Beim Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavik: Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld
Gipfeltreffen: Scholz sagt größere Unterstützung für den Europarat zu
Deutschland will den Europarat fnanziell stärker unterstützen. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz beim Gipfeltreffen in Reykjavik an. Island hat aktuell den Vorsitz im Europarat.
Schon am ersten Tag des Gipfels wurde eine Reihe von Vorschlägen auf den Tisch gebracht: So wollen die Mitgliedsländer ein Schadensregister für die Verbrechen in der Ukraine einrichten. Mit diesem Register sollen die in der Ukraine angerichteten Schäden dokumentiert werden, um Russland für seinen Angriffskrieg zur Rechenschaft ziehen zu können. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Frankreichs Präsident Macron warben für das Register.
Zudem besprachen die Niederlande und Großbritannien Pläne für eine Kampfjet-Koalition. Mittlerweile hat auch Belgien angekündigt, ein solches Gemeinschaftsprojekt zur Ausbildung ukrainischer Piloten und zur Lieferung von F-16-Kampfjets unterstützen zu wollen. Es wird deutlich: Der Europarat hat viele neue Ideen und möchte besonders für die Ukraine konkrete Ergebnisse erreichen.
Deutschland stockt seinen finanziellen Beitrag auf
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zudem eine größere finanzielle Unterstützung Deutschlands für den Europarat zu: Der Sozialdemokrat stellte zusätzliche zehn Millionen Euro zusätzlich zum deutschen Pflichtbeitrag in Aussicht. „Wir werden den Europarat als Hüter der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Europa stärken, damit er wirksam aktuellen und künftigen Herausforderungen begegnen kann“, sagte Scholz. Auch beim Thema Künstlicher Intelligenz oder dem Schutz der Umwelt brauche der Europarat Unterstützung. Regierungsangaben zufolge beträgt der Haushalt des Europarats für dieses Jahr 479 Millionen Euro, wovon Deutschland circa 44 Millionen Euro beiträgt.
Bedeutung des Europarats wird häufig unterschätzt
Obwohl der Rat ein wichtiges Gremium für die Menschen in der Europäischen Union ist, wird seine Bedeutung häufig unterschätzt oder er wird verwechselt. Denn es gibt neben dem Europarat auch den Europäischen Rat. Ersterer setzt sich aus den Außenministerinnen und -ministern zusammen und überwacht die Werte der EU wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Der Europäische Rat wiederum setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs zusammen, die die Gemeinschaftspolitik für die EU verhandeln.
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurde vielen Bürgerinnen und Bürgern wieder bewusst, wie einzigartig und wertvoll die in der Europäischen Union geschützten Werte und Freiheiten sind. Damit stieg zuletzt auch das mediale Interesse am Europarat. Dieser reagierte konsequent auf die aktuellen Geschehnisse: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde Russland am 16. März 2022 aus dem Rat ausgeschlossen.
Aufgaben und Bedeutung des Europarats
Der Europarat, mit seinem Sitz in Brüssel, erfüllt seit 1949 viele verschiedene Aufgaben, die alle dazu dienen, die Werte der EU zu beschützen und stehen auch im Einklang mit den Werten des DBwV. Dazu gehören:
- Stärkung der Menschenrechte
- Kontrolle der Einhaltung der Europäischen Sozialcharta
- Schutz von Minderheiten
- Bekämpfung von Diskriminierung und Rassismus
- Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit
- Förderung Gleichstellung von Männern und Frauen
- Schutz der Kinderrechte
- Schutz der kulturellen Vielfalt
- Wahlbeobachtung
Die Bedeutung des Europarates und seine politische Kraft sorgen immer wieder für Diskussionsstoff. So forderten deutsche Abgeordnete am 11. Mai in einer Bundestagsdebatte, dass der Rat gestärkt werden müsse. SPD-Abgeordneter Frank Schwabe ist Leiter der Wahlbeobachtung des Europarates und berichtete vom gestiegenen Ansehen des Rates seit dem Februar 2022. Er kündigte außerdem eine Europaratskonferenz im Bundestag an, die als Thema die Zukunft des Rates haben soll.
Der Rat ist und bleibt eine wichtige Institution, denn entgegen der Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger haben die Mitgliedsstaaten in der EU weiterhin Verbesserungsbedarf im Umgang mit Menschenrechten und ihren Werten. Erst im März 2023 wurde Deutschland beispielsweise vom Europarat für seinen mangelnden Kampf gegen Korruption gerügt und im vergangenen Jahr für die schlechte Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Anknüpfungspunkte des DBwV mit dem Europarat
Die europäischen Organisationen, deren Mitglied der DBwV ist, beziehen Stellung zum Europarat und stehen teilweise auch mit ihm in Verbindung. Die Europäische Bewegung Deutschlands (EBD) fordert in ihrer aktuellen Stellungnahme eine Stärkung des Europarates. Außerdem arbeitet EUROMIL mit dem Europarat eng zusammen: Beim Europarat selbst besitzt EUROMIL einen partizipativen Status und ist daher berechtigt, im Rahmen des Zusatzprotokolls zur Europäischen Sozialcharta, Kollektivbeschwerden über Verletzungen der Charta einzureichen.
Die Verbindung des DBwV zum Europarat
Hier liegt auch die Verbindung des DBwV mit dem Europarat. Würde dem Verband auffallen, dass eine Regelung für die Menschen der Bundeswehr die Sozialcharta verletzt, könnte der DBwV durch EUROMIL eine Beschwerde in Angriff nehmen. Darüber hinaus kann EUROMIL auch Kommentare in die Berichte der Vertragsstaaten über die Umsetzung der Charta in Recht und Praxis einbringen. Für den Bericht des Europäischen Komitees der Sozialrechte (ECSR) in 2021 wurde auf diese Weise der Kommentar von EUROMIL zu Irland aufgenommen: Das Land verstoße gegen die Europäische Sozialcharta, indem das irische Recht keine Möglichkeit zulässt, dass Personen aus den Streitkräften aus Gewissengründen die Armee verlassen. Daran zeigt sich, wie wichtig EUROMIL als Kooperationspartner für seine Mitgliedsverbände im Fall von Verstößen gegen die Charta ist.
Der Europarat hat also eine große Bedeutung für den DBwV, da er dafür sorgt, dass die Sozialcharta eingehalten wird, die eine zusätzliche Absicherung der versprochenen Rechte für Bürgerinnen und Bürger der EU, und damit den Soldatinnen und Soldaten, gibt. Durch die Mitgliedschaft bei EUROMIL hat der der DBwV im Zweifel eine Möglichkeit, bei Problemen auf europäischer Ebene aktiv zu werden.
