Gescheiterte Super-Drohne „Euro Hawk“: Luftwaffenmuseum bekommt sein wohl teuerstes Exponat
Ein Besuch im Luftwaffenmuseum Berlin-Gatow lohnt sich: Hier reihen sich zahlreiche Veteranen der deutschen und internationalen Luftfahrt aneinander, angefangen beim Fokker-Eindecker aus dem Ersten Weltkrieg bis hin zur aus NVA-Beständen übernommenen Mig-29. Bald kommt ein Exponat mit einer weniger glorreichen Geschichte hinzu: Die gescheiterte Drohne „Euro Hawk“.
Die Super-Drohne ist zwar nie so richtig abgehoben, aber immerhin könnte sie zum teuersten Exponat in Gatow werden. Schließlich entpuppte sich das 2013 gestoppte Projekt als Millionengrab. Einst sollte die Drohne, die auf Basis der RQ-4 „Global Hawk“ des US-Herstellers Northrop Grumman entwickelt wurde, für die Luftwaffe die luftgestützte Signalaufklärung übernehmen. Nachdem 2010 die Breguet „Atlantic“ der Marineflieger ausgemustert worden war, war die Bundeswehr auf der Suche nach einer Nachfolgelösung, um diese Fähigkeit weiterhin sicherzustellen. Der „Euro Hawk“ sollte dies übernehmen: Eine riesige Drohne mit einer Spannweite von knapp 40 Metern, die in fast 20 Kilometern Höhe ihre Aufklärungsflüge mit einer Ausdauer von fast 40 Stunden durchführen sollte, ausgerüstet mit Sensorik von EADS.
Das Projekt startete vielversprechend: Im Oktober 2003 wurde der erste Prototyp des „Euro Hawk“, Kennung 99+01, in einem 20-stündigen Flug von der Edwards Air Base in den USA zum Marinefliegerstützpunkt in Nordholz überführt. Den Flugbetrieb sollte später das Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“ übernehmen. Nach Einbau und ausgiebigen Tests der Sensorik-Komponenten erfolgte am 11. Januar 2013 der erfolgreiche Erstflug über Deutschland. Doch das war es dann auch mit den guten Nachrichten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das ambitionierte Projekt schon beträchtliche Summen verschlungen. Im Mai 2013 listete der „Stern“ die bis dahin angefallenen Kosten auf: 508 Millionen Euro gingen in die Entwicklung, 54 Millionen in die Herstellung der Flugfähigkeit und weitere 94 Millionen standen für offene vertragliche Verpflichtungen auf der Rechnung. Doch um eine Zulassung für den europäischen Luftraum zu erhalten, wären weitere 600 Millionen Euro zu zahlen gewesen. Der Grund: Ein ausreichender Kollisionsschutz konnte nicht nachgewiesen werden. An diesem Punkt zog das Verteidigungsministerium die Reißleine und stoppte das Vorhaben. Immerhin fallen 248 Millionen Euro der genannten Entwicklungskosten auf die Sensorik von EADS, die in einem anderen Fluggerät weiter genutzt werden sollte. Es bleibt aber eine stolze Summe von mehr als 300 Millionen Euro, die vom Bund für den unbemannten Superflieger in den Sand gesetzt wurden.
Der „Euro Hawk“ setzte auch den damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière gehörig unter Druck. Ihm wurde vorgeworfen, erst viel zu spät das Projekt gestoppt zu haben. Vor dem Verteidigungsausschuss musste de Maizière im Juni 2013 einräumen, dass er 2012 nur einmal „abstrakt“ von den Zulassungsproblemen des „Euro Hawk“ gehört habe. Über den vollen Umfang des Debakels habe er erst im Mai 2013 erfahren, berichtete damals „Spiegel Online“. Dabei warf de Maizière seinen Staatssekretären Rüdiger Wolf und Stéphane Beemelmans vor, ihn nicht rechtzeitig über die Probleme unterrichtet zu haben. Später befasste sich noch ein Untersuchungsausschuss des Bundestags mit der „Euro Hawk“-Pleite.
Nun soll die Riesendrohne demnächst am Standort Gatow des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr zu bewundern sein, teilte das BMVg auf eine Anfrage mit, die von der Webseite „FragDenStaat“ veröffentlicht wurde. Frühestens ab 2022 soll der „Euro Hawk“ der Öffentlichkeit zugänglich sein. Eine passende Stellfläche würde sich in Gatow anbieten: Und zwar direkt neben der Breguet „Atlantic“, die bis 2010 erfolgreich den Auftrag der luftgestützten Signalaufklärung für die Bundeswehr wahrgenommen hat.