Er will den Menschen zeigen, was im Einsatz passieren kann
DBwV-Mitglied Maik Mutschke ist Teil des deutschen Teams, das bei den Invictus Games in Düsseldorf antreten wird. Er hofft, dass dieses Event ein Umdenken in der deutschen Gesellschaft bewirken kann.
Maik Mutschke fokussiert sich. Ein letzter Check: Liegt die Diskusscheibe gut in der rechten Hand? Dann geht Mutschke leicht in die Knie, dreht sich blitzschnell um die eigene Achse und schleudert die Scheibe durch die Luft. Die Diskusscheibe fliegt richtig weit – und landet fast lautlos im Sand. Ein gutes Stück weiter, als die meisten seiner Teammitglieder geworfen haben. Einer von ihnen ruft: „Stark! Du musst ins Diskus-Team!“
Oberfeldwebel Mutschke ist einer von 40 Athleten der deutschen Mannschaft, die bei den Invictus Games in Düsseldorf antreten werden. Erst vor wenigen Minuten hat er sich von einem Trainer zeigen lassen, worauf er beim Diskuswerfen achten muss. Mutschke will es einfach mal ausprobieren. Das Trainingslager des deutschen Invictus-Teams an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf ist die perfekte Gelegenheit dafür.
Trainingslager ist der „Wahnsinn“
„Die Organisation und die Rahmenbedingungen hier in Warendorf sind mega. Sie ist quasi das Alpha-Tier unter den Sportstätten der Bundeswehr“, erzählt Mutschke. „Die Abläufe, die Infrastruktur: Es ist echt Wahnsinn, besser kannst du es eigentlich nicht haben.“ An der Wache der Sportschule weist nichts auf das Trainingslager des deutschen Teams hin. Man muss schon aufs Gelände dürfen – so wie an diesem Tag Ende März, an dem Medienvertreter das Team begleiten dürfen.
Vor dem Gebäude, das die deutsche Mannschaft liebevoll „Wohnzimmer“ nennt, peitscht eine schwarz-gelbe Invictus-Games-Flagge im Wind. Drinnen eine Mischung aus Chill-Out- und Fitness-Areal: Es gibt Lounge-Sessel, Rudergeräte, Fahrradergometer, eine Tischtennisplatte, Kaffee und Tee. Einer hat für das Team selbstgebackene Kekse mitgebracht. Sie sind schnell vergriffen.
An einem Ende des Raums sind in einem großen Quadrat Tische und Stühle angeordnet, für die Teammeetings. Dazu ein kleines Zelt, in dem man sich auch mal unter vier Augen unterhalten kann. Die Regel für das „Wohnzimmer“: Es darf nicht gefilmt oder fotografiert werden, die Athleten sollen hier einen Rückzugsort haben.
„Wir sitzen hier abends gerne zusammen, bestellen uns Pizza oder etwas beim Chinesen“, erzählt Mutschke. „Wir besprechen dann zum Beispiel in kleineren oder größeren Gruppen teaminterne Dinge.“ Die Stimmung im Team sei super. „Die Leute fragen dich: ,Wie geht’s dir, was ist passiert, brauchst du Hilfe?’ Und dann wächst das relativ schnell zusammen“, sagt Maik.
Er selbst hat seine Geschichte auch schon häufig in den Medien erzählt. Maik ist 2010 in Afghanistan, als er und seine Kameraden beim Karfreitagsgefecht in einen Hinterhalt der Taliban geraten. Maik wird schwer verletzt, kämpft sich aber ins Leben zurück. Und ist jetzt zum ersten Mal bei den Invictus Games dabei.
„Einfach Flagge zeigen, dass wir Team Deutschland sind. Dass wir Soldaten sind, die physisch, psychisch versehrt sind. Dass wir Menschen sind, die für ihr Land eingestanden sind und jetzt zeigen können: Wir haben es geschafft und uns zurückgekämpft“, beschreibt er seine Motivation. „Ich kann wieder etwas für unser Land geben und mir selbst beweisen: Trotz Einschränkungen ist es immer möglich, man kann alles schaffen.“
Immer gut gelaunt und auch mal frech
Egal, ob die Kamera läuft oder nicht: Maik spricht immer Klartext. Der Oberfeldwebel ist authentisch, er macht es einem leicht, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Auch wenn man ihn eben erst kennengelernt hat, kommen von Beginn an die flotten, gutgelaunten und manchmal auch frechen Sprüche. Eine Charaktereigenschaft, die auch seine Teamkollegen zu schätzen wissen. Und natürlich kommt auch der eine oder andere Spruch zurück, wie der Besuch in Warendorf zeigt.
Maiks Tage im Trainingslager sind durchgetaktet: Frühstück gegen 6.30 Uhr, zusammen mit dem Großteil des Teams. Das erste Teammeeting um 7.15 Uhr, danach die erste Trainingseinheit. Mittagspause, dann wieder Training, bis etwa 17 Uhr. Die Athletinnen und Athleten des deutschen Teams trainieren sportartenspezifisch in Gruppen, haben aber auch die Gelegenheit, individuelle Einheiten zu absolvieren. Bei Fragen stehen Trainer und Sportpsychologen mit Rat und Tat zur Seite. Das Motto der deutschen Mannschaft: „Spaß haben!“
Darum probiert Maik auch das Diskuswerfen aus. Ob er im September dann auch tatsächlich bei den Invictus Games in dieser Disziplin antreten wird, weiß er noch nicht. „Mal schauen, wie es sich mit dem Kugelstoßen beißt“, sagt Mutschke. Beim Kugelstoßen reizt ihn die Kombination aus Kraft und Beschleunigung. Diese Sportart ist für ihn bei den Invictus Games in Düsseldorf gesetzt, genau wie die Sprints über 100 beziehungsweise 200 Meter. „Ich habe mega Bock auf diese Kurzdistanzen. Das hört sich jetzt vielleicht lustig an, aber du musst einfach nur sauber aus dem Startblock kommen, Vollgas geben und über die Ziellinie“, erklärt Maik. „Ich sage immer aus Spaß: Auf der Strecke musst du so viel Gas geben, selbst wenn dir danach schlecht ist, nach der Ziellinie kannst du dich auskotzen. Hauptsache, du kommst aufs Treppchen“, fährt er fort und lacht.
Zwei weitere Trainingslager wird es noch für das gesamte deutsche Team geben, bevor die Invictus Games am 9. September in Düsseldorf starten. Der Deutsche BundeswehrVerband unterstützt die Veranstaltung – die Vorfreude auf die vom DBwV gesponserten Trikots für das deutsche Team ist riesig. „Jeder von uns hat schon so viel Hilfe vom Verband bekommen“, sagt Maik, der selbst Mitglied im Deutschen BundeswehrVerband ist. „Dass der Verband die Trikots sponsert, hat sich im Team schon rumgesprochen. Ich finde das hammer, muss ich echt sagen.“
Auch dass die Invictus Games zum ersten Mal in Deutschland stattfinden werden, ist für Maik etwas Besonderes: „Wir können Deutschland zeigen, was Soldaten in den Einsätzen passieren kann und was die schlimmen Folgen sein können. Darüber wird wenig gesprochen.“ Es gebe nun einmal nicht überall auf der Welt Frieden, so Maik weiter und die Anerkennung der zivilen Bevölkerung für Soldatinnen und Soldaten „fehlt ja gefühlt auch immer irgendwie“. „Die mag vielleicht im Stillen da sein, aber man bekommt sie nie zu spüren.“ In Düsseldorf werde das hoffentlich anders.
Maik hofft auch, dass die Invictus Games in Deutschland etwas in der deutschen Gesellschaft bewirken können: „Ein Umdenken, eine andere Wertschätzung wäre schön. Dass die Leute auch das Gefühl bekommen: ,Krass, was die durchmachen. Und trotzdem machen sie weiter und motivieren sich.’“
Wer noch mehr über Maik Mutschke erfahren möchte: Hier geht es zur Podcast-Folge von „Die Lage“
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