Mali: Ziviler Dienstleister übernimmt Evakuierungsflüge
In Mali soll im Falle des Falles ein privater Dienstleister die Evakuierung verwundeter Soldatinnen und Soldaten übernehmen. Das wirft die Frage auf, ob sich eine Rettungskette so effektiv aufrechterhalten lässt. Die Opposition übt Kritik.
Transporthubschrauber waren schon immer knapp im UN-Einsatz der Bundeswehr in Mali. Vorübergehend übernahm die Bundeswehr selbst diese Aufgabe, schickte NH90-Drehflügler des Heeres nach Gao. Neben den normalen Transportaufgaben standen die Hubschrauber auch dafür bereit, um verwundete Soldaten aus den eigenen Reihen oder der Partnernationen aus der Kampfzone zu holen, sollte dies erforderlich sein – notfalls auch unter Einsatz der Bordwaffen. Abgelöst wurden die NH90 durch rumänische Hubschrauber.
Seit Dezember 2020 jedoch übernimmt nach Angaben der „Welt“ ein privater Dienstleister aus Süddeutschland den Job – es handelt sich dabei um das Unternehmen „Global Helicopter Service“ (GHS). Das ist zwar auf Einsätze in Afrika spezialisiert, doch waren die in der Vergangenheit ziviler Natur: GHS übernahm Transportaufgaben für Hilfsorganisationen oder war im Auftrag von Ölbohrfirmen in der Luft. Nun fliegen ein Airbus H225 „Super Puma“ und eine Bell 412 EP im Auftrag von MINUSMA. Für normale Transportaufgaben von Mensch und Material mag das ausreichen, doch sollen die GHS-Hubschrauber auch eingesetzt werden, wenn es brenzlig wird – sie sollen verwundete Soldaten ins Feldlager zur medizinischen Versorgung bringen.
Für die Aufgabe der „Forward Air MedEvac“ sind die unbewaffneten zivilen Hubschrauber aber weder ausgerüstet noch vorgesehen – sie dürfen nur gesicherte Landezonen anfliegen. Die Einsatzrealität zeigt jedoch, dass es auch notwendig sein kann, Verwundete direkt aus einem Kampfgebiet herauszuholen. Das weiß auch die Bundeswehr: Deutlich sichtbar wurde dies etwa beim Karfreitagsgefecht 2010 in Afghanistan, als US-amerikanische „Blackhawk“-Hubschrauber verwundete deutsche Soldaten unter schwerem feindlichen Beschuss aus der Gefahrenzone brachten.
Wie die „Welt“ auf Anfrage beim Einsatzführungskommando erfuhr, sollen verwundete Kräfte zunächst auf dem Landweg in eine gesicherte Landezone gebracht werden, wenn die GHS-Hubschrauber nicht direkt am Ort des Geschehens landen können. Da ist es fraglich, ob Verwundete tatsächlich innerhalb von zwei Stunden zur medizinischen Versorgung ins Feldlager gebracht werden können, wie es die Nato-Standards vorsehen.
"Bis dato waren Soldaten in Auslandseinsätzen den oft gefährlichen Aufträgen entsprechend komplett ausgerüstet– wenn auch zulasten des Grundbetriebs in Deutschland. Dass jetzt offensichtlich auch Mangel in den internationalen Einsätzen angekommen ist, ist nicht zu entschuldigen." https://t.co/VgCdn6odKD
— Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) April 27, 2021
Das sorgt für Kritik. „Bis dato waren Soldaten in Auslandseinsätzen den oft gefährlichen Aufträgen entsprechend komplett ausgerüstet – wenn auch zulasten des Grundbetriebs in Deutschland. Dass jetzt offensichtlich auch Mangel in den internationalen Einsätzen angekommen ist, ist nicht zu entschuldigen“, sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Grünen-Politiker Tobias Lindner sagte der „Welt“: „Es ist widersprüchlich, einerseits über 1000 Soldaten in die Sahara zu entsenden, ihnen andererseits aber nicht alle benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen.“
Dass GHS in Mali für die Bundeswehr fliegt, ist schon länger bekannt, auch die Bundeswehr berichtete darüber. Hauptmann Andreas Steinmetz, im DBwV-Bundesvorstand für Einsätze und Missionen zuständig, betonte: „Für uns ist wichtig, dass die Qualität der Versorgung gesichert sein muss und dass wir gemeinsam mit unseren Partnern alles tun, dass diese Hochwertfähigkeit, einschließlich Search and Rescue, in Zukunft militärisch wieder durchhaltefähig zur Verfügung steht.“