Bundeswehr stellt Grundzüge des Operationsplans Deutschland vor
Auf Einladung des Territorialen Führungskommandos kamen in Berlin Vertreter aus den Streitkräften, den Sicherheitsbehörden, dem Katastrophenschutz und der Industrie zu einem Symposium zusammen.
Der Operationsplan Deutschland (Oplan) wird erst Ende März dieses Jahres vorgelegt. Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, machte aber jetzt schon einen öffentlichen Aufschlag: Er wolle der Öffentlichkeit die aktuellen Bedrohungen verdeutlichen und gleichzeitig zeigen, dass es einen Plan gebe, um diesen Bedrohungen zu begegnen, sagte Bodemann auf einem Symposium in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin, zu dem er Vertreter aus der Bundeswehr, aus Blaulichtorganisationen, Sicherheitsbehörden und Industrie geladen hatte.
Streitkräfte, Sicherheitsbehörden, Katastrophenschutz und Industrie sollen besser vernetzt werden. Der Oplan lege fest, wie im Spannungs- und Verteidigungsfall in der Praxis gemeinsam vorgegangen werden solle, so Bodemann.
„Es war gut, dass sich auf diesem Symposium Akteure aus Politik, Einsatzkräften, Wirtschaft und Medien zusammengekommen sind und sich offen ausgetauscht haben“, sagte der Stellvertreter des Bundesvorsitzenden des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberstleutnant i.G Marcel Bohnert. „Sie werden als Multiplikatoren fungieren und dazu beitragen, dass sich das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein für die gewandelte sicherheitspolitische Realität weiter erhöht.“
Die Erfordernisse des Operationsplans Deutschland seien öffentlich noch immer zu wenig bekannt, so Bohnert. „Als in der vergangenen Woche die Informationen zur NATO-Großübung Steadfast Defender in den Medien diskutiert wurden, zeigten sich hierzulande viele überrascht.“ Auf Deutschlands Straßen und Schienen werde man in diesem Jahr umfangreiche Truppenverlegungen und multinationale Militärtransporte erleben. Der Deutsche Bundeswehrverband kommuniziere das bereits seit vielen Monaten.
Neue Qualität der hybriden Kriegsführung
Eine besondere und stark wachsende Herausforderung für den deutschen Sicherheitsapparat sind neben der Gefahr von Sabotageakten an kritischer Infrastruktur die hybriden Bedrohungen. Grundsätzlich sei hybride Kriegsführung uralt, stellte Prof. Dr. Carlo Masala von der Bundeswehruniversität in München auf dem Symposium fest. Schon die römischen Kriegsherren setzten Propaganda ein.
Masala: „Neu ist: Hybride Kriegsführung ist jetzt ein eigenständiger Strang der Kriegsführung. Früher war sie eingebettet. Dadurch hat das eine neue Qualität.“ Hinzu kommt, dass man typischerweise hybride Angriffe erst mit zeitlicher Verzögerung überhaupt identifizieren kann. Man wisse gewöhnlich nicht, wer z.B. hinter einer Cyberattacke oder einem Sabotageakt stecke, was die Reaktionszeit verzögere. „Das macht diese Art der Kriegsführung so attraktiv“, sagte Masala.
Die Gefahr von Desinformationen hat durch die sozialen Medien stark zugenommen. Für noch gefährlicher hält Professor Masala die Taktik, die Bevölkerung so zu beeinflussen, dass sie ihre eigene Regierung nicht mehr unterstützt – eine Spezialität Russlands. Sie ziele auf „normalen“ Menschen ab, die breite Masse, und nicht auf solche, die ohnehin auf Verschwörungstheorien im Netz anspringen würden. Am Ende gehe es darum, die Institutionen unserer Gesellschaft zu delegitimieren.
Hybride Bedrohungen, hier ließen die Diskutanten keinen Zweifel, haben das Potenzial, einen Staat in die Knie zu zwingen – ohne dass es Panzer oder Soldaten brauche.
Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) bemängelte, dass der zivile Katastrophenschutz in Deutschland stark vernachlässigt werde. Die Bundesländer seien lediglich auf Naturkatastrophen vorbereitet. Er vermisst eine zentrale Stelle in Deutschland, in der militärische und zivile Informationen zusammenlaufen und die im Falle von hybriden Angriffen schnell Entscheidungen treffen kann. Die deutsche föderale Sicherheitsarchitektur mit den zerfaserten Zuständigkeiten, zu diesem Schluss kamen gleich mehrere Diskutanten, macht es Angreifern leicht.