Was steckt hinter den Forderungen des Veteranenflyers?
Die Forderungen des Veteranenflyers an eine angemessene Veteranenpolitik stellen den längst überfälligen Schulterschluss der deutschen Veteranenbewegung dar und sind ein starkes Signal ihrer neuen Geschlossenheit.
Damit die abgestimmten Forderungen von jedem Verein und jeder Organisation mitgetragen werden können, sind sie bewusst allgemein gehalten. Zur konkreten Umsetzung gibt es noch unterschiedliche Vorstellungen und Positionen, die in den kommenden Monaten weiter besprochen und verhandelt werden.
An dieser Stelle soll kurz skizziert werden, welche Inhalte der Deutsche BundeswehrVerband mit den einzelnen Forderungen verbindet:
Prominente Schirmherrschaft
Eine prominente Schirmherrschaft für Veteraninnen und Veteranen aus der Politik würde dem Thema eine angemessene Wertigkeit geben. Zu denken wäre in erster Linie an den Bundespräsidenten, aber auch an Vertreterinnen und Vertreter des Deutschen Bundestages wie die Bundestagspräsidentin oder andere engagierte Abgeordnete.
Veteranendatenbank
Veteraninnen und Veteranen sollten mit ihrem Einverständnis auch nach Beendigung ihrer Dienstzeit für den Dienstherrn erreichbar bleiben, um regelmäßig Informationen weitergeben zu können. Insbesondere mit Rückkehrern aus Auslandseinsätzen und Missionen sollte auch nach der Entlassung Kontakt gehalten werden können, um über Betreuungs- und Versorgungsangebote zu informieren. Derzeit ist noch nicht einmal klar, wie viele Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Angehörige der Bundeswehr an Einsätzen und Missionen teilgenommen haben. Es muss endlich geprüft werden, wie dies z.B. datenschutzrechtlich sauber geleistet und dann zügig umgesetzt werden kann.
Bestpreis Veteranenarbeit
Es sollten mehr Preise für Projekte o.ä. ausgelobt werden, die die Anerkennung und Wertschätzung des Soldatenberufes fördern. Entsprechende Budgets sollten dafür politisch vorgesehen werden. Der Veteranenflyer könnte dabei als Grundlage für Initiativen, Diskussionen und Anregungen für zivile Einrichtungen dienen.
Veteranentag
Der Deutsche BundewehrVerband hat seit Jahren Seite an Seite mit anderen Veteranenverbänden engagiert dafür gekämpft: Der Deutsche Bundestag hat einen Gemeinschaftsantrag von SPD, CDU, CSU, Bündnisgrünen und FDP beschlossen – der 15. Juni wird von diesem Jahr an als Deutscher Veteranentag gefeiert. 69 Jahre nach Gründung der Bundeswehr im November 1955 versöhnt sich Deutschland mit der Truppe. 10 Millionen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben als Angehörige einer Parlamentsarmee in der Heimat und in bislang 50 Auslandseinsätzen gedient. „Das ist ein historischer Moment für die Veteranenbewegung.
Damit ist eine wichtige Forderung der Veteranenbewegung erfüllt. Jetzt kommt es darauf an, dass der Tag mit Leben gefüllt wird. Bund, Länder, Kommunen und die ganze Gesellschaft müssen einbezogen werden, um diesen Tag sinnvoll auszugestalten. Veteraninnen und Veteranen werden sich einbringen, um diesen Prozess anzuschieben. Dabei ist allen aber klar: Der Tag muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen und darf nicht von der Bundeswehr organisiert werden.
Mehr zum Thema:Deutschland versöhnt sich mit der Truppe >>
Veteranenbeauftragte/r im Bundesministerium der Verteidigung
Im Rahmen der Reorganisation des Bundesministeriums der Verteidigung wurde dem Stellvertreter des Generalinspekteurs die Beauftragtenfunktion für Veteranenangelegenheiten übertragen. Für die Vielzahl der Aufgaben und Herausforderungen im Bereich der Veteranenarbeit fehlen jedoch Kapazitäten und ein leistungsfähiger Arbeitsmuskel im Hintergrund. Hier bedarf es aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes konkreter personeller und struktureller Verbesserungen.
Verwundetenabzeichen
Ein Verwundetenabzeichen wäre eine starke Form der Anerkennung. Während der Verhandlungen des Deutschen BundeswehrVerbandes mit jüngeren Veteranenverbänden und -organisationen ist das überdeutlich geworden. Zur konkreten Ausgestaltung gibt es derzeit noch unterschiedliche Ansichten, wobei bereits weitgehendes Einvernehmen darüber besteht, dass es sowohl für physische als – in anderer Form – auch für psychische Verwundungen verliehen werden sollte. Dass die Einführung eines Verwundetenabzeichens zur massiven Vortäuschung von seelischen Schäden führen würde, halten wir für Unfug.
Bürokratieabbau
Hinter dieser Forderung steht die Erkenntnis, dass kurze und transparente Verfahrenswege eine Form des Respekts und der Wertschätzung gegenüber den Betroffenen bedeuten. Gerade geschädigte Veteraninnen und Veteranen dürfen durch die administrativen Mühlen der Bürokratie nicht noch zusätzlich belastet werden.
Öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen
Auch außerhalb des Veteranentages sollen Veteraninnen und Veteranen Teil des öffentlichen Lebens sein. Einen guten Ansatz lieferte jüngst die Stadt Schwerin, die im November 2022 eine Woche unter dem Motto #SchwerinInGrün veranstaltete, bei der sich die Bundeswehr in der Innenstadt präsentieren konnte. Einige Initiativen aus der Veteranenbewegung wie der Gedenkmarsch, die K3-Märsche, die #AktionGelbeBänder im Bundestag oder die Aktion #DerLeereStuhl haben das Potenzial, fester Bestandteil der deutschen Veteranenkultur zu werden. Darüber hinaus kann das Thema auf öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen transportiert werden, wenn die richtigen Formate gewählt werden, wie das Beispiel der Podiumsdiskussion auf der ILA 2022 zeigt.
Stipendien und Forschungsaufträge
Universitäten und andere Forschungseinrichtungen haben eine oft zu große Distanz zur Bundeswehr. Diese Situation gilt es mit Unterstützung der Politik und weiterer Akteure aufzubrechen, so dass vermehrt Stipendien und Forschungsaufträge zu Veteraninnen und Veteranen betreffende Themen vergeben werden.
Gedenk- und Erinnerungskultur
Die Gedenk- und Erinnerungskultur sind hierzulande deutlich ausbaufähig, auch und gerade mit Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie sollen viel mehr Raum in der öffentlichen Wahrnehmung finden. Es gilt neue, zusätzliche Wege zu finden, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen.
Begegnungs- und Informationsstätten
Das Veteranenbüro im Herzen Berlins ist seit Januar 2024 eröffnet. Damit wird eine wichtige Forderung der Veteranenbewegung endlich in die Tat umgesetzt. Mit der Errichtung dieser Begegnungs- und Informationsstätte für Veteraninnen und Veteranen besteht nun die realistische Möglichkeit, die Besonderheiten des Soldatenberufes noch weiter im kollektiven Bewusstsein zu verankern und in einem weiteren Schritt auch konzeptionelle Arbeit mit direktem Bezug zu Betroffenen zu ermöglichen.
Ferner besteht die Chance, eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Veteraninnen und Veteranen zu etablieren, in denen ein ungezwungener Austausch mit zivilen Besucherinnen und Besuchern möglich wird. Die sukzessive Etablierung weiterer Begegnungs- und Informationsstätten im gesamten Bundesgebiet ist wünschenswert.
Weitere Infos: bundeswehr.de/de/betreuung-fuersorge/veteranenbuero
Förderung öffentlicher Debatte
Das Auftauchen im öffentlichen Diskurs bzw. in der Öffentlichkeit führt schnell zu einer besseren Wahrnehmung von Soldatinnen und Soldaten, wie sich u.a. während des Covid-Einsatzes und des Hochwassereinsatzes im Ahrtal oder durch das kostenfreie Bahnfahren in Uniform gezeigt hat. Die öffentliche Debatte muss durch konkrete, politisch und medial geförderte Diskussionsformate belebt werden. Wenn Veteraninnen und Veteranen häufiger in Talkshows o.ä. zu sehen wären, könnten Vorurteile und Ängste schnell abgebaut werden.
Definitorische Ergänzung
Die 2018 gefundene Veteranendefinition ist gut. Um aber z.B. Afghanistan- oder Litauen-Veteranen auch emotional abzuholen, sollten diese auch so benannt werden. Das ist nur ein kleiner Schritt, denn es ändert nichts an der offiziellen Definition und soll nicht mit Privilegien oder einer Besserstellung verbunden sein. Einsatzveteranen fühlen sich aber nur so richtig und auf Augenhöhe wahrgenommen.
Botschafter Veteranen
In der Gesellschaft sollten prominente Botschafter gefunden werden, die sich glaubhaft für Veteraninnen und Veteranen einsetzt. Denkbar wären beispielsweise Schauspieler, Künstler und Musiker, die sich authentisch zur Bundeswehr und ihrem Auftrag bekennen.
Sie haben Fragen und Anregungen oder möchten sich für Veteraninnen und Veteranen engagieren?
Schreiben Sie uns: veteranen@dbwv.de