Museumsleiter Ralf Raths mit dem Nachbau des "A7V" im Deutschen Panzermuseum Munster Foto: Deutsches Panzermuseum

Museumsleiter Ralf Raths mit dem Nachbau des "A7V" im Deutschen Panzermuseum Munster Foto: Deutsches Panzermuseum

01.02.2017
dpa

100 Jahre alt: Der erste deutsche Panzer hatte noch einen Brieftaubenwart

Munster. Wie ein umgedrehter Schiffsrumpf steht der graue Koloss in der Halle, vorn nur ein kurzes Geschütz über dem Eisernen Kreuz. So hat er ausgesehen, der "A7V", der erste deutsche Panzer überhaupt. Vor 100 Jahren wurde er im Januar 1917 den verantwortlichen Militärs in Berlin vorgestellt, nur wenige Monate nach dem ersten Angriff der Briten mit der neuen Waffe. Entscheidend wurde sie erst nach den Materialschlachten der Jahre 1914 bis 1918.

Der "A7V" im Deutschen Panzermuseum Munster ist ein Nachbau. Schwer vorstellbar, dass in dem nur gut sieben Meter langen Gefährt im Kampfeinsatz meist um die 20 Soldaten Platz finden mussten. Dazu gehörten außer dem kommandierenden Leutnant der Stammbesatzung auch zwölf MG-Schützen sowie etwa Offiziersbursche, Geschützführer und Richtkanonier. Für die Kommunikation war ein Brieftaubenwart dabei.

"Die Lebensbedingungen hier drin waren fürchterlich", sagt Museumsleiter Ralf Raths. Von zwei Motoren angetrieben brachte der "A7V" die Soldaten ins Gefecht. "Im Innern konnten sie sich nur gebückt bewegen, wenn überhaupt", beschreibt Raths. "Es herrschten Enge, Gestank und ohrenbetäubender Lärm." Eine Innenbeleuchtung gab es nicht, wegen der Motoren stieg die Temperatur auf bis zu 60 Grad.

30 Tonnen schwer, nicht schneller als zu Fuß

 

In der monatelang tobenden Schlacht an der Somme hatten die Briten nach schwersten Verluste erstmals Panzer eingesetzt, das war am 15. September 1916. Sie sollten im Stellungskrieg Stacheldrahtbarrieren und Gräben überwinden, um die Maschinengewehre und Feldgeschütze auszuschalten. Allein am ersten Tag der Schlacht im Juli hatten die Briten mehr als 19 000 Gefallene zu beklagen. "Sie haben Blut durch die Panzer gespart", sagt Raths. Technisch war es eine Premiere mit vielen Pannen, doch psychologisch waren die Tanks ein Erfolg.

"Viele der deutschen Soldaten in den Stellungen erstarrten, als die stählernen Ungetüme mit ihren Raupenketten auf sie zurollten und um sich schossen", sagt Raths. 30 Tonnen schwer, nicht schneller als ein Spaziergänger - aber scheinbar unaufhaltsam. "Entlang der gesamten Front griffen die deutschen Soldaten zu Begriffen wie Monster, Drache oder Ungeheuer." In Deutschland und Österreich blieben die Generäle zurückhaltend, rar gewordene Metalle wurden für U-Boote gebraucht. "Auf dem Land schien eine Panzerabwehr mit klassischen Waffen erfolgversprechend genug zu sein", sagt Raths.

Doch um nicht ganz den Anschluss zu verlieren, begannen die Deutschen hastig mit der Entwicklung eines eigenen Panzers. Im Januar 1917 wurde der Prototyp in Berlin vorgeführt. "Gegen einen groß angelegten Panzerbau entschied sich die Oberste Heeresleitung wegen der fehlenden Ressourcen und der mangelnden Erfolgsaussichten - also aus guten Gründen", sagt Raths. Benannt wurde der "A7V" nach dem zuständigen Amt der Abteilung 7 Verkehrswesen.

Bis Kriegsende wurden nur 20 der neuen Kampfwagen fertiggebaut. Ende Oktober 1917 begann die Auslieferung, am 21. März 1918 kam es zum ersten Einsatz. Der Aufbau aus Stahlplatten saß auf einem ungepanzerten Fahrgestell, das Monstrum wog 32 Tonnen.

Oft überhitzten beim Einsatz die Motoren, die Ketten sprangen ab, immer wieder versagte das Getriebe - den Briten ging es nicht besser. Ein "A7V" mit dem Namen "Mephisto" kippte in einen der Granattrichter und wurde von der Besatzung aufgegeben. Australische Soldaten bargen das Gefährt, 1919 wurde es nach Sydney gebracht. Heute steht der Panzer in Brisbane, er gilt als letzter erhaltener "A7V" weltweit.

Heute rollen in Munster moderne "Leopard 2"

 

Engländer und Franzosen entwickelten die neuen Gefährte weiter. Im November 1917 durchbrachen fast 500 britische Tanks in der Schlacht von Cambrai die deutschen Linien. "Die Panzer waren für die Alliierten äußerst nützlich, aber keine Wunderwaffen - sie brachten keine strategische Wende", sagt Raths. "Schnell wurden die deutschen Meister der Panzerabwehr, auch konnten sie rund hundert Tanks erbeuten und selber einsetzen."

Panzer veränderten erst später den Krieg für immer, ohne sie wären etwa Hitlers schnelle Eroberungsfeldzüge zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht möglich gewesen.

Hundert Jahre nach dem "A7V" sind in Deutschland produzierte Panzer ein von Rüstungsgegnern heftig kritisierter Exportschlager. In Munster ist das Ausbildungszentrum der Bundeswehr für ihre Panzereinheiten. Über die Truppenübungsplätze dort rollen die modernen High-Tech-Panzer wie der "Leopard 2". Er gelte als weltweit leistungsfähigster Kampfpanzer und werde in 18 Staaten genutzt, heißt es beim Hersteller. Während der Fahrt lassen sich Ziele in einer Entfernung von mehreren Kilometern bekämpfen, der Panzer kann gut 70 Stundenkilometer erreichen. Platz haben vier Soldaten und viel Computertechnik - ein Brieftaubenwart ist nicht mehr nötig.

Rechtzeitig zum Jubiläum erleben die Panzer nicht nur in Deutschland ihre Renaissance. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage will die Bundeswehr vor allem mit Kampf- und Transportpanzern aufrüsten. Außerdem werden in Litauen zur Abschreckung Russlands mehr als zwei Dutzend deutsche Kampfpanzer stationiert.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick