Fassungslos steht eine Ukrainerin vor den Trümmern eines Wohnblocks in Kiew, der in der Nacht bei einem russischen Raketenangriff zerstört wurde. picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Emilio Morenatti

Fassungslos steht eine Ukrainerin vor den Trümmern eines Wohnblocks in Kiew, der in der Nacht bei einem russischen Raketenangriff zerstört wurde. picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Emilio Morenatti

25.02.2022
dpa/yb/fk

Ukraine-Krieg: Raketen auf Kiew - Westen straft Russland mit Sanktionen

Zweiter Tag der russischen Aggression gegen die Ukraine: Nach nächtlichem Raketenbeschuss werden erste Gefechte am Stadtrand von Kiew gemeldet. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte, dass Deutschland der NATO zusätzliche Kräfte stellen wird - zu Land, zu Wasser und in der Luft. Auch Dänemark und Italien kündigten Verstärkungen für das Bündnis an.

Wir berichten hier laufend weiter über das Geschehen in der Ukraine. Die Ereignisse vom gestrigen Tag können Sie hier nachlesen >>>>>>.

 

Nato verlegt schnelle Eingreiftruppe zur Abschreckung Russlands

19:46 Uhr: Die Nato verlegt zur Abschreckung Russlands Einheiten ihrer schnellen Einsatztruppe NRF. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der 30 Bündnisstaaten an.

Wohin die Einheiten verlegt werden, sagte er zunächst nicht. Er sprach lediglich von mehreren Tausend Soldaten, die auf dem Land, auf der See und in der Luft im Einsatz sein sollten.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnten Bodentruppen in das südwestlich der Ukraine gelegene Rumänien geschickt werden. Ohnehin geplant ist, NRF-Enheiten zu einer Übung in das an Russland grenzende Nato-Land Norwegen zu entsenden.

Es sei das erste Mal, dass Teile der NRF im Zuge der Abschreckung und Verteidigung des Bündnisgebiets verlegt würden, sagte Stoltenberg. Die Staats- und Regierungschefs der 30 Mitgliedstaaten betonten in einer Erklärung, die Maßnahmen seien «präventiv, verhältnismäßig und nichteskalierend.»

Bereits am Donnerstag hatte die Nato angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine die Verteidigungspläne für das östliche Bündnisgebiet aktiviert. Der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte bekam damit weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen.

Die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Bündnissoldaten wurden bereits zuvor drastisch verkürzt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Nato-Kreisen müssen Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF jetzt innerhalb von nur 7 statt innerhalb von 30 Tagen verlegt werden können. Für weitere Truppenteile gilt eine sogenannte «Notice-to-Move»-Frist von 30 statt von 45 Tagen. Die Soldaten der schnellsten Eingreiftruppe VJTF müssen derzeit innerhalb von höchstens fünf Tagen bereit für eine Verlegung in ein Krisengebiet sein.

 

Verstärkung für NATO-Truppe in Estland eingetroffen

18:28 Uhr: In Estland sind die ersten britischen Soldaten und Lastwagen mit zusätzlicher Ausrüstung zur Verstärkung des NATO-Bataillons in dem baltischen EU- und NATO-Land eingetroffen. Ein Konvoi mit sechs Kampfpanzern und weiteren Militärfahrzeugen kam am Freitag auf dem Militärstützpunkt Tapa an, wie die estnische Armee mitteilte. Dort werden sie Teil des seit 2017 stationierten NATO-Gefechtsverbands zur Abschreckung Russlands.

Großbritannien hatte angesichts der wachsenden Spannungen mit Russland in der Ukraine-Krise eine Verstärkung des Gefechtsverbandes angekündigt. London wird dazu gut 850 zusätzliche Soldaten und Ausrüstung nach Estland entsenden - und damit das britische Truppenkontingent in etwa verdoppeln. Die Einheiten werden vom britischen Truppenstandort in Sennelager bei Paderborn über Polen, Litauen und Lettland in das an Russland grenzende Estland verlegt.

 

Russische Truppen überwinden Fluss Dnipro bei Großstadt Cherson

18:20 Uhr: Nach schweren Kämpfen haben russische Truppen den Fluss Dnipro in der Südukraine überschritten. Damit hätten sie nun Zugang zur strategisch wichtigen Stadt Cherson, teilte die Gebietsverwaltung am Freitag mit. Der Gegner habe mit schweren Kräften angegriffen und heftige Verluste erlitten. Schließlich hätten die Verteidiger aber die Kontrolle verloren. Die Führung der Region unternehme alle Anstrengungen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten und Leben zu retten. Die Großstadt mit knapp 300.000 Einwohnern spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Hafenstadt Odessa im Südwesten des Landes.

 

BND-Chef während russischem Angriff in Kiew - Zurück auf dem Landweg

17:55 Uhr: Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, ist in Kiew vom russischen Angriff auf die Ukraine überrascht worden. Kahl sei am Mittwoch für dringende Gespräche zur aktuellen Lage in die Ukraine gereist, teilte ein BND-Sprecher am Freitag auf Anfrage mit. Wegen der einsetzenden Kriegshandlungen und des gesperrten Luftraums über der Ukraine habe der Präsident die Rückreise am Donnerstag auf dem Landweg antreten müssen. Die Rückreise sei wegen der Flüchtlingsbewegungen schwierig und langwierig gewesen. Am Freitag habe Kahl einen Grenzübergang zu Polen erreicht. Der BND-Präsident werde noch am Abend zurück in Berlin erwartet. Zuerst hatte das Magazin «Focus» berichtet.

 

Europarat suspendiert Russland wegen Angriff auf Ukraine

17:15 Uhr: Der Europarat hat Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine suspendiert. Das Ministerkomitee mit Vertretern der 47 Mitgliedsländer entschied am Freitag, Russland wegen schwerer Verstöße von seinen Repräsentationsrechten innerhalb der Straßburger Organisation zu entbinden. Russland bleibt dennoch formell Mitglied.

 

Deutschland will NATO weitere Soldaten und Waffensysteme stellen

17:10 Uhr: Für den Schutz der NATO-Partner wird Deutschland dem Bündnis weitere Soldaten und Waffensysteme stellen. «Wir haben in der Ostsee ein Flottendienstboot im Einsatz. Wir werden auch eine Fregatte und eine Korvette bereitstellen und wir bereiten mehr vor», sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Klar sei, Deutschland in der NATO ein verlässlicher Partner sei und die Verbündeten sich auf Deutschland verlassen könnten.

«Wir werden weitere Kompanien bereitstellen. Wir werden uns auch mit Luftraumüberwachung und Flugabwehr engagieren. Die Details stimmen wir jetzt in der NATO ab», sagte die SPD-Politikerin. «Wir sind in der Nato nach den USA der größte Truppensteller. Allein bei der NATO Response Force sind das derzeit etwa 13.000 Soldatinnen und Soldaten», sagte sie mit Blick auf die NATO-Reaktionskräfte.

Lambrecht äußerte sich sehr besorgt und sah Chancen für einen Dialog mit Präsident Wladimir Putin deutlich schlechter, auch wenn Gespräche immer eine Option bleiben müssten. «Wir beobachten in der NATO mit großer Sorge, dass er in seiner gestrigen Kriegserklärung auch versteckt mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht hat. Aber wir zeigen durch Abschreckung, durch unsere Geschlossenheit und durch unsere klare Position, dass wir uns hiervon nicht einschüchtern lassen», sagte Lambrecht. «Ein Angriff auf einen Bündnispartner wäre ein Angriff auf uns alle, mit schrecklichen Folgen für Russland. Das weiß auch Putin.»

 

5000 Helme für das ukrainische Militär sind unterwegs

16:05 Uhr: Deutschland hat die angekündigte Lieferung von 5000 Helmen für das ukrainische Militär auf den Weg gebracht. Die Schutzausstattung war am Freitag in zwei Lastwagen unterwegs, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin erfuhr. Das Material sollte wegen der laufenden Kämpfe außerhalb der Ukraine übergeben werden. Im Streit um die von der Bundesregierung abgelehnte Lieferung von Waffen hatte die Ankündigung von Helmen Wirbel gemacht - und teils auch öffentlichen Spott ausgelöst. Aus der Bundesregierung war darauf verwiesen worden, dass die Lieferung von Helmen offiziell und in einem Brief auch ohne Angabe von Zahlen angefordert worden war.

 

Luftwaffe betankt NATO-Flugzeuge an den Außengrenzen

15:28 Uhr: Die Bundeswehr beteiligt sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine an der Luftbetankung von NATO-Flugzeugen entlang der östlichen und südöstlichen Flanke des Bündnisses. Seit Donnerstag war dazu im Luftraum über Rumänien ein A400M unterwegs, wie öffentlich zugängliche Informationen im Internet zeigten. Mit deutscher Beteiligung fliegen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zudem seit dem Vortag zwei multinational betriebene A330-Tanker über Polen, um dort Kampfflugzeuge der Verbündeten mit Treibstoff zu versorgen. Die NATO hat Sicherungsmaßnahmen im Luftraum verstärkt.

 

Kreml: Russland zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit

15:12 Uhr: Russland ist nach Kremlangaben bereit zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte das Angebot für ein Treffen dem russischen Staatschef Wladimir Putin zweimal unterbreitet.

Nach Kremlangaben ist der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko bereit, die Bedingungen zu schaffen für ein Treffen der russischen und der ukrainischen Delegation. Putin habe mit Lukaschenko darüber gesprochen, dass ein Ort mit Garantien für die Sicherheit der Verhandlungen nötig sei.

Zuvor hatte der Kreml auf das zweite Gesprächsangebot von Selenskyj positiv reagiert. Moskau habe den Vorschlag zu Verhandlungen über einen neutralen Status der Ukraine als Schritt in die richtige Richtung aufgenommen, sagte Peskow. Die Mitteilung werde analysiert, Selenskyj als Präsident der Ukraine anerkannt, hieß es. «Natürlich, ja. (...) Er ist der Präsident der Ukraine.»

Selenskyj hatte auch in der Nacht zum Donnerstag zur Abwendung eines Krieges Putin ein erstes Gesprächsangebot gemacht. Er sagte: «Die Sicherheit der Ukraine ist verbunden mit der Sicherheit ihrer Nachbarn. Deshalb müssen wir heute über die Sicherheit in ganz Europa sprechen. Das ist unserer Hauptziel - der Frieden in der Ukraine und die Sicherheit unserer Bürger. Dafür sind wir bereit, mit allen und auch mit Ihnen zu reden. In verschiedenen Formaten und an jedem beliebigen Ort.»

Nach Angaben des Kreml informierte Putin zugleich seinen chinesischen Kollegen Xi Jinping bei einem Telefonat über Gründe für die Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine als unabhängige Staaten. Xi sagte laut Angaben aus Moskau, dass er das Vorgehen Russlands «in der aktuellen Krisensituation respektiere». Die beiden Politiker hatten sich erst vor drei Wochen zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking getroffen.

 

Russische Prominente distanzieren sich von Putins Krieg gegen Ukraine

15:04 Uhr: Mit scharfen Worten haben sich zahlreiche prominente Russen gegen den Angriff ihres Landes auf die Ukraine gewandt. «Der von Russland begonnene Krieg gegen die Ukraine ist eine Schande. Das ist unsere Schande, aber leider wird die Verantwortung dafür noch von unseren Kindern, einer ganz jungen Generation und von noch nicht einmal geborenen Russen getragen werden müssen», heißt es in einer von Schriftstellern, Filmemachern und anderen Künstlern sowie von Medienschaffenden unterschriebenen Erklärung.

«Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einem Aggressor-Staat leben», heißt es in dem unter anderem von der Schauspielerin Tschulpan Chamatowa und dem Schriftsteller Dmitri Bykow unterzeichneten Schreiben. Russland habe einen unabhängigen benachbarten Staat überfallen. «Wir rufen alle Bürger Russlands auf, Nein zu sagen zu diesem Krieg.» Sie glaubten den Behauptungen von Kremlchef Wladimir Putin nicht, dass an der Spitze des ukrainischen Volkes Nazis stünden, von dem die Menschen befreit werden müssten.

«Wir fordern ein Ende dieses Kriegs.» Die unabhängige Ukraine stelle für Russland oder einen anderen Staat keine Gefahr dar. Die auch in Deutschland viel gelesene Autorin Ljudmila Ulitzkaja schrieb: «Das ist ein politisches Verbrechen, das später in Geschichtsbüchern auch so beschrieben sein wird.» Dass der Krieg nach jahrzehntelangem Frieden anfange, sei eine Katastrophe für die ganze Menschheit.

«So traurig das auch sein mag - für die Kultur sind derart gespannte Zeiten immer sehr fruchtbar, sie lebt immer auf, wenn Not kommt. Die Kultur gibt mit der Zeit womöglich eine Antwort», schrieb Ulitzkaja. «Es wäre besser, eine schlappe Kultur und ein einigermaßen ruhiges Leben zu haben, ohne Krieg. Leider werden unsere Machthaber uns den Luxus nicht bieten.»

Offene Proteste in der russischen Gesellschaft erwarte sie nicht. «Unsere Gesellschaft befindet sich in tiefster Apathie, Niedergeschlagenheit und Angst.» Der Machtapparat unterdrücke jede Form von Protest. Der populäre russische Moderator Iwan Urgant sagte emotional «Angst und Schmerz. Nein zum Krieg». Seine populäre Abendshow im Staatsfernsehen wurde für Freitagabend abgesetzt.

 

Kiew: Mehr als 1000 russische Angreifer getötet

14:30 Uhr: Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben schon mehr als 1000 russische Angreifer getötet. Solch schwere Verluste in so kurzer Zeit habe Russland bisher in keinem Konflikt erlitten, behauptete das ukrainische Heer am Freitag. «Russische Mütter schicken ihre Söhne in den sicheren Tod, denn die ukrainischen Streitkräfte halten die Linien und werden ihr Land gegen die Besatzer verteidigen», hieß es in der Mitteilung. Das russische Verteidigungsministerium hatte hingegen mitgeteilt, es gebe keine Verluste. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Ukrainische Truppen rückten mit schwerer Militärtechnik unterdessen in Kiew ein, um die Hauptstadt zu verteidigen. «Die Stadt ist im Verteidigungsmodus», sagte Bürgermeister Vitali Klitschko der Agentur Unian zufolge. Schüsse und Explosionen in einigen Gegenden bedeuteten, dass russische «Saboteure» ausgeschaltet würden. «Die Situation ist schwierig, aber wir glauben an unsere Streitkräfte und unterstützen sie», sagte Klitschko. Die Stadtverwaltung rief die Einwohner auf, Überwachungskameras auszuschalten und abzuhängen, damit russische Truppen dadurch keinen Einblick in ukrainische Stellungen erhielten.

 

EU verhängt Sanktionen gegen Putin und Lawrow

14:29 Uhr: Die EU wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow auf ihre Sanktionsliste setzen. Dies bedeutet, dass möglicherweise in der EU vorhandene Vermögenswerte der beiden Politiker eingefroren werden.

Darüber, in wieweit Putin und und Lawrow noch einschränkungslos in die EU einreisen dürfen, gab es am späten Mittag unterschiedliche Angaben. Normalerweise umfassen Listungen auch Einreiseverbote, die nur mit Ausnahmegenehmigungen zum Beispiel für Friedensgespräche aufgehoben würden.

Die Strafmaßnahmen sind Teil eines großen Sanktionspakets, dass im Laufe des Tages in Kraft treten soll. Die Außenminister der 27 EU-Staaten wollen dafür am Nachmittag die notwendigen Rechtstexte annehmen. Auf die Listung von Putin und Lawrow hatten sich nach Angaben von Diplomaten am Donnerstagabend die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten verständigt.

Die Wirtschaftssanktionen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visapolitik geben.

Ein Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift und Ausfuhrverbote für zum Beispiel Erdgas sind zunächst nicht vorgesehen. Es wird allerdings für gut möglich gehalten, dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einem Ausschluss aus Swift kommt und dass Russland selbst die Versorgung der EU mit Erdgas einstellt. Bislang liefert der russische Staatskonzern Gazprom nach Angaben der EU-Kommission rund 40 Prozent der in der EU verbrauchten Gasmenge.

 

Laufteam Bundeswehr und Reservisten verurteilt russische Aggression

14:25 Uhr: Der Protest gegen den russischen Angriff auf die Ukraine kommt von vielen Seiten. Jetzt hat auch das Laufteam Bundeswehr und Reservisten eine Presseerklärung herausgegeben und das Vorgehen Moskaus scharf verurteilt. "Unser Team steht an der Seite der ukrainischen Bevölkerung und verurteilt Russlands Angriff unter falschem Vorwand mit allem Nachdruck", heißt es in der Mitteilung.

 

CSU: Bundeswehr braucht mehr Geld für ihre Verteidigungsaufgaben

13:42 Uhr: Nach der russischen Invasion in die Ukraine fordert die CSU deutlich mehr Geld für die Bundeswehr. «Es ist Krieg», sagte CSU-Chef Markus Söder am Freitag nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands in München. Es handele sich in der Ukraine nicht um einen Regionalkonflikt, letztlich sei die «Sicherheit von uns allen», von ganz Europa, der Nato und Deutschland betroffen.

Die Bundeswehr müsse jetzt neu aufgestellt werden, betonte Söder. Es sei beschämend, wenn etwa in Litauen stationierte Soldaten Kleidung oder auch Munition für die Waffen fehle. «Es muss ich grundlegend was ändern.» Die Bundeswehr brauche mehr Geld, damit sie in der Lage sei, die Landesverteidigung und die Bündnisverteidigung zu übernehmen. Auch müsse die Luftverteidigung neu organisiert werden. Dazu zähle auch ein Festhalten an der sogenannte nuklearen Teilhabe, also etwa die Ausstattung von Flugzeugen in Deutschland mit Nuklearwaffen.

Es sei jetzt wichtig, die Eigensicherheit zu erhöhen. Dazu müssten Nato-Truppen in Osteuropa aufgestellt werden, als «Zeichen, dass die Bündnisverpflichtung steht», sagte Söder.

Der nicht zu rechtfertigende Angriffskrieg auf die Ukraine zeige auch, dass neben dem dortigen «heißen Krieg» auch der Kalte Krieg wieder zurück sei. «Unsere Sicherheit garantiert nur die USA», sagte Söder. Es sei daher gut, dass die US-Truppen in Europa nicht wie vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump abgezogen wurden sondern nun sogar noch verstärkt würden.

Der Krieg lege auch offen, dass Deutschland alles dran setzen müsse, bei der Energieversorgung unabhängiger zu werden. Es brauche einen parteiübergreifend erarbeiteten europäischen Energieplan, der sowohl die ökologische Transformierung berücksichtige wie die außenpolitischen Herausforderungen als auch die Bezahlbarkeit. Ohne Ideologien müsse alles diskutiert werden, auch über neue Übergangszeiträume, Zeitachsen und neue Potenziale.

Ob er es auch für angemessen halte, den Atomausstieg zu verschieben, beantwortete Söder auf Nachfrage nur ausweichend: Einige Energieträger wie Wasserstoff seien wahrscheinlicher, andere unwahrscheinlicher. In der CSU hatten sich zuletzt wieder Stimmen gemehrt, die den Atomausstieg grundsätzlich infrage stellen.

 

Italien stellt 3400 Soldaten für weiteren Nato-Einsatz in Aussicht

13:35 Uhr: Italien stellt der Nato rund 3400 zusätzliche Soldaten für die Sicherung im Osten zur Verfügung. Das sagte Ministerpräsident Mario Draghi am Freitag in einer Rede vor dem Parlament in Rom. Etwa 1400 Männer und Frauen könne das Mittelmeerland in Heer, Marine und Luftwaffe aufbieten, dazu kämen 2000 weitere Personen des Militärs.

Die Soldaten und Soldatinnen würden vom Oberbefehlshaber der Nato koordiniert, hätten aber keine Befugnis, die Grenzen der Staaten des Militärverbundes zu überschreiten. Aktuell seien rund 240 Italiener an Nato-Stützpunkten in Lettland und Rumänien im Einsatz.

 

Steinmeier an Putin: Stoppen Sie den Wahnsinn dieses Krieges

13:22 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eindringlich an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appelliert, den Angriff auf die Ukraine sofort zu beenden. «Stoppen Sie den Wahnsinn dieses Krieges. Jetzt!», sagte Steinmeier am Freitag in einer Erklärung in seinem Berliner Amtssitz Schloss Bellevue. Putin habe «unter lügnerischen Vorwänden einen Angriffskrieg gegen die Ukraine entfesselt». Es sei furchtbar, was die Menschen dort jetzt durchleben müssten. Steinmeier betonte, niemand wolle eine Feindschaft mit dem russischen Volk. «Aber dieses Unrecht kann nicht ohne deutliche Antwort bleiben.

 

Merkel: Putin schnell Einhalt gebieten - Rückendeckung für Scholz

12:50 Uhr: Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Olaf Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen. «Dieser Angriffskrieg Russlands markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des Kalten Krieges», erklärte Merkel am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Für diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts gibt es keinerlei Rechtfertigung, ich verurteile ihn auf das Schärfste.»

«Meine Gedanken und meine Solidarität sind in diesen furchtbaren Stunden und Tagen beim ukrainischen Volk und bei der Regierung unter Führung von Präsident (Wolodymyr) Selenskyj», unterstrich Merkel. Alle Anstrengungen der Bundesregierung, gemeinsam mit der Europäischen Union, den USA sowie Deutschlands Partnern in der G7-Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen, der Nato und den Vereinten Nationen «diesem Angriffskrieg Russlands und von Präsident Putin schnellstens Einhalt zu gebieten, finden meine volle Unterstützung».

Sie verfolge die Entwicklungen «mit größter Sorge und Anteilnahme», erklärte die frühere Kanzlerin. Ausdrücklich erwähnte Merkel, dass der neuerliche Angriff Russlands «auf die territoriale Integrität und die Souveränität dieses unabhängigen Staates» dieses Mal die ganze Ukraine betreffe. Russland hatte 2014 bereits die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim besetzt. Merkel hatte in ihrer Amtszeit Wert darauf gelegt, die Gesprächskanäle zu Putin offen zu halten.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in der Bundespressekonferenz auf die Frage, ob die Stellungnahme der Ex-Kanzlerin mit der Bundesregierung abgesprochen worden sei, Merkel habe «ganz allein und selbst entschieden», sich zu äußern. Er ergänzte: «Ich wusste davon vorher nichts, habe mich aber darüber gefreut.»

 

Kreml verteidigt Angriff auf Ukraine und begrüßt Selenskyjs Vorschlag

12:48 Uhr: Der Kreml hat den russischen Militäreinsatz in der Ukraine gegen weltweite Kritik verteidigt und einen Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj begrüßt. Moskau habe das Angebot von Verhandlungen über einen neutralen Status der Ukraine als Schritt in die richtige Richtung aufgenommen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Freitag in Moskau. Die Mitteilung werde analysiert, Selenskyj als Präsident der Ukraine anerkannt. «Natürlich, ja. (...) Er ist der Präsident der Ukraine.» Über die Möglichkeit eines Kontaktes könne aber derzeit nichts gesagt werden.

Selenskyj hatte in der Nacht zum Donnerstag zur Abwendung eines Krieges Putin ein Gesprächsangebot gemacht. Er sagte: «Die Sicherheit der Ukraine ist verbunden mit der Sicherheit ihrer Nachbarn. Deshalb müssen wir heute über die Sicherheit in ganz Europa sprechen. Das ist unserer Hauptziel - der Frieden in der Ukraine und die Sicherheit unserer Bürger. Dafür sind wir bereit, mit allen und auch mit Ihnen zu reden. In verschiedenen Formaten und an jedem beliebigen Ort.»

Putin werde ständig auf dem Laufenden gehalten über die Entwicklung der Militäroperation, er gehe seinen Amtsgeschäften wie üblich nach. Zum Einsatz selbst machte der Kremlsprecher keine Angaben und verwies an das Militär, das regelmäßig darüber informiert. Russland habe erwartet, dass die Reaktion des Westens darauf geschlossen sein werde. Zu den Sanktionen des Westens sagte Peskow, dass Russland Gegensanktionen erlassen werde gemäß den Interessen des Landes.

Dem Westen werde bald die Notwendigkeit der Operation klar werden, meinte Peskow. «In dem Maß, wie das Verständnis für die Unausweichlichkeit der Operation reift, wie die Unausweichlichkeit dieser harten und entschlossenen Handlungen von der Seite Russlands für die Gewährleistung der Sicherheit klar werden wird, so wird auch eine Periode der Normalisierung eintreten», sagte Peskow.

 

Auswärtiges Amt: Botschaftsmitarbeiter in Kiew nach Polen ausgereist

12:44 Uhr: Die entsandten Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kiew sind nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am Donnerstag nach Polen ausgereist. Die Botschaft in Kiew sei aber nicht komplett geschlossen, teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin mit. Es befänden sich auch weiterhin lokale Beschäftigte vor Ort. Nun würden verschiedene Optionen geprüft, wie und wo die Beschäftigten am besten und vor allem unter möglichst sicheren Bedingungen weiterarbeiten könnten. Neben der deutschen Botschaft in Kiew ist auch das Generalkonsulat Donezk in Dnipro wegen der Kämpfe vorübergehend geschlossen worden.

 

Ukrainischer Militärsprecher: Kämpfe nahe Kiew

12:24 Uhr: Das ukrainische Militär kämpft im Großraum Kiew eigenen Angaben zufolge gegen russische Truppen. Mit Blick auf zwei Orte im Nordwesten der Hauptstadt sagte Militärsprecher Olexij Arestowytsch am Freitag vor Journalisten: «Dort gibt es jetzt schon Kämpfe.» Kiew selbst bereite sich auf Verteidigung vor. Die ukrainische Armee habe «einige» russische Hubschrauber und Militärtechnik zerstört. Solche Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Zuvor hatte das Verteidigungsministerium die Bevölkerung in Kiew aufgerufen, sogenannte Molotow-Cocktails zum Kampf vorzubereiten und Sichtungen über russische Militärtechnik zu melden. Einwohner sollten ihre Wohnungen nicht verlassen. Das ukrainische Heer warnte, russische Einheiten nutzten teilweise eroberte ukrainische Technik.

Arestowytsch berichtete zudem über Versuche russischer Soldaten, von der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim aus weiter in Richtung Norden ins Landesinnere vorzudringen. Am Stadtrand von Melitopol seien ukrainische Streitkräfte dabei, einen weiteren Vormarsch in Richtung der am Asowschen Meer gelegenen Hafenstadt Mariupol zu verhindern. In Cherson versuchten russische Truppen demnach, den Fluss Dnipro zu überqueren. Zur Lage in Charkiw im Osten unweit der russischen Grenze sagte Arestowytsch: «Charkiw hält durch».

 

UN erwarten bis zu vier Millionen ukrainische Flüchtlinge

12:08 Uhr: Die Vereinten Nationen stellen sich auf bis zu vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine ein, sollte sich die Situation weiter verschlechtern. Schon jetzt seien Tausende über die Grenzen in Nachbarländer wie Polen, Moldau, die Slowakei und auch Russland geströmt, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR am Freitag in Genf. Das UNHCR stehe zur Unterstützung bereit. Die Ukraine hat annähernd 42 Millionen Einwohner.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef verstärkt zudem seine Präsenz in den Nachbarländern Moldau, Rumänen und Polen sowie in Ungarn und Slowenien. Entlang von Fluchtrouten sollen Zufluchtsorte für Frauen und Kinder eingerichtet werden. In Rumänien stünden Konvois bereit, um Material für Zehntausende Menschen in die Ukraine zu bringen, so ein Experte.

Das UN-Menschenrechtsbüro bekam nach eigenen Angaben Berichte über 25 getötete und 102 verletzte Zivilisten. Die überwiegende Mehrheit der Fälle sei aus Gebieten gemeldet worden, die von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden, sagte eine Sprecherin. Sie geht davon aus, dass die wahren Zahlen deutlich höher liegen. In vielen Fällen sei es schwierig, Angaben zu prüfen. Es gebe einen «Informationskrieg» mit Behauptungen über Angriffe, die sich beim näheren Hinsehen als falsch herausstellten.

 

Dänemark stellt NATO bis zu 20 Kampfjets zur Verfügung

11:35 Uhr: Dänemark will der NATO weitere Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen. Das Parlament in Kopenhagen stimmte am Donnerstagabend für eine entsprechende Beschlussvorlage der Regierung, wie Außenminister Jeppe Kofod mitteilte. Das NATO-Gründungsmitglied darf somit bis zu 20 F-16-Kampfjets zur Sicherung des Luftraums von Bündnisstaaten entsenden. Hinzu kommen eine Fregatte einschließlich Hubschrauber, ein Transportflugzeug und weiteres militärisches Personal.

Verteidigungsminister Morten Bødskov zufolge dient der Beschluss nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in erster Linie der Abschreckung und der Überwachung des Territoriums der NATO-Staaten. Deren Staats- und Regierungschefs wollten am Freitagnachmittag zu einer Videokonferenz zusammenkommen.
 

Große Demo gegen Russlands Angriff auf Ukraine am Sonntag in Berlin

11:18 Uhr: Mit einer großen Demonstration wollen zahlreiche Organisationen am Sonntag in Berlin gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine protestieren. Angemeldet sind bei der Polizei 20.000 Teilnehmer ab 13 Uhr am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni. Der Titel lautet: «Stoppt den Krieg. Frieden für die Ukraine und ganz Europa».

Zu dem Organisationsbündnis gehören unter anderem der DGB und Verdi, die Umweltschutzorganisationen Bund und Naturfreunde, die linke Initiative Attac, die Flüchtlingshilfsorganisation Seebrücke, das Netzwerk Friedenskooperative und Pax Christi. Auch in vielen anderen Städten sind von Freitag bis Sonntag proteste gegen das Vorgehen Russlands in der Ukraine geplant.

Bereits gestern Abend waren in Berlin und weltweit in vielen anderen Städten Menschen aus Protest gegen den russischen Überfall auf die Ukraine auf die Straße gegangen. Auch in Russland - etwa in St. Petersburg - protestierten trotz Demonstrationsverbots hunderte Menschen. Es kam zu zahlreichen Festnahmen durch die russische Polizei..

 

Angst vor russischem Vorstoß in Kiew

11:02 Uhr: In der ukrainischen Hauptstadt Kiew herrscht angesichts eines erwarteten russischen Vorstoßes Angst auf den Straßen. Ein Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur berichtete, mit Sturmgewehren bewaffnete Patrouillen seien in der Innenstadt unterwegs. Straßen und Plätze waren leer. Außenminister Dmytro Kuleba hatte zuvor von «schrecklichen russischen Raketenangriffen» auf die Stadt mit knapp drei Millionen Einwohnern berichtet.

Das ukrainische Verteidigungsministerium rief die Bevölkerung dazu auf, russische Militärfahrzeuge überall zu blockieren. «Kommt mit ukrainischen Flaggen auf die Straßen, filmt die russischen Besatzer. Zeigt ihnen, dass sie hier nicht erwünscht sind, dass ihnen jeder Widerstand leisten wird», hieß es in einem emotionalen Appell. Von Kampfhandlungen sollten sich die Bewohnerinnen und Bewohner aber fernhalten, damit das ukrainische Militär «seine Arbeit erledigen» könne.

Unterdessen verbrachten auch im Osten des Landes Menschen die Nacht in Luftschutzbunkern. «Es kamen immer mehr Menschen, je länger die Nacht dauerte», schrieb die 34-jährige Jewgenija Andrejewna aus der zweitgrößten Stadt Charkiw der Deutschen Presse-Agentur. «Alle kamen mit ihren Haustieren.» Am Morgen habe sie zunächst wieder in ihre Wohnung zurückkehren können.

 

Britischer Minister: Russland hat sein bisheriges Ziel nicht erreicht

10:45 Uhr: Nach Einschätzung der britischen Regierung ist Russland beim Angriff auf die Ukraine nicht so schnell vorangekommen wie geplant. «Unsere Einschätzung heute Morgen ist, dass Russland keines seiner Hauptziele erreicht hat, sondern hinter seinem erhofften Zeitplan liegt», sagte Verteidigungsminister Ben Wallace am Freitag dem Sender Sky News. Die russischen Truppen hätten 450 Kräfte verloren, sagte der konservative Politiker. Diese Zahl ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Auch einer der «bedeutsamen Flughäfen» sei nicht übernommen, sondern von den Ukrainern zurückerobert worden, sagte Wallace. Die russische Armee sei am ersten Kriegstag daran gescheitert, ihre Ziele zu erreichen.

Die britische Regierung hatte bereits vor Ausbruch des Krieges mit scharfer Rhetorik vor Moskaus Plänen gewarnt und mehrfach eigene Geheimdienstinformationen öffentlich gemacht. Der britische Premierminister Boris Johnson sprach dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat am Freitagmorgen erneut seine Unterstützung und außerdem Beileid für die bisherigen Opfer aus. Die Welt sei «vereint im Entsetzen über das, was Putin tut», sagte Johnson einer Mitteilung aus der Downing Street zufolge.

 

Grünen-Co-Chef Nouripour sieht bei Bundeswehr politische Versäumnisse

09:40 Uhr: Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour sieht politische Versäumnisse bei der Aufstellung der Bundeswehr. «Ich muss einfach eingestehen: Wenn es einen Grund gibt für Politik, ein schlechtes Gewissen zu haben, dann sind es die Berichte über den Zustand der Bundeswehr», sagte Nouripour am Freitag im Interview mit dem Deutschlandfunk. Der Grünen-Parteichef bezog sich dabei unter anderem auf einen Post des Heeresinspekteurs Alfons Mais. Dieser hatte am Donnerstag auf dem Netzwerk Linkedin angesichts der Entwicklungen im Russland-Ukraine-Konflikt geschrieben, dass die Bundeswehr «mehr oder weniger blank» dastehe.

Nouripour erklärte, dass in den nächsten Tagen Gespräche über den Verteidigungshaushalt nötig seien. «Das werden wir in den nächsten Tagen miteinander erörtern müssen. Auch da kann ich nichts ausschließen», sagte Nouripour. Es gehe jetzt darum, zu überlegen, «wie die Europäische Union handlungsfähiger wird, auch im militärischen Bereich».

Zuvor war Nouripour im Interview gefragt worden, ob die deutsche Politik nicht «ein schlechtes Gewissen» haben sollte, weil sie sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden hat. Der Grünen-Politiker erklärte daraufhin, dass es «töricht» wäre, in der aktuellen Situation etwas auszuschließen. Allerdings sehe es nicht danach aus, dass Mittel wie Waffenlieferungen den russischen Präsidenten Wladimir Putin davon abhalten würden, «dass er jetzt weiterhin auf Kiew zuläuft», erklärte Nouripour. Es sei auch «nicht der Fall, dass die ukrainische Armee jetzt nicht bewaffnet wäre».

 

«Spiegel»: Bundeswehr plant Verstärkung für NATO-Partner

08:50 Uhr: Die Bundeswehr plant einem «Spiegel»-Bericht zufolge, der NATO zusätzliche Soldaten und Waffensysteme zur Verstärkung der Ostflanke anzubieten. Zeitnah könne eine Infanterie-Kompanie - rund 150 Soldaten mit einem guten Dutzend »Boxer«-Radpanzern - verlegt werden, berichtet das Magazin am Freitag. Die deutschen Soldaten könnten sich einem französischen Gefechtsverband in Rumänien anschließen, den Paris bei der Nato bereits angekündigt habe.

Zudem wolle Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) der Nato das «Patriot»-Flugabwehrraketensystem anbieten, das zum Beispiel im Baltikum für einen besseren Schutz sorgen könnte. Darüber hinaus wolle Berlin der Allianz für Nato-Missionen in der Nord- und Ostsee eine Korvette und eine Fregatte als Option offerieren. Diese Kriegsschiffe müssten allerdings von anderen Missionen im Mittelmeer abgezogen werden. Hinzu komme noch ein deutsches Flottendienstboot mit Sensortechnik, das bereits in die Ostsee unterwegs ist.

 

Ex-Außenminister Gabriel warnt vor Ausweitung des Konflikts

08:45 Uhr: Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat vor einer Eskalation des Konflikts mit Russland unter Beteiligung der Nato gewarnt. «Wollen wir wirklich in einen Nuklearkrieg mit Russland eintauchen? Das wäre nämlich die Konsequenz, wenn die NATO eingreifen würde. Ich glaube, das will nicht mal die Ukraine», sagte der frühere SPD-Vorsitzende am Freitag im ZDF-«Morgenmagazin». Ein solcher Angriff würde «Europa zu einem nuklearen Schlachtfeld machen».

Russland sehe jetzt eine große Chance, «sich zurück zur europäischen Großmacht zu bringen», so Gabriel. Die Hoffnung des Westens, über Verhandlungen Ergebnisse zu erzielen, sei von Russland zerstört worden. Die Nato-Staaten hätten nun lediglich zwei Möglichkeiten: «Sanktionen und Waffenlieferungen an die Ukraine, damit sie sich selber verteidigen kann.» Langfristig werde es Russland schwer haben, «gegen die westlichen Sanktionen anzukommen».

Zugleich sei wichtig, die eigenen militärischen Fähigkeiten auszubauen. «Wir können und müssen die Bundeswehr besser machen und müssen auch die NATO besser machen», sagte Gabriel. Das machte die Nato-Staaten sicherer - auch wenn «selbst die beste NATO, die beste Bundeswehr» in der jetzigen Situation aus seiner Sicht keinen Angriff auf Russland starten würde.

 

Raketen auf Kiew - Selenskyj ordnet allgemeine Mobilmachung an

08:30 Uhr: An Tag zwei des russischen Angriffs meldet die Ukraine Raketenbeschuss auf die Hauptstadt Kiew. Unter anderem wurde ein mehrstöckiges Wohnhaus getroffen, wie die Stadtverwaltung am Freitagmorgen mitteilte. «Schreckliche russische Raketenangriffe auf Kiew», twitterte Außenminister Dmytro Kuleba und zog eine Parallele zum Angriff durch Nazi-Deutschland 1941. Doch die militärische Lage blieb unübersichtlich.

Die Europäische Union konterte die Militäroffensive in der Nacht mit einem umfassenden Sanktionspaket gegen Moskau, zog aber noch nicht das schärfste Schwert - den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach direkt mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin, allerdings ohne greifbares Ergebnis.

Putin hatte am Donnerstagmorgen nach einem wochenlangen Truppenaufmarsch an den Grenzen der Ukraine eine groß angelegte Offensive gegen das Nachbarland gestartet. Während russische Panzer auf das Territorium der Ukraine vorstießen, gab es Luftangriffe im ganzen Land. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem eklatanten Bruch des Völkerrechts.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj meldete sich in der Nacht zum Freitag mit einer Videobotschaft. Die ukrainische Armee habe am ersten Tag der russischen Invasion 137 Soldaten verloren, 316 Soldaten seien verletzt worden, sagte er. Russland habe das gesamte Gebiet der Ukraine angegriffen. Angaben über zivile Opfer blieben spärlich.

Auch die militärische Situation in der Nacht zum Freitag war undurchsichtig. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko veröffentlichte im sozialen Netzwerk Telegram ein Video, das Brände in mehreren Etagen des getroffenen Gebäudes zeigte. Die Stadtverwaltung meldete drei Verletzte, einer davon in Lebensgefahr. Ukrainische Kräfte hätten einen russischen Flugapparat abgeschossen, schrieb ein Berater des ukrainischen Innenministers. Details blieben offen.

Selenskyj mutmaßte, dass der russische Angriff ihn stürzen solle. «Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr. 1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr. 2», sagte er - eine Einschätzung, die die US-Regierung teilt. Er beklagte, dass die Nato die Ukraine nicht aufnehmen wolle und das Land auf sich gestellt sei.

Schon am späten Donnerstagabend hatte Selenskyj eine allgemeine Mobilmachung angeordnet, die für 90 Tage gelten soll und die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vorsieht. Wie viele Männer betroffen sein werden, sagte der 44-Jährige nicht.

In Brüssel suchten Bundeskanzler Scholz und die übrigen EU-Staats- und Regierungschefs bei einem sechsstündigen Krisengipfel eine starke Antwort auf den russischen Angriff. Sie vereinbarten Strafmaßnahmen gegen Russland mit Blick auf Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visavergabe geben. Selenskyj wurde nach Brüssel zugeschaltet.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte nach dem Gipfel in der Nacht zu Freitag: «Unsere Einigkeit ist unsere Stärke.» Der russische Präsident Wladimir Putin versuche die Landkarte Europas neu zu zeichnen. «Er muss und er wird scheitern.»

So einig, wie von der Leyen es beschrieb, waren sich die Staats- und Regierungschefs aber nicht. Mehrere von ihnen forderten schon vor Beginn des Sondergipfels noch weitreichendere Maßnahmen. Dabei steht unter anderem das Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift im Zentrum. Ein Swift-Ausschluss hätte zur Folge, dass russische Finanzinstitute quasi vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen würden.

Unter anderem Deutschland ist aber dagegen, dieses Sanktionsinstrument jetzt schon einzusetzen. Man solle zunächst bei dem über die vergangenen Wochen vorbereiteten Sanktionspaket bleiben, sagte Bundeskanzler Scholz. Alles andere müsse man sich «aufbehalten für eine Situation, wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun». Polen, Slowenien und andere Länder wollten weiterreichende Sanktionen inklusive Swift-Ausschluss.

US-Präsident Joe Biden kündigte ebenfalls Sanktionen an, die sich unter anderem gegen große russische Banken richten. Zudem kündigte Biden strikte Exportkontrollen für den Technologiesektor und weitere Strafmaßnahmen gegen Mitglieder der russischen Elite an. «Putin ist der Aggressor», sagte Biden im Weißen Haus.

Die Vereinigten Staaten verlegen zudem 7000 weitere Soldaten nach Europa, die zunächst in Deutschland stationiert werden sollen. «Unsere Streitkräfte gehen nicht nach Europa, um in der Ukraine zu kämpfen, sondern um unsere Nato-Verbündeten zu verteidigen und die Verbündeten im Osten zu beruhigen», sagte Biden. Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten schalten sich an diesem Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.

Der Westen hatte in den vergangenen Wochen mit intensiven diplomatischen Bemühungen und der Drohung harter Sanktionen versucht, einen russischen Einmarsch abzuwenden - letztlich vergeblich. Nach Beginn der Offensive hatte der französische Präsident Macron als erster westlicher Politiker direkt mit Putin Kontakt. Der Kreml machte das Gespräch am Donnerstagabend bekannt.

Macron nannte das Gespräch beim EU-Gipfel «offen, direkt und kurz». Er habe Putin auf Bitten Selenskyjs aufgefordert, die Kämpfe in der Ukraine so rasch wie möglich zu beenden, sagte Macron, fügte aber an: «Es hat keine Wirkung gezeigt, das sehen Sie im Moment ganz deutlich, da der russische Präsident den Krieg gewählt hat.» Macron sprach sich dafür aus, den Gesprächsfaden dennoch nicht ganz abreißen zu lassen, damit ein Ende der Feindseligkeiten erreicht werden könne, wenn die Bedingungen erfüllt seien.

In der Ostukraine kämpfen seit 2014 prorussische Separatisten gegen ukrainische Regierungstruppen. Anfang der Woche hatte Putin die selbst ernannten Volksrepubliken der Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt.

Nach vorläufigen Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in der Ukraine bereits 100.000 Menschen auf der Flucht. «Es hat eindeutig erhebliche Vertreibungen im Land gegeben und es gibt Bewegungen Richtung Grenzen und ins Ausland», sagte eine UNHCR-Sprecherin. Tausende Menschen suchten am Donnerstagabend in Kiew in U-Bahn-Stationen Schutz.

In Deutschland sprachen sich führende Politiker der Ampel-Koalition dafür aus, der Bundeswehr mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. In dem Sinne äußerten sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in der ARD-Sendung «Maischberger» sowie Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in der ZDF-Sendung «Markus Lanz».

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