Banner vor der Russischen Botschaft in Berlin mit der Aufschrift „Stop Putin Stop War Save Ukraine“. Foto: picture alliance/Kirchner-Media/Bahho Kara

Banner vor der Russischen Botschaft in Berlin mit der Aufschrift „Stop Putin Stop War Save Ukraine“. Foto: picture alliance/Kirchner-Media/Bahho Kara

23.02.2025
Von Jan Meyer und Yann Bombeke

Auf einmal ist alles anders

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein anderer Text stehen. In der aktuellen Ausgabe unseres Verbandsmagazins „Die Bundeswehr“ haben wir das Titelthema dem seit nunmehr drei Jahren tobenden Krieg in der Ukraine gewidmet. Und auf dem Titelblatt gefragt, ob 2025 das Jahr der Wende wird. Wir haben dabei verschiedene Szenarien aufgezeigt, wie sich die Lage in der Ukraine, die seit dem 24. Februar 2022 auf brutalste Art und Weise von ihrem Nachbarn Russland mit Krieg überzogen wird, entwickeln könnte.

Doch innerhalb von nur etwas mehr als einer Woche haben sich die Ereignisse überschlagen: Zwar hat Donald Trump nicht, wie er es seinen Wählern versprochen hatte, den Krieg im Osten Europas innerhalb von 24 Stunden beendet. Nein, das Sterben an den Fronten im Donbass oder in der Region Kursk geht auch in diesen Tagen unvermindert weiter. Dennoch ist innerhalb kürzester Zeit eine völlig neue Situation entstanden. Eine Situation, die alles auf den Kopf stellt. US-Präsident Trump hat ein Verhandlungs-Team nach Saudi-Arabien geschickt, das sich dort mit russischen Unterhändlern getroffen hat. Für Europa war kein Platz an diesem Verhandlungstisch und – noch bemerkenswerter – für die Ukraine ebenso wenig.

Beispiellose Täter-Opfer-Umkehr

Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dies monierte, wurde er vom US-Präsidenten böse abgewatscht: Trump bezeichnete Selenskyj als „Diktator“, der diesen Krieg besser nicht angefangen hätte. Auf diese beispiellose Täter-Opfer-Umkehr reagiert Europa ebenso fassungslos wie auf die wenigen bislang durchgesickerten, teils widersprüchlichen Details des Trumpschen Friedensplans. So soll die Ukraine auf die von Russland besetzten Gebiete verzichten, auf keinen Fall NATO-Mitglied werden dürfen und die Friedenssicherung sollen die von den Verhandlungen ausgeschlossenen Europäer übernehmen – ohne Sicherheitsgarantien der NATO.

Mit einem Schlag ist alles anders: Ja, es war zu erwarten, dass die USA mit einem erneut gewählten Präsidenten Trump noch vehementer darauf pochen würden, dass die Europäer einen deutlich größeren Beitrag für ihre eigene Sicherheit leisten müssten. Doch nun scheint noch viel mehr auf dem Spiel zu stehen: Im Stimmenwirrwarr aus der neuen US-Administration sind auch Botschaften zu hören, die ein Ende der militärischen Präsenz der Vereinigten Staaten in Europa befürchten lassen.

Europa ist nur eingeschränkt handlungsfähig

Hektisch versuchen nun die europäischen Führer, auf eine Linie zu kommen – was schon immer ein schwieriges Unterfangen in einer EU der 27 Staaten war. Während manche Regierungen bereits erklärten, Truppen für eine Friedensmission in der Ukraine bereitstellen zu wollen, unter anderem auch das Ex-EU-Mitglied Großbritannien, zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz „irritiert“ über diese für ihn „völlig verfrühte“ Diskussion. Es werde über die Köpfe der Ukrainer hinweg über mögliche Ergebnisse von Friedensgesprächen diskutiert, die noch gar nicht stattgefunden haben, so der Kanzler. Und weiter: „Das ist höchst unangemessen, um es ganz offen und ehrlich zu sagen.“

Diese Krise kommt für Europa zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. In Deutschland muss sich nach der Bundestagwahl eine neue Regierung erst einmal finden, um dann einen neuen sicherheitspolitischen Kurs einzuschlagen. Und auch der zweite traditionelle Motor Europas, Frankreich, ist nur bedingt handlungsfähig, da Präsident Emmanuel Macron nach den vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Juni über keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung verfügt.

Putins Russland bleibt eine Bedrohung

Freuen dürfte man sich in Moskau über diese Entwicklungen. Russlands Präsident Wladimir Putin scheint seinen Zielen näher als je zuvor zu sein, mit kräftiger Unterstützung aus Washington. Putin hat sein Land rigoros auf Kriegswirtschaft umgestellt und produziert modernes Kriegsgerät nicht nur für die Front in der Ukraine, sondern auch in großer Zahl für die Depots. Dadurch bleibt das imperialistisch agierende Russland eine Bedrohung für Europa – und nach einem Erfolg in der Ukraine dürfte diese Bedrohung nicht kleiner werden, im Gegenteil. Währenddessen scheitert Politik in Deutschland an der (zugegebenermaßen großen) Aufgabe, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr herzustellen, die Lücken bei Personal und Material zu schließen und eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen.

Bemerkenswerterweise scheinen die Menschen hierzulande aber gar nicht mehr zu erwarten, dass Politiker auch tun, was sie sagen, jedenfalls hält sich die Aufregung darüber in Grenzen. Und das angesichts dramatischer Warnungen von Experten und schlimmer möglicher Aussichten in nicht ganz mehr so ferner Zukunft.

Die Politik darf nicht aus der Verantwortung entlassen werden

Das alles ist bei den Menschen der Bundeswehr und insbesondere bei uns im DBwV naturgemäß ganz anders. Wir Soldatinnen und Soldaten sind gleich in mehrfacher Weise von den Ereignissen in der Ukraine betroffen. Die meisten der schweren Waffen, die im Rahmen der Unterstützung an die Ukraine abgegeben wurden, stammen aus den Beständen der Bundeswehr. Und sie sind noch nicht ersetzt worden. Viele ukrainische Soldaten werden auch von der Bundeswehr ausgebildet. Das ist ein Auftrag, der richtig und wichtig ist, aber Kapazitäten bindet. Nicht zuletzt sind sie betroffen durch die Planungen zur Aufstellung der Brigade Litauen und allgemein von den neuen Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung.

Weil das alles so ist, sind wir nicht bereit, Politik aus der Verantwortung zu entlassen. Und deswegen schauen wir auch genau hin: Wie ist die Lage, wie geht’s weiter? In den kommenden Tagen stellen wir die ganze Bandbreite der deutschen Ukraine-Hilfe dar. Wir analysieren die Meinung der Deutschen und lassen auch einen ukrainischen Soldaten zu Wort kommen.

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