellen höhere Anforderungen an die Kühlung von Schiffsantriebs- und anderen lebenswichtigen Systemen.

Zu heiß im Panzer

Sieht es bei den Land- und Luftstreitkräften weniger dramatisch aus? Eher nicht. Der Waldbrand im Juli 2023 in Mittelgriechenland, der ein Munitionsdepot der griechischen Luftwaffe in der Nähe von Nea Anchialos bedrohte, veranschaulicht die Risiken, die Naturkatastrophen für die militärische Infrastruktur darstellen.

Ein weiteres Beispiel in der NATO-Einschätzung sind Panzer. Tests des kanadischen Verteidigungsministeriums hätten während des Afghanistankriegs erhebliche Risiken für Panzerbesatzungen gezeigt, die bei Außentemperaturen von 35 bis 44 Grad Celsius innerhalb von ein, zwei Stunden einsatzunfähig wurden. Zur Abschwächung dieser Auswirkungen seien teilweise „persönliche Mikrokühlungslösungen“ für Panzerbesatzungen eingesetzt worden.

Probleme bei Starts und Landungen

Zudem würden steigende Temperaturen die Luftdichte verringern, was sich negativ auf die Leistung von Flugzeugen vor allem beim Start und bei der Landung auswirke. Nach den vorliegenden Studienergebnissen wird sich dies unter anderem auf die Frachtkapazitäten auswirken.

Tatenlos will die Allianz das alles nicht hinnehmen. „Die NATO bleibt ihrem kollektiven Ziel treu, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit der Verbündeten besser zu verstehen, sich darauf einzustellen und sie zu mildern“, heißt es im Vorwort von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Mit dem aktuellen „NATO Climate Change and Security Impact Assessment“ werde eine Verpflichtung erneuert: Die Allianz solle die führende internationale Organisation werden, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit zu verstehen und sich darauf vorzubereiten. Eines sei klar: „Keine Region der Welt und kein Einsatzbereich wird vom Klimawandel verschont bleiben“.

Deutschland stellt sich strategisch auf

Der Kampf gegen den Klimawandel wurde auch in den deutschen Streitkräften bereits aufgenommen. Eingebettet in die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung wurden die Nachhaltigkeitsziele der Bundeswehr entwickelt. Bereits im November 2023 veröffentlichte das Verteidigungsministerium eine Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie. Im Frühling dieses Jahres folgte die Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ des BMVg. In deren Vorwort bezeichnet Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Klimawandel als „absehbar die zentrale Herausforderung für die Menschheit, der unsere Welt tiefgreifend verändert“.

Komplementär angelegt

„Die Klimapolitik beruht grundsätzlich auf zwei Säulen: der Abschwächung von Auswirkungen des Klimawandels auf der einen Seite und der Anpassung an eben diese auf der anderen. Diese Säulen werden im BMVg in zwei verschiedenen Strategien betrachtet, die jedoch komplementär zu verstehen sind“, sagt Christina Goßner aus dem BMVg.

Oberstes Ziel der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ sei es, dass die Bundeswehr auch unter den sich verändernden klimatischen Bedingungen einsatzfähig bleibe. Steigende Temperaturen hätten schließlich nicht nur Einfluss direkt auf Personal und Material, sondern beispielsweise auch auf bislang eingespielte Verfahren. „Unter anderem wird es in Deutschland aufgrund zunehmender Extremwetterereignisse auch mehr Hilfeersuchen an die Bundeswehr geben“, sagt Christina Goßner, die als Referentin für den Themenkomplex Verteidigung und Klimawandel im BMVg-Strategiereferat Politik II 1 die Umsetzung der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ steuert.

Diese ist das Produkt eines langen Erarbeitungsprozesses. Nach dem Auftakt im Oktober 2022 folgten diverse Arbeitsrunden mit Vertretern aller Abteilungen des BMVg und der nachgeordneten Bereiche, bis nach rund eineinhalb Jahren der Prozess schließlich abgeschlossen war. Dabei sei das Fachwissen von mehr als 50 Expertinnen und Experten eingeflossen, so Christina Goßner.

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