Das Highlight sind die Menschen
Auch am Dienstag, mittlerweile Tag 4 der Spiele, steht selbstverständlich der Sport im Mittelpunkt der Invictus Games. Aber das Thema ist auch ernster: Prince Harry besucht die Team Respect Area und der DBwV veranstaltet eine Diskussion zum Thema „Rehabilitation in der Bundeswehr.“
Düsseldorf. Es beginnt, wie es mittlerweile Routine ist bei den Spielen und sich doch nie abnutzt: Sportler, die sich umarmen, gegenseitig anfeuern, sich abklatschen. Und dann geht es noch ein Stück weiter: Im Rollstuhl-Basketball treten Deutsche und Niederländer nicht in eigenen Teams an, sondern bilden eine gemeinsame Mannschaft – und eigentlich ist das nur folgerichtig, schließlich sind Deutsche und Niederländer auch bei den Streitkräften gegenseitig weitreichend integriert. Der Name passt da auch ganz gut: Team Unconquered, Team Unbesiegt. Deutsche sind in der Überzahl im Team, aber die Zahlen auf den Jersey der Spieler sind in Oranje, dazu die Fahnen beider Nationen auf dem Rücken. Team Unbesiegt spielt gegen die Briten.
Und bleibt dann auch unbesiegt. 14:4 wird es am Ende stehen, das ist, wie immer, aber völlig egal und geht auch unter im Jubel der Fans in der Halle. Die Stimmung ist super, die Halle voll, die Fans singen. Auf einem Flugfeld kann es nicht lauter sein. Das Spiel ist schnell, das in-Position-fahren ist ein wenig wie Schachspielen unter Geschwindigkeit. Das Spiel hat weniger Wumms als Rugby dafür mehr Taktik, gute Spielzüge, Blocks und Würfe. Dass die Spieler in einem Rollstuhl sitzen, merkt man nach ein paar Minuten nicht mehr, dann ist es eben Basketball.
In der ersten Drittelpause kommt das Maskottchen der Spiele aufs Feld, ein Hund. Er heißt „Buddy“ und anders kann er gar nicht heißen, „Mate“ ginge noch oder vielleicht „Dude“. Selten hat der Name des Maskottchens besser zu einer Veranstaltung gepasst als bei den Invictus Games in Düsseldorf. Es ist nicht mal 11 Uhr, Tonight is the Night läuft von Macklemore, die Briten haben nicht den Hauch einer Chance, aber Buddys sind am Ende eben doch alle.
Und dann musss man nur zwanzig Meter weitergehen, gleiche Halle, neues Feld, und es wird tatsächlich noch lauter. Indoor-Rudern, das muss man sich ansehen, denn man kann das gar nicht anders sagen und vielleicht kann man das gar nicht anders sehen: Indoor-Rudern macht sauviel Spaß und das Wort ist in dem Zusammenhang auch total verdient.
Zwei Disziplinen gibt es: eine Minute, das ist die Sprintstrecke, und vier Minuten, das sind die zehntausend Meter der Indoor-Ruderer. Das Ziel ist einfach: Wer in dieser Zeit die meisten Meter zurücklegt, gewinnt. Und wieder klatschen sich alle ab. Es ist so kollegial, dass man es vor Nettigkeit kaum aushält, schließlich sollen doch alle gegeneinander antreten – und das tun sie dann auch. Der Sport ist schnell und doch taktisch: Wie geht man an? Vollgas oder zurückhaltend? Als Außenstehender: Alle entscheiden sich für schnell, sehr schnell.
Es wird noch lauter, Rasseln, Trommeln, Schreien, auf einer Fahne steht „Go, daddy, go“, auf einer anderen „Kampfschwimmer“ und das ist dann der Moment, wo man kurz merkt, dass es kein klassischer Sportwettkampf ist. Das vergisst man nämlich leicht, weil die sportlichen Leistungen erste Sahne sind. Man kann die Anstrengung der Athleten beim Zusehen spüren. Wenn die Wettbewerbe zu Ende sind, fallen manche einfach von der Rudermaschine. Julia Eyrich und Moritz Meinecke gewinnen Bronze. Es ist so anstrengend, es tut beim Zusehen weh.
Aber wenn es nur das ist, ist es gut. Später veranstaltet der Deutsche BundeswehrVerband in der Team Respect Area, einem Zelt, eine Podiumsdiskussion. Thema: Rehabilitation in der Bundeswehr. Auf dem Vorplatz stapeln sich die Menschen beinahe, man kommt kaum durch und freut sich, dass das Thema so gut angenommen wird, denn bestimmt liegt es nicht an Prinz Harry, der auch im Zelt ist und sich beim Sanitätsdient der Bundeswehr informiert.
Oberstabsfeldwebel Stefan Sprengers, Vorsitzender Sanitätsdienst im Bundesvorstand des DBwV sagt da, dass es über 10.000 Bundeswehrangehörige mit einer Behinderung über 50 Prozent in der Truppe gibt. Und das ist ein Problem – aber eben nicht, weil die Menschen eine Behinderung haben, sondern weil das System es ihnen oft unnötig schwer macht.
Drei Kameraden sitzen auf dem Podium, zwei haben ein Bein verloren, allerdings nicht im Einsatz, sondern bei Unfällen mit dem Motorrad, der Dritte ist in Mali fast gestorben, alle wollen in den Streitkräften bleiben und könnten das auch, rein gesundheitlich. Sie stehen damit exemplarisch für ihre Kameraden, weil sie gut ausgebildet sind, aber die Bundeswehr oft noch keine wirkliche Idee hat, was man mit ihnen machen kann. Informationen kommen dann sehr spärlich, die Kameraden können nicht planen.
„Das behindert den Rehabilitationsprozess ungemein“, sagt Oberstarzt Dr. Andreas Lison. Er ist Leiter des Zentrums für Sportmedizin der Bundeswehr in Warendorf. Er sagt: „Das ist eine ganz wichtige Veranstaltung, die hier zusammen mit den DBwV stattfindet.“ Zwei Mitglieder des Verteidigungsausschusses sind da, einer von der CDU, einer von den Grünen, sie hören sich die Probleme an, es geht darum die Kommunikation zu verbessern. Die Abgeordneten sind ehrlich interessiert und nehmen das Thema mit in den Ausschuss.
„Der Verband hat viel erreicht für die Einsatzgeschädigten“, sagt Lison. Er sagt aber auch, dass man noch Abläufe verbessern könne. Wichtig sei, eine Haltung zu generieren. Denn das sei die Grundlage für Gesetze. „Wie kann man Barrieren beseitigen, um zu verhindern, dass aus einer Beeinträchtigung eine Behinderung wird?“
Prinz Harry ist mittlerweile wieder gegangen, aber das Zelt ist immer noch gut gefüllt. Naja, sagt Lison, natürlich könne man sagen, dass der Prinz das Highlight des Tages war, aber eigentlich stimme das gar nicht.
Er sagt: „Es ist der Kontakt mit den Menschen.“
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