General Carsten Breuer fordert, dass alle Strukturen und Prozesse in den Streitkräften konsequent auf Wehrhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit ausgerichtet werden. Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

19.07.2023
Von Yann Bombeke

General Breuer: Müssen gewinnen wollen, weil wir gewinnen müssen

Von einem „Kriegsbild“ zu sprechen, wäre vor wenigen Jahren noch kaum denkbar gewesen. Doch seit dem 24. Februar 2022 ist alles anders. General Carsten Breuer hat ein ebensolches Kriegsbild skizziert. Für den Generalinspekteur der Bundeswehr kommt es auf drei Dinge an: Kriegstüchtigkeit, Resilienz und Wehrhaftigkeit.

Berlin Es war die erste sicherheitspolitische Grundsatzrede des Generalinspekteurs – und der Ort war gut gewählt: Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr ist eine Ideenschmiede für die Streitkräfte, dort werden untere anderem die dringend notwendigen Digitalisierungsprozesse befördert. Welches Tempo dabei mittlerweile erforderlich ist, verdeutlicht der Krieg in der Ukraine. Einerseits verglich der Generalinspekteur den von Russland begonnenen Konflikt mit dem Ersten Weltkrieg – „ein brutaler Abnutzungskrieg“. Breuer weiter: „Gleichzeitig sehen wir einen durch künstliche Intelligenz gestärkten Aufklärungs- und Wirkverbund, indem verstärkt Drohnen zum Einsatz kommen.“

Immer kürzere Innovationszyklen

Früher sei das Militär oft „Taktgeber für technologische Innovation“ gewesen, erläuterte Breuer in seiner Rede, die er Rahmen der „Zeitenwende on tour“-Reihe der Münchner Sicherheitskonferenz hielt. „Heute sehen wir uns mit immer kürzeren Innovationszyklen und potenziell disruptiven Entwicklungen konfrontiert, denen unsere Rüstungs- und Beschaffungsprozesse im Moment schlicht nicht gewachsen sind.“ Deswegen müssten Beschaffungsprozesse „entschlossen“ entschlackt, selbst angelegte Fesseln abgestreift und endlich die Geschwindigkeit erreichen werden, „die der Dringlichkeit der Herausforderung gerecht wird“, so die mahnenden Worte des Generalinspekteurs.

Vor allem fordert General Breuer aber einen Gedankenwandel innerhalb der Bundeswehr. Landes- und Bündnisverteidigung müsse neu gedacht werden, so der Offizier: „Wehrhaft, resilient, nachhaltig.“ Deutschland müsse dabei mehr Verantwortung bei Abschreckung und Verteidigung übernehmen, forderte Breuer. Dies gelte sowohl für das neue Streitkräftemodell der NATO als auch für die Rolle Deutschlands als Drehscheibe für alliierte Truppenbewegungen.

Die Aufgaben des Internationalen Krisenmanagements blieben bei der Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung jedoch bestehen, sagte der Generalinspekteur. Im Ergebnis müssten die Rolle und die Aufgaben der Bundeswehr neu gedacht werden.

Dann wurde General Breuer deutlich: „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen, ist nicht mehr genug. Wenn wir in der Zeitenwende glaubwürdig abschrecken und somit Krieg verhindern wollen, müssen wir vor allem eins: Gewinnen wollen, weil wir gewinnen müssen.“ Der 58-Jährige hat dabei nicht nur die Streitkräfte im Blick: „Von wesentlicher Bedeutung hierfür ist gesamtgesellschaftliche Resilienz und die Integration aller gesellschaftlichen Ressourcen, also Politik und Gesellschaft und Militär für das gemeinsame Ziel der Verteidigung der Sicherheit unserer Freiheit.“

Verantwortung dort wahrnehmen, wo sie hingehört

Für die Bundeswehr gelte, dass alle Strukturen und Prozesse dem „übergeordneten Ziel der Wehrhaftigkeit und für die Streitkräfte der Kriegstüchtigkeit“ dienen. Breuer weiter: „Es geht mir vor allem um eine neue Qualität von Führung. Agilität, Risikofreunde und Verantwortungsübernahme sind auf allen Ebenen entscheidend. Verantwortung muss dort wahrgenommen werden, wo sie hingehört: auf der niedrigst möglichen Ebene. Dort, wo sich Entscheidungen unmittelbar auswirken. Nur so können wir gewinnen – nur so können wir einen Krieg gewinnen. Wir brauchen diese Resilienz in allen Lebensbereichen, wenn wir unsere Freiheit, unsere Werte und unsere Art zu leben, wahren wollen.“

Die vollständige Rede von General Breuer wurde auf der Homepage des BMVg veröffentlicht.

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