Bundestag beschließt Ausweitung der Einsätze im Irak und Afghanistan
Der Bundeswehr stehen neue, schwierige Aufgaben bevor. Der Bundestag schickt mehr Soldaten nach Afghanistan und weitet die Anti-IS-Mission im Irak aus. Auch an den UN-Missionen in Ostafrika und an der Nato-Operation im Mittelmeer soll die Truppe sich weiter beteiligen.
Berlin - Der Bundestag hat der Verlängerung von fünf Bundeswehreinsätzen zugestimmt. Die Abgeordneten beschlossen am Donnerstagabend (22. März 2018) mit den Stimmen der großen Koalition unter anderem eine Truppenaufstockung in Afghanistan und eine Ausweitung der Ausbildungsmission im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak. Union und SPD betonten die bleibende Verantwortung Deutschlands für die Krisenregionen. Die Opposition kritisierte das Fehlen einer klaren Strategie im Irak und in Afghanistan.
MEHR AUSBILDUNG IM IRAK IM KAMPF GEGEN DEN IS
Der IS ist in der Fläche besiegt, aber nicht verschwunden. Der Ausbildungseinsatz im Irak wird nun auf das ganze Land ausgeweitet. Bislang unterstützte die Bundeswehr vor allem die kurdischen Peschmerga im Nordirak, nun will man auch die irakische Zentralregierung in Bagdad beraten und Soldaten ausbilden. Die Aufklärungsflüge deutscher «Tornados» von Jordanien im Kampf gegen den IS werden fortgesetzt. Für den künftigen deutschen Beitrag im Kampf gegen den IS wurde ein neues Mandat geschaffen. 359 Abgeordnete stimmten dafür, 218 dagegen, 79 enthielten sich. Die neue Mandatsobergrenze liegt bei 800 Soldaten, die künftige genaue Truppenstärke ist noch unklar.
Kritiker befürchten, die Bundeswehr könnte im Konflikt zwischen Kurden und irakischer Zentralregierung zwischen die Fronten geraten. Auch die für Mai angesetzte Parlamentswahl im Irak wird als Unsicherheitsfaktor betrachtet. Linke, Grüne und AfD stimmten gegen das Anti-IS-Mandat, die FDP enthielt sich.
Die Ziele hinter dem neuen Mandat seien reichlich unklar, gab der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner zu Bedenken. Zudem besitze die Mission keine tragfähige völkerrechtliche Grundlage. «Sie agieren wieder in einer Koalition der Willigen», warf Lindner Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor. Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu sagte: «Wenn es an einer Sache in der Region nicht fehlt, dann sind es Waffen und Bewaffnete.» Der Antrag der Bundesregierung sei eine Zumutung für den Bundestag und ein «Blankoscheck», den man so nicht unterscheiben könne. Die AfD forderte mehr Informationen und einen Operationsplan. Auch aus Sicht der FPD sind noch viele Fragen ungeklärt.
Der Erfolg sei nicht sicher, der Einsatz schwierig, sagte der Unions-Außenpolitiker Johann David Wadephul. Aber die Hilfe für die Kurden sei eine Erfolgsgeschichte gewesen. «Sich in der geschundenen Region einzusetzen ist jeden Einsatz wert.»
MEHR SOLDATEN NACH AFGHANISTAN
Künftig werden auch wieder mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt. Der Bundestag beschloss wegen der desolaten Sicherheitslage am Hindukusch eine Truppenaufstockung von bislang höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1.300. 447 Abgeordnete stimmten dafür, 180 dagegen, 16 enthielten sich. Der verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr läuft seit mehr als 16 Jahren. Beim Einsatz sind nach Angaben der Bundeswehr bisher 57 deutsche Soldaten zu Tode gekommen. Eigentlich wollte die Bundeswehr längst abziehen. Aber die afghanischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, selbst für Sicherheit zu sorgen. In Afghanistan herrscht weiter Terror und Gewalt. Die Bundeswehr begründet die Aufstockung mit dem Mangel an Schutzkräften für die deutschen Ausbilder und Berater.
Union und SPD betonten am Donnerstag die andauernde Verantwortung Deutschlands für das kriegsgebeutelte Land. Afghanistan dürfe nicht wieder Brutstätte des Terrors werden, sagte der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte. Der AfD-Abgeordneter Anton Friesen kritisierte, eine deutsche Strategie für den Einsatz sei nicht erkennbar. «Die Bundesregierung weiß nicht, wofür die Soldaten am Hindukusch sterben.»
WEITERES ENGAGEMENT IM SUDAN, SÜDSUDAN UND IM MITTELMEER
Die Abgeordneten beschlossen am späten Abend zudem die weitere Beteiligung an drei Einsätzen, die von der deutschen Öffentlichkeit kaum beachtet werden - die UN-Friedensmissionen im Südsudan und im Sudan und die Nato-Operation «Sea Guardian». «Sea Guardian» soll die Seewege im Mittelmeer sichern - dafür sind weiter bis zu 650 Soldaten vorgesehen. Der Nato-Einsatz dient der Überwachung des Seeraums und dem Kampf gegen Terrorismus. Derzeit beteiligen sich 367 Bundeswehr-Soldaten.
Im Sudan und Südsudan soll sich die Truppe weiterhin mit jeweils bis zu 50 Soldaten beteiligen. Die Mission UNAMID der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union soll im Sudan das Darfur-Friedensabkommen von 2006 überwachen und die Friedensverhandlungen unterstützen. Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2012 an dem Darfur-Einsatz - derzeit mit drei Soldaten. Als Teil der UN-Mission im Südsudan (UNMISS) sollen deutsche Soldaten die Zivilbevölkerung des jungen Staates schützen und helfen, ein Waffenstillstand-Abkommen umzusetzen. Derzeit sind 16 Soldaten dort stationiert. In dem ölreichen Bürgerkriegsland war die Gewalt Ende 2013 eskaliert.
In einer der nächsten Sitzungen entscheidet der Bundestag noch über die Friedensmission in Mali. Der UN-Einsatz in dem westafrikanischen Land gilt als gefährlichster der Bundeswehr. Statt bisher höchstens 1.000 sollen sich nun bis zu 1.100 Soldaten an der Stabilisierung des Landes beteiligen.