„Ich bin sicher, bei den Spielen wird ein Feuer der Begeisterung entfacht”
Stephan Keller ist Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die nordrhein-westfälische Kapitale richtet in diesem Jahr die Invictus Games aus. Von königlichen Gästen und dem Fokus, in den die Bundeswehr endlich wieder gehört.
Die Bundeswehr: Herr Dr. Keller, in Düsseldorf werden in diesem Jahr die Invictus Games gefeiert, das Treffen Kriegsversehrter zum sportlichen Wettkampf in einer besonderen, familiären Atmosphäre. Was bedeuten die Spiele für die Landeshauptstadt, in der zwar Behörden der Bundeswehr und das Landeskommando NRW zu Hause sind, aber keine Kampfeinheiten mehr?
Stephan Keller: Die erste deutsche Ausrichterstadt der Invictus Games zu sein, ist für Düsseldorf eine große Auszeichnung. Düsseldorf ist eine Sportstadt mit vielen Facetten, in der zugleich Weltoffenheit, Gastlichkeit und Inklusion gelebt werden. Deshalb passen die Invictus Games zu unserer Stadtgesellschaft, die sich darauf freut, Gastgeber für dieses außergewöhnliche Sportereignis zu sein.
Veteranen, Kriegsversehrte, Verwundete – das sind Begriffe, die in Deutschland während der vergangenen Jahre eher im Verborgenen besprochen worden sind. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist die Bundeswehr ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Inwieweit können die Invictus Games ein Multiplikator sein, um den Soldatenberuf in eine breitere Öffentlichkeit zu rücken?
Die Invictus Games sind eine einmalige Chance, den Soldatenberuf in den Fokus zu rücken. Denn hier gibt es in Deutschland dringenden Aufholbedarf. Wir als Stadt Düsseldorf mit unseren Veranstaltungsexperten der städtischen Tochter D.Live mit D.Sports werden alles dafür tun, dass die Invictus Games für Sportlerinnen und Sportler wie auch für alle Gäste und TV-Zuschauer nachhaltig in Erinnerung bleiben werden.

Ein Zuhause für Respekt – A Home For Respect: Das ist der Slogan der IG 23, die zum ersten Mal in der Geschichte dieser internationalen Spiele gemeinsam von einer Stadt und einer militärischen Organisation wie der Bundeswehr organisiert werden. Warum sind Sie diesen neuen Weg gegangen?
Düsseldorf hat hervorragende Sportstätten. Von der Arena bis zum Rheinbad steht ein außergewöhnlicher Sportpark für die Invictus Games zur Verfügung. Hinzu kommen die Veranstaltungsprofis von D.Live, die das passende Know-how für Großveranstaltungen einbringen. Das perfekte Zusammenspiel mit der Bundeswehr ist Garant für die erfolgreiche Ausrichtung eines solchen Events.
2014 wurden die IG zum ersten Mal in London ausgetragen: Treiber für die Spiele in der heutigen Form war und ist Prinz Harry aus dem britischen Königshaus Windsor. Eine große Ehre für Düsseldorf und auch eine Verpflichtung, ein so besonderes Ereignis auszurichten. Macht das den Oberbürgermeister auch ein wenig stolz?
So eine außergewöhnliche Veranstaltung ausrichten zu dürfen, erfüllt unsere ganze Stadt mit Stolz – und ist zugleich eine Verpflichtung, das Beste für unsere Gäste zu liefern. Eine Verpflichtung, der wir nur allzu gerne nachkommen. Für Düsseldorf und für die Bundeswehr sind die Invictus Games eine Herzensangelegenheit. Ich bin mir sicher: Bei den Invictus Games wird ein Feuer der Begeisterung entfacht!

Invictus heißt “unbesiegt”. Zehntausende Besucher der Spiele in Düsseldorf werden Sportler erleben, auch aus dem Kriegsgebiet Ukraine, die zwar nicht besiegt, aber für ihr Leben gezeichnet sind von ihrem Einsatz für ihr Land als Soldaten. Was macht aus Ihrer Sicht Menschen so besonders, die ihr Leben einsetzen, um zum Beispiel die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die wir in Deutschland so schätzen, mit Leib und Leben zu verteidigen?
Das Leben in Frieden und in Freiheit hier in Deutschland ist alles andere als selbstverständlich. Die Bundeswehr ist unsere Parlamentsarmee und steht im Dienst unserer Demokratie, die es immer wieder zu verteidigen gilt. Die Invictus Games werden auch deutlich die großen Opfer zeigen, die diese teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten für ihr Land gebracht haben.
Ist die Achtung für Veteranen und Kriegsversehrte in Deutschland schon angemessen oder gibt es noch einiges zu tun? Man sprach in der Vergangenheit eher von freundlichem Desinteresse, wenn man das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Bundeswehr beschrieben hat.
In Deutschland gibt es hier tatsächlich jede Menge Aufholbedarf. Das Motto dieser Invictus Games „A HOME FOR RESPECT“ trifft deshalb den Kern und unterstreicht die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Soldatinnen, Soldaten und Einsatzkräfte, die in ihrem Dienst für diese Gesellschaft verwundet und verletzte wurden oder erkrankt sind, entsprechend wertzuschätzen. Düsseldorf wird bei den Invictus Games allen Athletinnen und Athleten, deren mitgereisten Familien und Freunden sowie allen Gästen ein ganz besonderes Erlebnis bieten und ein Stück Heimat geben.
Kennen Sie selbst körperlich verwundete oder an PTBS erkrankte Soldaten, die versehrt aus dem Einsatz zurückgekehrt sind? Wie kann man diesen Kameradinnen oder Kameraden am sinnvollsten helfen?
Ich habe bei meinen Terminen im Vorfeld der Invictus Games 2023 zahlreiche erkrankte Sportlerinnen und Sportler kennengelernt und mit ihnen Gespräche geführt – für mich war es auch sehr beeindruckend, bei den Invictus Games in Den Haag dabei gewesen zu sein. Es ist wichtig, dass wir die Geschichten dieser Menschen kennen. Es ist auch wichtig, dass unser Land für die Männer und Frauen da ist. Wir müssen diese Menschen, die für ihr Land Großes geleistet und dabei auch großes Leid erfahren haben, in die Mitte unserer Gesellschaft holen. Denn dort gehören sie hin. Ich weiß, dass die Bundeswehr mit ihren Trainern, Therapeuten und Psychologen Unverzichtbares leistet, um den Weg – auch für die betroffenen Familien – zurück ins Leben zu unterstützen. Aber auch die Invictus Games werden hier ein Stück weiterhelfen. Hier gilt der urolympische Gedanke „Dabeisein ist alles“ – es geht nicht um Medaillen und Platzierungen, sondern um individuelle Ziele, die es zu erreichen gilt – sportlich und therapeutisch.
Wenn Sie heute einer jungen Frau oder einem jungen Mann den Sinn des Dienstes in der Bundeswehr erklären sollten, was würden Sie sagen?
Deutschland braucht angesichts des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der unsicheren Weltlage zwingend eine starke Bundeswehr mit bestausgebildeten und bestausgestatteten Soldatinnen und Soldaten. Wir müssen die uns in der NATO zugewiesene Rolle umfassend erfüllen können. Ich unterstütze deshalb auch die Vorschläge zur Einführung eines Pflichtdienstes für junge Menschen, der auch bei der Bundeswehr abgeleistet werden kann.
Unsere gesamte Berichterstattung über die Invictus Games 2023 in Düsseldorf finden Sie >>hier.
Zurück zur Liste der Beiträge