Die Serie "Gesichter des Lebens" der Fotografin Daniela Skrzypczak mit Veteraninnen und Veteranen zeichnet sich auch durch ihre besonderen Einblicke und Perspektiven aus. Foto: Daniela Skrzypczak

02.10.2022
Von Jürgen Görlich

Wer hinter den „Gesichtern des Lebens“ steckt

Seit fast einem Jahr portraitiert die Fotografin Daniela Skrzypczak mit ihrer Serie „Gesichter des Lebens“ Veteraninnen und Veteranen der Bundeswehr. Innerhalb kürzester Zeit hat das Projekt riesigen Zuspruch erfahren. Für uns der Anlass, mit einigen Wegbegleitern zu sprechen.

Wir alle kennen sie, die „Gesichter des Lebens“, ihre Geschichten und ihre Bilder, wir wissen alle, dass diese Gesichter durch Daniela Skrzypczak voller Empathie in die breite Öffentlichkeit gebracht werden.

Aber wir lesen auch immer wieder von Partnern und Unterstützern, von Wegbegleitern und diesem großen Tisch, an dem alle Platz finden sollen. Daher wollen wir jetzt, nach fast einem Jahr „Gesichter des Lebens“, einige Unterstützer zu Wort kommen lassen. Wir haben mit Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Deutschen BundeswehrVerbandes, Hauptmann a.D. Uwe Köpsel, Vorsitzender der Soldaten und Veteranen Stiftung (SVS), Dr. Norbert Günster, Geschäftsführer der Förderungsgesellschaft, und Frank Jungbluth, Abteilungsleiter Presse und Öffentlichkeitsarbeit beim DBwV, über die „Gesichter des Lebens“ gesprochen.

Herr Bohnert, auf der Seite „Gesichter des Lebens“ waren Sie einer der ersten Protagonisten. Wie kamen Sie zu diesem Projekt und was hat Sie bewogen, selbst mitzumachen?

Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert: Als Beobachter und Gestalter der wachsenden Veteranenkultur in Deutschland geraten derartige Initiativen meist sehr schnell in mein Blickfeld. Andersherum bin ich bei Social Media und in anderen Medien selbst als Einsatzveteran präsent und dadurch auch recht zügig auf den Radar von Daniela Skrypczak geraten. Wir sind also mehr oder weniger aufeinander gestoßen – und waren uns gleich einig, dass wir das Projekt mit einem gemeinsamen Shooting weiter voranbringen wollen.

Ihr Leben hat sich ja mittlerweile durch die neue Aufgabe stark verändert. Konnten Sie dabei noch die Entwicklung des Projektes begleiten und unterstützen? Wie haben Sie die Entwicklung wahrgenommen?

Bohnert: Die Aufgabe als einer der Stellvertreter unseres Bundesvorsitzenden fordert mich schon ganz ordentlich – da stehe ich vielen anderen Mandatsträgern und ehrenamtlich in unserem Verband Engagierten in nichts mehr nach. Eines meiner Hauptziele ist das Einen der deutschen Veteranenbewegung und ihr geschlossenes Auftreten nach außen. Das „Gesichter des Lebens“-Projekt ist ein wichtiger Pfeiler dieses Vorhabens – es hilft beim Errichten der Brücke zur Gesellschaft. Wir nutzen diesen Link immer wieder – zuletzt zum Beispiel bei der Internationalen Luftfahrtausstellung, bei der sich verwundete Einsatzveteranen, die Teil des Projektes sind, mutig der Öffentlichkeit gestellt haben.

Was empfinden Sie, wenn Sie heute auf das Projekt schauen?

Bohnert: Ich finde es beeindruckend, was sich da inzwischen entwickelt hat. Und ich hoffe, dass sich noch viele weitere Veteranen zu einem Shooting bereit erklären. Es ist nämlich nicht damit getan, sich über mangelnde gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Wertschätzung zu beschweren – hier kann jeder seinen Teil dazu beitragen, das sich in diesem Bereich etwas zum Positiven ändert.

Herr Köpsel, auf der ersten Vernissage am Zentrum Innere Führung der Bundeswehr wurden Sie als „Vater“ von „Gesichter des Lebens“ bezeichnet. Wie kamen sie zu diesem Namen?

Hauptmann a.D. Uwe Köpsel: Daniela Skrzypczak wurde mir im Sommer letzten Jahres vorgestellt. Ihr unbedingter Wille war es, ein Bildprojekt mit Veteranen zu starten. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass der Soldaten und Veteranen Stiftung Projekte angeboten werden. In diesem Fall war es aber die Besonderheit der vorgestellten Fotografien aus anderen Projekten der Künstlerin, die mich berührten und mir sozusagen „unter die Haut gingen“. Ich war dann sehr schnell davon überzeugt, mit einem Bildprojekt auf dem richtigen Weg zu sein.

Warum hat die SVS dieses Projekt so intensiv unterstützt?

Köpsel: Gerade nach dem Ende des Afghanistan-Einsatzes im Sommer 2021 erschien es mir und dem Vorstand der SVS überaus wichtig, den vielen Menschen, die ehrenwert in der Bundeswehr und auch in den Einsätzen Dienst geleistet haben, ein Gesicht zu geben und sie in einer größeren Gesamtheit zu Wort kommen zu lassen. Die SVS ist Preisträger des Preises „Bundeswehr und Gesellschaft“, ausgelobt vom BMVg und dem deutschen Städte- und Gemeindebund. Dieser Preis wird für gesellschaftliches Engagement verliehen. Hier wollten wir nicht auf der Stelle stehen bleiben, sondern uns auch zukünftig, so wie es unsere Satzung will, weiter dem gesellschaftlichen Engagement um die Anerkennung der Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten verpflichtet fühlen.

Was ist für Sie persönlich „Gesichter des Lebens“?

Köpsel: Sehr viele, mir aus mehr als flüchtigen Begegnungen bekannte Soldatinnen und Soldaten haben mittlerweile ihren Platz bei „Gesichter des Lebens“ bekommen. Ihre packenden und berührenden Biografien werden einer Öffentlichkeit vorgestellt. So kann ich meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen mit anderen Menschen teilen. Das ist eine große Genugtuung für mich.

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an den im November erscheinenden Bildband denken?

Köpsel: Ich freue mich auf die Erscheinung und bin sehr gespannt und neugierig auf die vielfältigen Reaktionen, die dieser Bildband ganz sicher auslösen wird. Gespannt bin ich auch, wie die künstlerische Aufarbeitung des Projektes in einem Bildband aufgenommen wird.

Wie wird es mit „Gesichter des Lebens“ in der Zukunft weitergehen? Welche Pläne haben Sie selbst für 2023 mit diesem Projekt?

Köpsel: Zunächst bleibt der Wunsch bestehen, das Bildprojekt weiter einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Insbesondere können der Vorstand der SVS und ich uns weitere öffentliche Ausstellungen des Kunstprojektes vorstellen. Wie der Weg dann weitergeht, hängt natürlich auch von der öffentlichen Wahrnehmung ab. Hier hoffen wir für das Projekt auf eine große Nachfrage im öffentlichen Raum. Wichtig ist und bleibt die Wahrnehmung des Projekts „Gesichter des Lebens“, insbesondere an öffentlich zugänglichen Orten.

Herr Jungbluth, eigentlich ist es ungewöhnlich, den Abteilungsleiter der eigenen Presseabteilung zu interviewen. Da Sie aber schon von Beginn an die Gesichter in den Medien des DBwV sichtbar gemacht und somit die Entwicklung des Projektes stark beeinflusst haben, die Frage an Sie: Was ist für Sie „Gesichter des Lebens“ und wie hat es sich aus Ihrer Sicht entwickelt?

Frank Jungbluth: „Gesichter des Lebens“ ist sicher deshalb besonders, weil die Serie optisch einen anderen Einblick – wenn man das so sagen kann – in die Seele von Soldatinnen und Soldaten gibt. Die Fotografien erzählen von einem besonderen Blickwinkel der Fotografin Daniela Skrzypczak, sie wechselt die Perspektive und dabei kommt mehr heraus als Portraits im klassischen Sinne. Das ist sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal. Dafür spricht, dass „Gesichter des Lebens“ inzwischen einem größeren Kreis innerhalb der Bundeswehr bekannt geworden ist, zum Beispiel mit einer Ausstellung im Zentrum für Innere Führung. Anfangs habe ich gedacht, dass „Gesichter des Lebens“ vielleicht der 2014 erschienenen Serie und dem Buch „Operation Heimkehr“ der Fotokünstlerin Sabine Würich und der Autorin Ulrike Scheffer zu ähnlich werden könnte, aber die Bildsprache dort ist gänzlich anders, die Themen sind vielfältig, weil die das Leben nach der Rückkehr und nicht nur den Umstand PTBS abbilden.

Haben Sie mit dem Erfolg als Fachmann auf dem Gebiet der Medien gerechnet?

Jungbluth: Wenn ich mit dem Erfolg gerechnet hätte, müsste ich sagen, dass es ein Erfolg ist. Ich finde, das kann man nicht in einem Satz erklären. Die Frage ist, ob man Erfolg in der Zahl der verkauften Bücher oder in Klicks bei den sozialen Netzwerken messen will. Erfolg ist sicher bei dieser Serie, dass sie die Opfer des Krieges in Uniform ins Bewusstsein ruft. Man ist als Betrachter gezwungen, sich mit den Erlebnissen und den Konsequenzen daraus für unsere Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz auseinanderzusetzen. Somit haben die Betroffenen eine Stimme, die man hört. Das ist ein Erfolg. Der BundeswehrVerband arbeitet gerade genau an diesem Thema mit Hochdruck: Den Veteranen des Afghanistan-Krieges und anderer Einsätze ein Gesicht und eine Stimme zu geben, damit die Gesellschaft sich nicht verschließen kann vor diesem Kapitel deutscher Geschichte.

Was für Tipps können Sie „Gesichter des Lebens“ für die Zukunft geben?

Jungbluth: Ich glaube, dass Daniela Skrzypczak ganz gut ohne einen Tipp von mir klarkommt. Aber vielleicht so viel: Fotografie und die Fotografinnen und Fotografen sind aus meiner 30-jährigen Berufspraxis leise, sie kommen ohne Lärm daher, denn jeder, der sich so fotografieren lässt wie bei „Gesichter des Lebens“, wird damit verletzlich. Ich denke an Cindy Sherman, deren Bilder ich sehr eindrucksvoll finde, eben weil sie still sind. Das sollte man immer beherzigen. Gute Fotografie lebt auch von Distanz, wie ich das bei legendären Fotografinnen wie Dorothea Lange oder Vivien Maier schätze.

Zum Schluss noch an Dr. Günster die Frage: Welche Erwartungshaltung haben Sie an den Bildband, der vor allem durch Ihre FÖG erst möglich gemacht wurde?

Dr. Norbert Günster: Zunächst möchte ich betonen, dass die ausdrucksvollen und schönen Fotos es alleine schon wert sind, veröffentlicht und somit einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden können. Durch den Bildband ist gewährleistet, dass die persönlichen Geschichten, die hinter diesen Bildern liegen, der Nachwelt für immer erhalten bleiben und somit unvergänglich sind. Diese schöne Vorstellung hat mich dazu bewegt, den Druck der Bildbände zu unterstützen.

Wie dürfen wir uns die Veröffentlichung vorstellen?

Dr. Günster: Der Großteil der Bildbände wird im normalen Handel erhältlich sein. Aber auch den Mitgliedern des Deutschen BundeswehrVerbandes wird es möglich sein, eine bestimmte Anzahl von Sonderbänden zu einem attraktiven Preis über die FöG käuflich zu erwerben. Mit „Gesichter des Lebens“ ist es mit Unterstützung des Deutschen BundeswehrVerbandes und seinen Töchtern FöG und SVS gelungen, Soldatinnen und Soldaten aus den Nischen herauszuholen und in die Öffentlichkeit zu bringen. So einfach aber auch so aufwendig, so intensiv, aber auch so vielfältig kann Wahrnehmung erreicht werden. Das Aufsehen wächst zusehends. Die Bundeswehr zeigt großes Interesse und die Teilnehmer am großen Tisch werden täglich mehr. Wir freuen uns nun auf den Bildband, die anstehenden Vernissagen, die Tischgespräche und die Fortsetzung dieses einmaligen Projekts.

Oberstabsfeldwebel a.D. Jürgen Görlich:
„Es ist mehr als Fotografie: Es ist Sichtbarkeit, Wahrnehmung und Therapie. Es ist für mich das Projekt für Veteranen und Gesellschaft.“

Hauptmann Sven Loik (Deutsche Härtefallstiftung)
„Durch das Projekt ‚Gesichter des Lebens‘ bekommen die Betrachter ein ganz persönliches Bild von den Menschen, die hinter der Bundeswehr stehen, die als Organisation oft nur mit Themen wie Waffensysteme und Ausrüstung in den Schlagzeilen steht.“

Oberst a.D. Bernhard Gertz (Deutsche Härtefallstiftung)

„Gegen das Vergessen braucht die Gesellschaft das Projekt ‚Gesichter des Lebens‘ und die damit verbundene Ausstellung als Ankerpunkt und Leuchtturm gegen das Vergessen und für die Würdigung der Lebensleistungen unserer Veteraninnen und Veteranen.“

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